Heiße Sonne der Verführung
wissen, dass er zu ihr kommen konnte. Wo auch immer ich dann sein werde, dachte sie, bevor sie ihre Aufmerksamkeit dem indigofarbenen Stoff zuwandte, der auf ihrem Schoß lag. Der Ballen prächtiger ägyptischer Baumwolle hatte in der Koje gelegen, als sie am Morgen aufgewacht war, und mit Dahreins Hilfe hatte sie aus dem Stoff ein schlichtes Kleid zugeschnitten und angepasst. Sie legte keinen Wert auf Ausgefallenes, sie hatte noch nie mehr als ein oder zwei schlichte Kleider besessen. Ransom hatte ihr jedoch diesen Stoff gegeben, und die Tatsache, dass er ihr ein Geschenk gemacht hatte, war wertvoller, als wenn er ihr die Gefühle zugeflüstert hätte, die in seinem Herzen eingeschlossen waren.
Sie musste einfach glauben, dass es so war.
Ansonsten wäre dieser ganze Herzschmerz zu nichts nutze.
Ran lehnte sich gegen den Türpfosten seiner Kabine, die Arme vor der Brust verschränkt, als Aurora den Gang entlangkam. Seine Haltung schien entspannt und lässig, sein Blut jedoch rauschte mit vierzig Knoten durch seinen Körper und erregte seine Sinne.
»Habt Ihr Angst vor mir, Mylady?« Er hoffte, die richtige Menge Trotz in seinem Tonfall zu haben.
Aurora blieb stehen, eine Hand auf ihre Hüfte gestützt, in der anderen ein mit einem Tuch bedecktes Tablett haltend, und drehte sich um. Sie fühlte sich in die Enge getrieben. Der Gang schien sich um sie herum zusammenzuziehen, und ihr Herz pochte wie wild, denn sie erkannte die schwelende Glut in seinen Augen. Es war gefährlich, ihn einfach so anzuschauen; er raubte ihr alle Gedanken bis auf einen – wie wahnsinnig sie ihn liebte. Es ist meine Schwäche, dachte sie, während sie die edlen Gesichtszüge studierte, die sie in ihren Träumen sah. Sie sehnte sich danach, die Wärme seiner durch Arbeit rau gewordenen Hände zu spüren, wie sie über ihren Körper streichelten. Er starrte sie jedoch nur bewegungslos an.
Das ließ sie unruhig werden.
»Ihr würdet mir doch niemals irgendwelchen Schaden zufügen, Ransom«, entgegnete sie ihm mit geneigtem Kopf.
»Und doch vermeidet Ihr es schon seit Tagen, auch nur in meine Richtung zu schauen.« In Shokais oder Dahreins Gesellschaft oder umgeben von aufmerksamen Crewmitgliedern, knirschte er mit den Zähnen, niemals jedoch allein.
»Ich bin nur ein wenig beschämt, dass Ihr mich so vorgefunden habt«, sie schaute auf den Boden, »heulend wie ein Baby.«
»Eure Tränen waren doch berechtigt«, sagte er mitfühlend und sie schaute ihm in die Augen.
»Bietet mir bitte kein Mitleid an, Ransom«, entgegnete sie ihm brüsk. »Ich will es nicht.«
»Genauso wenig, wie ich es von Euch will«, konterte er, wie immer überrascht über ihre Temperamentsausbrüche.
»Gut. Mitleid ist etwas für diejenigen, die sich nicht selbst zu helfen wissen.«
Er runzelte die Stirn. Die Herausforderung, die sie für ihn bedeutete nach den zehn Jahren der Unterdrückung, entwickelte sich zu einem gefährlichen Brodeln. Er konnte spüren, wie es seinen Rücken hinauffuhr. Diese Frau konnte seine Gefühle mit einem sorgfältig formulierten Satz oder durch einen langen, durchdringenden Blick heillos durcheinanderbringen. Vor allem diese Blicke, nach denen er sich so sehr sehnte, diese kühnen, heißblütigen Blicke, die ihr Bedürfnis nach Liebe und Zuwendung verrieten sowie die Geduld, die sie aufwendete, um beides zu bekommen, machten ihm zu schaffen.
Sie hätte ihm zwar ausweichen können, ihre Augen jedoch sagten ihm alles. Aurora Lassiter konnte nicht lügen. Diese Fähigkeit besaß sie einfach nicht. Sie spielte ihre Spielchen mit ihm, und jedes Mal, wenn sie seinem Blick begegnete, sah Ransom einen Funken eines undeutlichen Traumes, den er einst gehegt hatte und von dem er wünschte, die Kraft zu haben, ihn auszuleben – oder wegzulaufen.
Das war jedoch eine Wahl, die er nicht treffen konnte.
Langsam stieß er sich von der Tür ab und näherte sich ihr so weit, bis sie ihren Hals recken musste, um zu ihm hochschauen zu können. Unerschütterlich erwiderte sie seinen Blick. Er berührte sie nicht, seine Augen sprachen jedoch eine deutliche Sprache, und Aurora wollte sich ihm in die Arme werfen und ihn so lange festhalten, bis der sanfte Schmerz, der sich in ihre Brust drängte, gelindert würde.
Wann wirst du es endlich zulassen, dass ich dich liebe?, schrie ihr Herz. Aufregung zerrte an ihren Nerven, aber Geduld beruhigte sie. Noch immer schaute er sie an, und sein Atem wurde schneller. Ihre Zunge schnellte heraus, um ihre
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