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Heißer Schlaf

Heißer Schlaf

Titel: Heißer Schlaf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Orson Scott Card
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Weitsicht. Du willst nichts Bedeutendes leisten, du hast kein großes Ziel, das dich davon abhält, dich bei der Verfolgung kleiner und vergänglicher Ziele selbst zu zerstören. Du hast nicht einmal das Recht, frei zu sein, bevor du Weitsicht und Zielstrebigkeit erlangt hast. Also beherrsche ich dich, Jason, und gewähre dir so lange Sicherheit, bis du dich selbst beherrschen kannst.«
    Sie bewegten sich weiter den Korridor entlang. Jas versuchte, Doons Gedanken zu lesen, um vielleicht zu erfahren, was Doon mit ihm vorhatte – er hatte Jas im Garten schon einmal getäuscht, und das wollte Jas kein zweites Mal zulassen. Aber er konnte sich nicht umdrehen, um Doon in die Augen zu sehen, und ob ihn das wirklich davon abhielt, die Gedanken des Mannes zu erkennen, oder ob er sein Talent einfach nicht genügend unter Kontrolle hatte, um die Gedanken eines Menschen zu erkennen, ohne ihn anzusehen; Jas fand nichts und konnte nichts ermitteln.
    Sie erreichten wieder das Krankenzimmer, das immer noch leer war. Wortlos hob sich Jas vorsichtig aus dem Stuhl, und obwohl er Doons Hilfe ablehnen wollte, mußte er sich doch auf den Mann stützen, um sein Bett zu erreichen.
    »Dreizehn Jahre alt«, flüsterte Doon. »Aber der Himmel weiß, daß du trotzdem schon für die Pilotenschule geeignet bist. Sie werden zweifellos eine Ausnahme von der Regel zulassen und dich zum Piloten ausbilden, bevor du einundzwanzig bist – warum sie gerade diese Altersgrenze wählten, ist mir sowieso schleierhaft. Du solltest zwei oder drei Reisen unternehmen und irgendwann, vielleicht in hundert oder hundertzwanzig Jahren, ins Kolonialministerium kommen und um einen Termin mit mir bitten. Sie werden wissen, daß sie mich dann wecken müssen. Ich freue mich darauf, dich wiederzusehen, mein Junge.«
    »Wollen Sie denn jetzt weiterschlafen, Mr. Doon?« fragte Jas.
    »In ein paar Tagen. Ich habe mich ohnehin viel zu lange mit dir beschäftigt und bin mit meiner übrigen Arbeit in Rückstand geraten. Hoffentlich erweist du dich dessen würdig.«
    »Hoffentlich nicht.«
    »Dafür liebst du es viel zu sehr, der Größte zu sein, Jas. Du wirst gar nichts dagegen tun können.«
    »Ich will nicht Teil Ihrer verdammten Visionen werden!«
    »Woher weißt du, daß dein Widerstand gegen mich nicht genau das ist, was ich von dir will?« fragte Doon amüsiert.
    Verzweifelt warf Jas sich in die Kissen zurück und starrte gegen die Decke. Dort gab es kein Bild. Durch seine zusammengebissenen Zähne sagte er: »Verdammt, ich kann nichts tun. Nicht das Geringste.«
    »Du kannst Vertrauen zu mir haben«, schlug Doon vor. Jas lachte bitter. Doon seufzte. »Warum schaust du nicht einfach nach und stellst fest, wer ich bin?«
    »In Sie hineinschauen?« fragte Jas.
    Und so lehnte sich Jas auf seinen linken Ellbogen und sah in Abner Doons Gedanken hinein. Diesmal war es kein kurzer Blick, wie es sonst immer gewesen war. Diesmal schaute er ihm ganz tief in seine Gedanken hinein, fand die verborgenen Stellen und die Lügen und hinter ihnen weitere Lügen, und endlich erkannte er die Wahrheit. Er hatte sie jetzt im Kopf – die Grundlage, auf der Abner Doon dachte, entschied und handelte – und war erstaunt. Und dann war er nicht mehr erstaunt und zog sich einfach aus Doons Gedanken zurück. Er tat es widerwillig, und es tat ihm weh, und weil er sich zurückgezogen hatte, weinte er. Doon ging weg. Endlich schlief Jas ein.
    Als er aufwachte, erinnerte er sich schwach an irgendwelche Worte, die Doon gesprochen hatte, aber ob er sie wirklich gesprochen oder ob Jas es nur geträumt hatte, wußte er nicht. Aber er behielt die Worte im Gedächtnis, und während der nächsten paar Wochen, als die Bürokraten ihn zu den Streitkräften überstellten, ihn testeten und ausbildeten und er mit allem einverstanden war, hörte er auf, sich wegen der Erinnerung an Doons Worte zu verachten und fing statt dessen an, sie sich ins Gedächtnis zurückzurufen, in seinen Träumen und Tagträumen ihnen zu lauschen.
    Eines Tages suchten sie ihn auf und sagten ihm, er könne jetzt seinen ersten Auftrag im Dienste der Flotte übernehmen. Der Zielort lag auf der anderen Seite von Capitol, und es war eine lange Reise, und am Ende dieser Reise teilte man ihm eine winzige Kabine zu. Sie lag in der abgelegensten Ecke der Offizierssektion der Kommandozentrale. Er stand am niedrigsten in der Hierarchie der Privilegien und Einkünfte, aber es war immerhin ein privater Raum, dazu im Offiziersquartier. Und an der

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