Heißer als Feuer: Roman (German Edition)
erfahrungsgemäß ziemlich viel los.«
»Mr.Vandiveer gibt dir bestimmt frei, wenn du ihm die Sachlage schilderst. Wir werden eine Menge Spaß haben. Ich freu mich schon darauf, dir Ian vorzustellen.«
»Ian?« O nein, nicht auch noch das, stöhnte Shay heimlich. »Sein Sohn?«
»Aber natürlich, Liebes. Hier geht es schließlich um zwei Familien, die sich erst noch beschnuppern müssen, schon vergessen?«
Na, super. Ein ganzes Wochenende in einer abgelegenen Hütte im Wald mit zwei frisch vermählten Best Agern, die wie ein junges Liebespaar herumturteln würden, und einem unbekannten Stiefbruder, der über dieses Schnupperwochenende vermutlich genauso begeistert war wie sie. »Ich muss Schluss machen, Mom. Ich hab heute Nachmittag noch einen Job bei einem Fotografen.«
»Was Künstlerisches?«
»Nein. Ganz kommerziell diesmal. Nur die Beine. Eine Werbekampagne für einen Damenrasierapparat.«
»Oh.«
Celia machte kein Geheimnis daraus, dass sie zuweilen Probleme damit hatte, was ihre Tochter beruflich machte. Bevor sie zu einer längeren Moralpredigt ausholen konnte, sagte Shay schnell: »Also dann bis Freitag, Mom.Tschüssi.«
Und jetzt war der besagte Freitagnachmittag. Shay stieg zögernd die Holzstufen zu der breiten Veranda hinauf. Ihre endlos langen, schlanken Beine, die vor ein paar Tagen hautnah und hüllenlos für eine exklusive Werbeserie abgelichtet worden waren, steckten in engen, figurbetonten Jeans.
Ziemlich nobel für ein Wochenendhaus, sinnierte sie. Dieser John Douglas hat anscheinend Geschmack. An der Eingangstür klebte ein Notizzettel: Geh ruhig schon rein. John ist kurz mit mir zum Einkaufen gefahren. Sind bald zurück.
Als sie auf die Klinke drückte, stellte Shay erstaunt fest, dass die Tür tatsächlich nicht abgeschlossen war. Offenbar gab es in den ländlichen Gebieten Amerikas noch Gegenden, wo die Leute keine Angst vor Einbrechern haben mussten.
Die Tür führte in einen Raum, der die gesamte Hausbreite einnahm. Das war sicher der Salon. Das gemütlich anheimelnde Ambiente lud zum Verweilen ein: dicke Polstersessel und Sofas, ein ummauerter Kamin, der gewiss behagliche Wärme spendete, und Panoramafenster, die einen ungestörten Blick auf die Schönheiten der Natur erlaubten. Flauschige Teppiche bedeckten das spiegelblanke Ahornparkett. Auf den Tischen und Anrichten standen Vasen mit frischen Blumen, deckenhohe Regale mit Büchern, Schallplatten und CDs säumten die Wände. Schwer beeindruckt ging Shay weiter.
Auf ihrer kurzen Inspektionsrunde durch das Erdgeschoss entdeckte sie eine freundlich-helle Küche, die schlicht, aber mit modernster Technik ausgestattet war, ein Esszimmer mit einem langen Tisch aus Walnussholz und dazu passenden Stühlen und einen Abstellraum, in dem Waschmaschine und Trockner standen.
»John hat sich wirklich nicht lumpen lassen«, sagte sie zu sich selbst, als sie in das weitläufige Wohnzimmer zurückkehrte und die Stufen in den ersten Stock hochstieg. Vor ihr öffnete sich eine lange Galerie mit einem riesigen Fenster, das eine spektakuläre Aussicht auf bewaldete Anhöhen und sanft abfallende Täler bot. Rechts und links vom Gang zweigten Türen zu den Schlafzimmern ab. Auf der ersten klebte wiederum ein handgekritzelter Notizzettel: Shays Zimmer .
»Mutter denkt eben an alles.« Kaum dass Shay den Kopf durch die Tür steckte, fiel ihr Blick zuerst auf das Kopfteil eines antiken Messingbettes, dessen Rahmen mit verschnörkelten weißen Porzellanknöpfen verziert war. Eine mintgrüne Tagesdecke aus weichem Chenillegarn lag über die blütenweiße Bettwäsche gebreitet. Neben dem Bett stand ein weiß gestrichener Schaukelstuhl. Vor den beiden Fenstern bauschten sich zarte Spitzenvorhänge. Plötzlich vernahm sie lautes Geträllere aus dem angrenzenden Badezimmer.
Es war eindeutig eine Männerstimme, die sich an einer Neuinterpretation eines Hits zu versuchen schien, mit dem die Beach Boys große Erfolge gefeiert hatten. Shay kämpfte mit einem Lachanfall. Der Typ intonierte sämtliche Parts, vom tiefsten Brummbass bis zum schrillsten Falsett. Unterbrochen von seinem gelegentlichen Ba-da-da-da , was wohl rhythmischen Trommelwirbel darstellen sollte. Das Ganze wurde von dem Geplätscher der Dusche untermalt.
»Hallo«, rief Shay laut. Sie wollte dem Dauerduscher zu verstehen geben, dass er nicht allein war. Im Übrigen hatte er die Tür zu ihrem Schlafzimmer offen gelassen. Der Unbekannte stellte das Wasser ab und sang unbekümmert weiter. Shay
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