Heißer als Feuer: Roman (German Edition)
ihr um. »Hallo, Shay. Na, wie ist es gelaufen?«
»Was machst du da?«, erkundigte sie sich spontan, statt seine Frage zu beantworten. »Wo willst du hin?«
»Zu den Basketball-Play-off-Spielen, das weißt du doch.«
Unwillkürlich entfuhr ein Seufzer der Erleichterung ihrer Kehle. »Ach ja, richtig. Wann geht’s los?«
»Jetzt gleich.«
Tiefe Enttäuschung erfasste sie. Sie hatte so gehofft, das leidige Missverständnis zwischen ihnen noch heute ausräumen zu können. »Ach so … ja. Wie lange bist du weg?«
Ian ließ den Koffer zuschnappen und hob ihn vom Bett. »Bis die Mannschaft ein Spiel verliert.« Er schob sich an ihr vorbei und ging zur Treppe. »Ich hab Mr. Griffin, den Hauptdiakon, informiert. Er wird während meiner Abwesenheit dafür sorgen, dass in unserer Gemeinde nichts anbrennt. Im Übrigen hat er meine Nummer, um mich in dringenden Notfällen erreichen zu können. Ansonsten kannst du alle, die irgendwas auf dem Herzen haben, zu ihm schicken.«
»Mach ich«, erwiderte Shay, während sie ihm bedrückt die Stufen hinunter folgte.
An der Garderobe zog er Mantel und Handschuhe an. »Die Frau von unserem Coach weiß, wo wir untergebracht sind. Nur für den Fall, dass du mich brauchst.«
Aber ich brauche dich doch! , begehrte sie innerlich auf. »Ian.« Die Verzweiflung in ihrer Stimme blieb ihm nicht verborgen. Halb im Gehen drehte er sich noch einmal um. Glitzernde Schneeflocken stoben durch die Tür, wehten auf seine dunklen Haare und Wimpern.
»Ja?«
Wie gern hätte sie sich in seine Arme gestürzt, ihre Lippen auf seine gepresst, seine Leidenschaft geschmeckt, sich an seinem unerschütterlichen Werteverständnis moralisch wieder aufgebaut. Aber sein vernichtender Kommentar hallte weiterhin hässlich laut durch ihr Bewusstsein. Nein, Nachgeben und Einlenken kam für sie nicht in die Tüte. Und für Ian blöderweise auch nicht, seufzte sie frustriert.
Sie schüttelte den Kopf. »Ach, nichts. Ich wünsch dir eine angenehme Reise.«
»Bis dann. Ciao.«
Das Portal schnappte mit nachdrücklicher Entschiedenheit hinter ihm ins Schloss, und Shay wurde dabei automatisch an die Tür zu einer Gefängniszelle erinnert. Sie fühlte sich gefangen in ihrer Verzweiflung – abgrundtiefer, auswegloser Verzweiflung.
Kapitel 10
N ach Ians Abreise hielt das Schneetreiben noch stundenlang an. Shay sah sich daher genötigt, das Haus zu hüten. Als die heftigen Schneefälle nicht aufhörten und der Schnee auf den Straßen liegen blieb, gab sie Mrs. Higgins frei und bestellte ihr ein Taxi. Sie wollte auf jeden Fall vermeiden, dass die alte Dame bei diesen heiklen Witterungsverhältnissen mit dem Auto unterwegs war.
Nachher strich Shay durch die einsam verlassenen Räume und lauschte dabei unterbewusst auf Ians Stimme, das Stampfen seiner Stiefel, sein dunkles, raues Lachen, seine leise geflüsterten Liebesschwüre. Und fühlte sich plötzlich noch einsamer.
»Ich kann mir nichts Schöneres vorstellen, als mit dir zu schlafen«, hatte sie beim letzten Mal gesagt, nachdem sie sich stürmisch geliebt hatten.
»Ja?«
Eine lange Pause schloss sich an, lediglich untermalt von ihren aufgewühlten Atemzügen, die den stillen Raum erfüllten. »Ja.«
»Ich auch nicht. Du bist so wunderbar weich und weiblich.«
Er war ein begnadeter Liebhaber und kannte ihre geheimen erotischen Wünsche. Mit sensiblen Fingern stimulierte er sie, um sie dann mit süßen Lippen und sinnlich tastender Zunge auf sein feuriges Liebesspiel einzustimmen. Die Erregung flutete durch ihre Venen wie ein köstlicher Wein: glutvoll und körperreich, aufputschend und berauschend.
Shay schlang fröstelnd die Arme um ihren Körper. Kaum dachte sie an ihre Liebesnächte, empfand sie eine abgrundtiefe Leere. Bisweilen war es stürmischer, verspielter Sex gewesen, der in einen lustvollen schnellen Orgasmus gemündet war. Oder sie hatten sich langsam und lasziv geliebt, sich stundenlang Zeit gelassen und ihre Lust hinausgezögert, bis sich ihre Leidenschaft explosionsartig in einem fulminanten Höhepunkt entladen hatte. Und jedes Mal war es ein sinnlicher Austausch ihrer Leiber und ein harmonischer Gleichklang ihrer Seelen gewesen. Letzteres fehlte Shay am meisten.
Das Basketballturnier zog sich tagelang hin. Shay fühlte sich ihrem Mann irgendwie näher, wenn sie die Spiele im Radio verfolgte. Da Brookside dauernd gewann, blieb Ian zwangsläufig länger fort. Währenddessen keimte in ihr eine vage Vermutung. Seit ein paar Tagen stellte sie
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