Heiße Tage auf Hawaii
schrien die Hawaiianer plötzlich.
Wir begannen zu paddeln, diesmal in Richtung Strand, wobei wir uns mit aller Kraft ins Zeug legten. Das Auslegerboot glitt durch das Wasser. Ich blickte über die Schulter zurück. Eine Welle von mindestens drei Meter Höhe kam auf uns zu, eine riesige, sich hoch auftürmende Wassermasse, die sich mit einer zischenden Kammlinie aus weißem Schaum langsam hochschob.
Die Woge ergriff uns und hob uns hoch, als säßen wir in einem Lift.
»Paddeln, paddeln!« schrien die Männer wieder, und dann plötzlich: »Paddel einziehen!«
Wir zogen die Paddel ein, und einer der Hawaiianer, der die Führung zu haben schien, lenkte das Kanu mit ein paar kräftigen Paddelschlägen genau auf den Kamm der Welle, wobei das Fleck hoch aus dem schäumenden Wasser ragte.
Unser Kanu gewann an Geschwindigkeit. Hinter uns raste die Woge tosend daher, als vergrößere auch sie ihre Geschwindigkeit, je mehr der Boden unter ihr an Tiefe verlor.
Ich spürte die warme Luft mit einer Geschwindigkeit an mir vorbeiströmen, daß sie mir ins Gesicht schnitt. Ich sah, wie die Wassertropfen gleich glitzernden Juwelen davongeschleudert wurden, während die Wasserfläche vor uns sich reglos wie ein blaues Tuch ausbreitete. Dann blickte ich mich nach Miriam um.
Sie hatte die Arme hochgestreckt, der Wind zerzauste ihr Haar, und ihre Augen funkelten vor Erregung.
Sie bemerkte meinen Blick und warf mir einen Kuß zu. Ich winkte ihr zu und wandte mich wieder zurück, um zu beobachten, wie wir auf das Land zuschossen.
Wir fuhren vier- bis fünfmal mit dem Auslegerkanu hinaus, ehe wir uns entschlossen, es genug sein zu lassen.
Dann sagte Miriam: »Setzen wir uns noch einen Augenblick in den Sand. Ich muß etwas mit Ihnen besprechen.«
Ich setzte mich neben sie, entspannt und glücklich.
»Vermutlich hat Ihnen Norma schon von meinen Schwierigkeiten erzählt«, begann sie.
»In bezug auf die Angelegenheiten anderer war Norma nicht sehr mitteilsam.«
Miriam lachte. »Aber trotzdem wissen Sie davon, nicht wahr?«
»Befinden Sie sich denn wirklich in Schwierigkeiten?«
»Ach, wissen Sie, Donald, früher in New York war ich ziemlich leichtsinnig. Ich nahm alles mit, was ich bekommen konnte. Dann machte ich meine erste Seereise. Ich liebe Seereisen. Dabei lernte ich Ezra Woodford kennen. Ezra war bedeutend älter als ich und sah auch so aus. Er hatte eine etwas altmodische Art, war aber sonst ein netter Kerl und sehr reich.
Wir wurden miteinander näher bekannt, und schließlich machte er mir einen Heiratsantrag. Er wußte, daß ich ihn nicht lieben konnte, aber er hielt Liebe auch nicht für notwendig. Er glaubte, ich könnte ihm eine gewisse Kameradschaft geben, die er bis dahin vermißt hatte, und er wollte mich dafür in gewissen Grenzen glücklich machen. Schließlich versprach er, mir bei seinem Tod die Hälfte seines Vermögens zu hinterlassen.«
»Und daraufhin haben Sie ihn geheiratet?«
»Ja.«
»Und Sie haben das halbe Vermögen bekommen?«
»Ja.«
»War es die Sache wert?«
»Ja.«
»Waren Sie denn glücklich?«
»Das wäre zuviel gesagt. Ach, es ist schwer zu erklären, was ein Mädchen gegenüber einem älteren Mann empfindet, der verständnisvoll, einsichtig und freundlich ist. Natürlich ist es nicht Liebe. Es ist auch nicht gerade Glück, was er ihr geben kann. Ich möchte sagen, es ist eine Beziehung wie zwischen Vater und Tochter. Ich hatte niemals einen Vater, zu dem ich aufblicken und den ich respektieren konnte, und vielleicht habe ich mich instinktiv immer ein wenig danach gesehnt. Es ist schwer zu beschreiben, aber - ob Sie es glauben oder nicht - ich habe Ezra bewundert.«
»Nun gut, worin besteht denn nun Ihre Schwierigkeit?«
»Jemand behauptet, ich hätte Ezra umgebracht.«
»Sie sollen ihn ermordet haben?«
»Genau das. Man glaubt, ich hätte nicht warten können.«
»Warten worauf?«
»Bis er eines natürlichen Todes starb. Man denkt, ich hätte den Lauf der Dinge etwas beschleunigt.«
»Na, das ist ja eine schöne Geschichte.«
»Das kann man wohl sagen.«
Sie zögerte einen Augenblick und sagte dann: »Donald, wie wäre es, wenn Sie zu einer Tasse Tee zu mir kommen würden? Ich möchte, daß Sie Norma noch besser kennenlernen und - also kurz gesagt: Ich glaube, ich kann Ihnen vertrauen.«
»Wann soll ich denn bei Ihnen sein?«
»Sobald Sie sich umgezogen haben.«
»Und was ist mit Ihnen?«
»Keine Sorge. Bis Sie kommen, bin ich fertig«, lachte sie.
Ich stand auf
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