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Heißer Schlaf

Heißer Schlaf

Titel: Heißer Schlaf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Orson Scott Card
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trieb. Nur der sanfte Druck von Doons Hand unter ihm erinnerte ihn an die Schwerkraft.
    Dann drehte die Welt sich von oben nach unten. Doon hielt ihn eisern fest, und plötzlich tauchte Jas mit dem Gesicht unter Wasser. Er würgte und schluckte Wasser. Ihm brannten die Augen, als er sie unter Wasser öffnete. Er hatte nicht eingeatmet und verspürte jetzt dringend das Bedürfnis. Mit aller Kraft versuchte er, wieder aufzutauchen, aber der Griff des anderen lockerte sich nicht. Er wand sich und versuchte mit Händen und Füßen, sich zu befreien, aber er schaffte es nicht, und die Atemnot wurde zur Qual.
    Dann fühlte er sich an die Oberfläche gezogen. Er rang nach Luft und hustete.
    »Huste nicht, damit spritzt du nur das Wasser in die Gegend.«
    »Lassen Sie mich los«, rief Jas und würgte immer noch. »Lassen Sie mich los …«
    »Niemals«, sagte der Mann. »Ich werde dich nie wieder loslassen, Jason Harper Worthing. Du gehörst zu meiner Sammlung. Ich reiße doch nicht meine Sammlungen auseinander.«
    Jas sah ihm hinter die Augen und bemühte sich, ein Motiv zu entdecken, aber er fand nur eine Emotion – Liebe? Güte? Der Mann bedrohte sein Leben, und in seinen Gedanken las Jas nichts als Freundlichkeit.
    »Dies«, sagte Doon, »war ein kleiner Anschauungsunterricht. Du steckst drin bis zum Hals. Eine Redewendung, die du vielleicht noch nicht kennst.«
    »Ich kenne sie«, sagte Jas. »Ziemlich primitiv.«
    »Und sehr alt«, sagte Doon, »aber immer noch ganz geläufig. Sehr gut. Ich sehe, daß du kapiert hast. Auch wenn du Äsop nicht gelesen hast. Auch wenn wir meinen See verlassen, befindest du dich immer noch in sehr tiefem Wasser, und, glaub mir, in diesem Wasser kannst du nicht schwimmen. Ich brauche nur mit dem Finger zu schnippen …«, plötzlich sah sich Jas wieder ins Wasser getaucht, und Doons Satz klang durch das Wasser gedämpft und dennoch seltsam deutlich, »… und du wirst ertrinken.«
    Diesmal ließ Abner Doon ihn sofort wieder auftauchen, und Jas hustete und spuckte nur, weil er wußte, daß der Mann sich darüber ärgerte. »Weshalb verhaften Sie mich?«
    »Ich verhafte dich nicht. Wie kommst du denn auf die Idee? Ich sagte dir doch, daß ich dich in meine Sammlung aufgenommen habe. Wie das Kabinett. Wie Hartman Tork. Wie Radamand Worthing. Der einzige Unterschied ist, daß ich es dir sage. Du solltest dich geschmeichelt fühlen – nur wenige wissen es.«
    »Ich hätte es ohnehin gewußt, Mr. Doon«, sagte Jas, und damit hatte er kapituliert. Er hatte zugegeben, daß er Telepath war und daß Doon ihn deshalb in der Hand hatte. »Und was gedenken Sie, mit mir anzufangen?«
    »Nun, dir das Schwimmen beizubringen natürlich«, antwortete Doon. »Darf ich vorschlagen, daß du am Anfang auf dem Rücken schwimmst? Das ist viel leichter, und dabei hast du auch nicht solche Schwierigkeiten mit dem Atmen. Nur leicht mit den Füßen stoßen – so ist es recht, flacher und schneller treten, sehr gut. Den Rücken durchbiegen. Andersherum. Ja, ja, sehr gut. Ich lasse dich jetzt los.«
    Jas fühlte, wie Doons Hand unter ihm wegglitt, und erst glaubte er zu sinken, aber er trat kräftiger zu, bog den Rücken durch und schwamm.
    »Nun die Arme abwechselnd über den Kopf heben und von hinten durch das Wasser wieder nach vorn ziehen. So ist es recht, Jas. Du bist noch kein Meister, aber du kannst schwimmen.« Dann ein Planschen, und Jas spürte, wie sich das Wasser heftig bewegte, als Abner Doon an ihm vorbeischwamm, nicht auf dem Rücken sondern auf dem Bauch, und dabei atmete er unter dem Arm hindurch. Jas wandte den Kopf um zuzuschauen, und bekam zur Belohnung die Augen voll Wasser. Er schwamm nicht mehr und tauchte unter. Spuckend versuchte er, mit den Füßen den Grund zu erreichen, aber das ging nicht – sein Schwimmen hatte ihn weit hinausgetragen, und hier ging ihm das Wasser bis über den Kopf. Aber er hatte den richtigen Instinkt – er strampelte und erreichte so wieder die Oberfläche. Mit aller Kraft trat er das Wasser und brachte sich wieder in Rückenlage.
    Eine helle, goldene Sonne zog hoch oben langsam vorbei. Zu seiner Überraschung sah Jas, daß sie sich sichtbar bewegte. In allen Büchern stand, daß man die Bewegung der Sonne nicht erkennen könne. Und außerdem – konnte er direkt hinsehen. Und plötzlich wanderte sein Blick, und er erkannte, daß der Himmel genau das war, was er zu sein schien – eine blaue Kuppel – und die Sonne folgte einer Bahn quer darüber hinweg – eine

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