Heißer Schlaf
Angst, wußte Jas. Ich habe Angst davor, dort meinen Tod beschlossen zu finden.
»Müde?« fragte Doon.
»Ja.«
»Tut die Hand noch weh?«
Jas nickte.
»Fühlst du dich schwach?«
Jas lächelte. »Nein, ich könnte einen Baumstamm zu Zahnstochern zerhacken.«
Doon, der wieder seine Schutzkleidung aus Stahl und Asbest und seinen altmodischen Anzug angezogen hatte, kniete sich neben Jas ins Gras. »Jas, du hast im Laufe der Jahre eine Menge gelernt. Deine Lehrer scheinen zu glauben, daß du niemals vergißt, was du einmal gelesen hast. Hast du schon einmal etwas vom estorianischen Twick gehört?«
Jas reflektierte nur kurz. »Ja. Äußerst gefährliches kleines Tier. Hat die gesamte erste Kolonie auf Estoria ausgelöscht.«
»Was weißt du sonst noch darüber?«
»Ein Beuteltier. Rasiermesserscharfe Zähne. Klein, aber es hängst sich mit den Krallen an einem fest, während es zubeißt. Wenn es sich einmal an einem Menschen festgebissen hat, bleiben ihm vielleicht noch dreißig Sekunden, sich seiner zu entledigen. Hat es sich in der Nähe von lebenswichtigen Organen festgekrallt, hat man nur noch fünf Sekunden Zeit. Das Vieh könnte einem Alpträume verursachen.«
»Sehr gut, Jas. Wie kann man es töten?«
Jas lachte. »Mit einer Waffe. Vielleicht mit einem Laser. Ich habe mal eine Geschichte gelesen, in der jemand versuchte, es mit einem Stein zu erschlagen, aber es sprang einfach wieder hoch und fraß ihm die Hand ab.«
Völlig verständnislos sah Jas, daß Doon seine Kleidung vom Boden aufhob und gebündelt unter dem Arm hielt. »Du hast nicht zufällig einen Laser oder eine sonstige Waffe?« fragte Doon.
»Doch«; sagte Jas. »Ich habe alles im Mund versteckt. Ich habe nur auf eine Gelegenheit gewartet, Sie zu erwischen.«
»Mit anderen Worten, nein.«
»Ich habe nicht einmal einen Zahnstocher«, sagte Jas. »Was machen Sie mit meiner Kleidung?«
»Ich schaffe sie aus dem Weg«, sagte Doon. »Viel Glück.«
»Viel Glück, wozu?«
»Viel Glück zum bevorstehenden Kampf. In ein paar Sekunden wird ein estorianisches Twick am anderen Ende meines kleinen Gartens losgelassen. Es wird genau auf dich zulaufen.«
Und dann rannte Doon so schnell er konnte davon.
Jas sprang auf. Er rannte hinter Doon her, aber nach ein paar Schritten wußte er, daß er Doon nicht mehr einholen konnte, denn dieser hatte schon die Tür erreicht und schloß sie hinter sich. Jas drehte sich um und starrte in die Dunkelheit um den See herum. Der Mond ging auf, aber er verbreitete nicht genügend Licht. Selbst, wenn es hell genug gewesen wäre, hätte Jas nicht gewußt, wie ein Twick aussieht. Hatte er je ein Bild gesehen? Ja – und als er sich an das Aussehen des Tieres erinnerte, sah er ein lebendes Exemplar in zehn Metern Entfernung auf dem Ast eines Baumes sitzen.
Eine Waffe? Unwahrscheinlich. Doon war nicht der Mann, der einen Laser herumliegen ließ.
Das Twick rannte den Ast entlang. So schnell, daß Jas die Bewegung kaum erkennen konnte – es saß ganz einfach ein paar Meter näher. Das Twick sah Jas unverwandt an.
Jas erinnerte sich an das, was er über das Tier gelesen hatte. »Es spielt mit seinen Opfern. Versucht, harmlos zu wirken. Viele Todesfälle bei Kindern, die es für zutraulich und zahm halten.« Nutzlose Informationen. Was Jas wissen mußte, war, wie man es ohne einen Laser töten konnte.
Ich hätte Doons Gedanken lesen sollen, sagte sich Jas. Dann hätte ich wenigstens erkannt, auf welche Weise er mich umbringen will. Der Mann mußte pervers sein, fand Jas. Er wollte ihm ein blutiges Ende bereiten und dabei Zeuge sein. Viel Spaß, Doon. Diesmal muß ich die Zeche bezahlen.
In seiner verletzten Hand pochte es.
Das Zwick saß nicht mehr auf dem Ast. Eben hatte es noch auf dem Ast gesessen, und jetzt war es weg.
Jas schaute sich um. Zwei Meter entfernt hockte das Twick im Gras. Völlig reglos. Jas hatte keine Bewegung wahrgenommen. Lächelte das Tier? Jas fragte sich, ob auch Tiere imstande waren, sich an der Angst ihrer Opfer zu weiden. Sein Fell glänzte. Offensichtlich pflegte Abner Doon seine Mordgehilfen gut.
Und plötzlich spürte Jas einen grauenhaften Schmerz an der rechten Wade. Er griff nach unten, um das Tier abzulösen. Einen Augenblick klammerte sich das Twick noch fest. Dann entwand es sich ihm, und nach einer Sekunde hatte es sich in seinem Oberarm verbissen. Aus seinem Bein schoß Blut.
Mit dem Twick an seinem rechten Arm konnte Jas nur mit der linken Hand zuschlagen. Es war
Weitere Kostenlose Bücher