Heißer als Feuer: Roman (German Edition)
Projekte im Rahmen der Kirche zwar großen Spaß, aber das reichte ihr auf Dauer nicht aus. Sie brauchte irgendetwas, um ihre überschüssigen Energien loszuwerden. Irgendwann entdeckte sie auf dem Marktplatz von Brookside eine kleine Geschenkboutique, wo sie ein paar hübsche Accessoires für das Pfarrhaus erstand. Die Auswahl war zwar nicht so erlesen wie bei Vandiveer, trotzdem hatte der Laden ein gewisses Flair, und das gefiel ihr. Sie kam mit dem Inhaber ins Gespräch, und als sie erfuhr, dass seine Mitarbeiterin im Frühjahr in den Mutterschaftsurlaub gehen würde, bewarb sie sich um den Job. Drei Nachmittage pro Woche, das war spielend zu schaffen, fand Shay. Als sie Ian davon erzählte, bestärkte er sie in ihrem Entschluss. Und je näher der Frühling rückte, umso zappeliger wurde sie. Sie konnte es kaum erwarten, in der Boutique anzufangen.
An einem Winternachmittag kam Ian von seinem Wagen über die verschneite Wiese ins Haus gestapft. Auf der Fußmatte, die im Eingangsflur lag, trat er sich den Matsch von den Stiefeln. Er steuerte auf die Küche zu, rieb dabei seine behandschuhten Finger aneinander und rief lautstark nach seiner Frau. Shay rührte gerade in einem Topf Suppe, die auf dem Herd stand. Sie wirbelte herum, ihre Wangen vor Aufregung gerötet.
»Rat mal, was passiert ist!«, riefen beide gleichzeitig und prusteten los.
»Du zuerst«, sagte sie.
»Nein, du.«
»Meine Geschichte ist besser. Also du zuerst.«
Er zupfte sich mit den Zähnen die Handschuhe von den Fingern und umklammerte Shays Schultern mit seinen kalten, roten Händen. »Das Basketballteam fährt zu den nationalen Play-off-Runden, und sie haben mich gebeten mitzukommen.« Seine blauen Augen strahlten vor kindlicher Begeisterung. Dabei machte er ein feierliches Gesicht und räusperte sich nachdrücklich. »Natürlich bloß als geistlicher Beistand.«
»Oh Schatz, das ist ja fabelhaft!«
»Stell dir vor, ich kann mit im Mannschaftsbus fahren und alles und ganz umsonst.«
Sie lachte über seinen jungenhaften Enthusiasmus.
»Und jetzt du. Aber vorher bekomme ich einen dicken Kuss.« Er neigte sich vor und spitzte die Lippen, während sich seine Hand unter ihren Pullover stahl.
»Igitt!«, japste sie und sprang zurück. »Deine Finger sind ja kalt wie Eiszapfen.«
»Ach, komm schon.« Er verfolgte sie mit ausgebreiteten Armen bis in die Küche, seine Lippen hauchten ihr Luftküsse hinterher. »Gib mir einen Kuss.«
Sie lachte und warf ihm ein Geschirrtuch an den Kopf. »Von wegen. Sorg erst mal dafür, dass du warme Hände bekommst.«
»Okay, dann erzähl mir in der Zwischenzeit, weshalb du dermaßen aus dem Häuschen bist.« Er goss sich eine Tasse Kaffee ein, den Shay vorsorglich in eine Warmhaltekanne umgefüllt hatte.
»Das errätst du nie. Mein Agent rief an, dass Peter Zavala mich fotografieren möchte. Er bekommt im nächsten Sommer eine Einzelausstellung im Metropolitan Museum. Ich bin natürlich bloß eins von vielen Models, von denen er Probeaufnahmen machen will«, fuhr sie euphorisch fort, »allerdings möchte er die gesamte Studie mit einem Model machen. Wenn seine Wahl auf mich fällt … Also ich kann dir gar nicht beschreiben, was das für meine Karriere bedeuten würde.«
»Oder für meine.« Seine Bemerkung durchbrach die plötzliche Stille, die zwischen ihnen entstanden war.
Sie musterte ihn betreten. Ihre erste Reaktion war Verärgerung. Sie hatte fest angenommen, er würde sich für sie freuen. Stattdessen umwölkte sich seine Miene, und er starrte dumpf in seine Kaffeetasse. Bemüht, den in Schieflage geratenen Haussegen wieder einzurenken, befeuchtete sie sich mit der Zungenspitze die Lippen und lenkte milde ein: »Er gehört zu den Superstars unter den Fotografen, Ian. Er hat sich darauf spezialisiert, stimmungsvolle Aufnahmen von Frauen zu machen. Und wird in einem Atemzug mit Avedon und Scavullo genannt. Es ist für Models eine besondere Auszeichnung und eine Wahnsinnschance, wenn Zavala sie zu Probeaufnahmen einlädt.«
Ian schob sich ärgerlich von der Küchentheke weg. »Ich weiß, wer Peter Zavala ist. Ich bewundere seine Arbeit. Schließlich bin ich nicht ganz so provinziell und puritanisch, wie du immer tust.«
»Dann kannst du ja auch nachvollziehen …«
»Nein, ich kann nicht nachvollziehen, weshalb meine Frau so scharf darauf ist, sich splitternackt auszuziehen und für einen Fotografen zu posieren. Selbst wenn er der König von Siam wäre!«, erregte er sich. »Außerdem kann ich
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