Heißer Schlaf
rollte sich auf die Seite, und sein Bauch folgte einen Augenblick später und schlug mit einem häßlichen Klatschen auf den Metallrahmen des Bettes. Er rülpste.
»Wie«, fragte er die Schwester, die mit einem Schwamm und einem Handtuch neben ihm stand, »kann ich rülpsen, nachdem ich fünf Jahre geschlafen habe?«
Die Schwester zuckte die Achseln und fing an, ihn abzureiben. Der Schwamm war eiskalt und fühlte sich an seinem Rücken wie gefroren an. Hop schämte sich irgendwie, daß die Schwester seinen Wanst hochheben mußte, um ihm die schwitzende Falte darunter abzuwischen. (Ich muß Gymnastik treiben und Diät leben.) Aber er wußte, daß er für Gymnastik keine Zeit haben würde und daß das Essen ihm zu gut schmecken würde. Deshalb würde wohl auch aus einer Diät nichts werden. In nur fünf Wochen mußte er in den Schlafraum zurück, um weitere fünf Jahre zu schlafen oder so lange, bis sein Klient zurückkam (ja, da liegt der Hund begraben).
Hop stand auf und ging auf steifen Beinen zu dem Haken, an dem seine neue Kleidung hing und auf ihn wartete. Als er die ersten Schritte tat, spürte er einen scharfen Schmerz, ein scharfes, unangenehmes Gefühl an einer Stelle seines Körpers, die ihm eigentlich keine Schmerzen verursachen durfte. Oder hatten sich während seines Somec-Schlafs etwa Hämorrhoiden bei ihm entwickelt? »Entschuldigen Sie bitte«, sagte er zu der Schwester, die sich sofort abwandte. Die Schwestern mußten den Schläfern mit größter Ehrerbietung begegnen, aber diese Unterwürfigkeit war ein geringer Preis für das Privileg, Somec zu bekommen, selbst wenn die Schwestern nur ein Jahr schlafen durften, um dann zwei Jahre wach zu bleiben.
Hop Noyock griff hinter sich und fand die Quelle seines Unbehagens. Es war ein kleines, von seinem Schweiß getränktes Stück Papier. In Hops eigener Handschrift stand darauf ein Satz:
»Jemand versucht, Jazz zu töten, ich muß ihn warnen.«
Was zum Teufel hatte das zu bedeuten? Er betrachtete das Papier einen Augenblick, um einen vielleicht verborgenen Hinweis zu finden. Es gab keinen. Es handelte sich um das normale Papier, das neben den Schlafbetten zur Verfügung stand, um dem Schwachsinn derjenigen entgegenzukommen, die überzeugt waren, noch etwas ungeheuer Wichtiges aufschreiben zu müssen, während ihr Gedächtnisinhalt aufgezeichnet wurde und bevor das Somec in die Venen schoß, das jede Erinnerung auslöschte. Gedächtnisstützen nannten sie diese Zettel, von denen Hop noch nie einen benutzt hatte.
Jetzt hatte er einen benutzt (oder ist es nicht meine Handschrift?), und nicht nur das, er hatte sich sogar die Mühe gemacht, ihm in einem ziemlich sicheren, wenn auch etwas unappetitlichen Versteck aufzubewahren.
Anscheinend hatte er den Inhalt, als er ihn aufschrieb, für wichtig gehalten.
Aber wenn (falls) es ein Komplott gab, Jazz Worthing umzubringen, wie, zum Teufel, hatte er das zwischen Aufzeichnung und Somec-Spritze erfahren können? Es war jedem außer den Schwestern streng verboten, den Aufzeichnungsraum zu betreten; das stand im Vertrag – es war Reichsgesetz, zum Kuckuck, Vertrag hin, Vertrag her.
Und wer würde versuchen, Jazz Worthing zu töten, den erfolgreichsten Raumschiffpiloten des Reiches und außerdem Star der fünf meistverkauften Life-Shows in der Geschichte des Gewerbes (ich habe den Jungen zu einem Star gemacht, ohne seinen Agenten wäre er nichts); ihn zu töten, würde nicht nur die Kriegsanstrengungen des Reiches beeinträchtigen und ungünstig auf die Moral einwirken, es würde auch die Fans untröstlich machen …
Aber da er gerade an die Kriegsanstrengungen dachte, wie stand es damit? Hop ging zu den historischen Aufzeichnungen, die an der Wand hingen. Er war stolz auf die Tatsache, daß ihm angesichts seiner hohen Somec-Ebene eine Zusammenfassung der letzten fünf Jahre zur Verfügung gestellt wurde.
Die Auskunft war im Grunde günstig. Das Reich war noch intakt, mehr oder weniger, ein bißchen gewonnen, ein bißchen verloren, aber der Krieg war noch lange nicht zugunsten des Reiches entschieden.
Dann, praktisch wie immer, las er die Klatschnachrichten und verbrachte, während er sich anzog, amüsante fünf Minuten damit, zu erfahren, was sich seit seinem Einschlafen ereignet hatte. Natürlich hatte er die meisten der Leute nie kennengelernt – ihre Wachzeiten fielen nie mit seinen zusammen, und so kannte er ihre Eskapaden nur aus diesen Berichten…
Die Flugpläne verrieten ihm, daß Jazz schon in
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