Heiße Sonne der Verführung
ihre Schönheit erkennen, ihre Sinnlichkeit spüren. Sie war sich nicht bewusst, welche Macht sie auf ihn ausübte.
Sein Blut rauschte, sein Verlangen wurde immer größer.
Gott, steh mir bei, dachte er, denn er wollte sich diesem Verlangen, das sie in ihm erweckte, hingeben, konnte es aber nicht. Nicht jetzt, die Folgen wären zu schwerwiegend, als dass sein Gewissen sie würde tragen können. Avilar würde lachen, wenn er ihn jetzt sehen könnte, das Schicksal herausfordernd, seinen Kopf auf ihre weichen, wohlriechenden Schenkel gebettet, während ihre Finger sanft durch sein Haar strichen.
Angesichts der Versuchung, die ihm derart zusetzte, hielt Ran es für das Beste, seine wollüstigen Gedanken auf etwas anderes zu lenken.
»Wie alt seid Ihr, Mylady?« Ein harmloses Thema, dachte er, wenn auch seine Stimme in seinen eigenen Ohren unnatürlich klang.
»Fünfundzwanzig«, antwortete sie leichthin.
Er öffnete die Augen und drehte sich herum, um sie sich genauer anschauen zu können. Sie lächelte, hörte jedoch nicht auf, ihn zu streicheln.
»Ich. hätte Euch sehr viel jünger geschätzt.« Er hatte sie für gerade mal siebzehn gehalten. Es war beruhigend zu wissen, dass er diese lüsternen Gedanken zumindest nicht für ein Mädchen hegte.
»Und Ihr, M’lord, seid dreiunddreißig, nicht wahr?«
Seine Gesichtszüge spannten sich an. »Ja«, murmelte er, sprachlos darüber, dass sie es wusste. Er legte sich wieder zurück in ihren Schoß. »Wie lange kennt Ihr den alten Mann schon?«
»Er heißt Shokai.« Schärfe begleitete ihren Tonfall. »Wir haben uns vor neun Jahren kennengelernt. Er hat mir das Leben gerettet.«
»Ist das etwas, das den meisten Männern passiert, mit denen Ihr zusammentrefft?«
»Nur zweien.« Sie beugte sich vor und drückte einen süßen Kuss auf seine Stirn, während sie ihm zuflüsterte: »Und ich danke Euch, mein Retter«, bevor sie sich wieder zurückzog. »Shokai kommt aus Nippon er ist Japaner, versteht Ihr?«
Er warf ihr einen wissenden Blick zu, denn damit sagte sie ihm nichts Neues. »Seine Treue Euch gegenüber ist unübertroffen.«
»Ja.« Sie veränderte ihre Lage, dann stützte sie ihr Kinn in ihre Handfläche und schaute gelehrsam drein. »Er ist wie ein Vater für mich, aber oftmals mehr ein sempai als ein Freund«, seufzte sie, »wenn er auch nicht gerade viel redet.«
»Sempai?« Seine Augen nahmen ihre Gesichtszüge in sich auf, von den langen Augenwimpern, die die hellblauen Augen umrahmten, bis hin zu dem mitternachtsschwarzen Haar, das über ihre Schulter drapiert war und sich wie ein Fluss schimmernden Samtes auf den Kissen verteilte.
»Das heißt: älterer, gelehrter Mann«, erklärte sie ihm. »Wir sind lediglich Schüler ihrer Weisheit und Erfahrung, das ist sehr anspornend.«
Sie liebt ihn, dachte Ransom übertrieben eifersüchtig auf den alten Mann. Ohne Vorwarnung streckte er seine Hand aus, griff nach einer ihrer glänzenden Locken und rieb sie zwischen seinen Fingern. Dann wickelte er sie um seine Faust, führte diese zu seiner Nase hin und atmete tief ein.
»Beim Blute Gottes, Ihr duftet stets so einladend.«
»Würdet Ihr mir denn so nahe sein wollen, wenn ich es nicht täte?«
Er lachte leise in sich hinein, schmiegte sich wie ein Kind an ihren Bauch und ihre Brüste; dann jedoch wurde ihm klar, was er da gerade im Begriff war zu tun, und er zuckte verlegen zurück.
»Nein, legt Euch nur bequem hin, Ransom«, überredete sie ihn. »Wenn Ihr auf diese Weise ein klein wenig Erleichterung finden könnt, so werde ich Euch nicht Eures Kissens berauben.«
Er zögerte, seine bernsteinfarbenen Augen zeugten von einem erbitterten Kampf, die Muskeln seines Körpers spannten sich voller Widerstand an; dabei versuchte Aurora doch lediglich, seinen Aufruhr ein wenig abzumildern, weiter nichts. Sie streckte ihre Hand aus, um die Haarsträhnen aus seinem Gesicht zu streichen. Seine schwerlidrigen Augen schauten misstrauisch drein. Ihm haftete die Aura eines Raubtieres an; der Jagdtrieb schien ihm angeboren zu sein, als wäre er ein zusätzliches Sinnesorgan, berechnend und wirksam. Sie brauchte gar nicht erst zu fragen, um zu wissen, dass er in dieser Welt nur wenig Liebe und zärtliche Fürsorge erfahren hatte, denn er hatte etwas Hartes an sich. Und doch war es gerade diese Kraft, diese unnachgiebige Stärke, die sie anzog, diese dunkle, unterdrückte Macht. Wie die heißen Kohlen unter der weißen Asche war sie da, gefährlich anzufassen. Diese
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