Heißer Schlaf
wirkendes Kleid plötzlich an zu leuchten und hell zu glänzen, und langsam merkten die Gäste, daß es sich bei diesem Prozeß irgendwie aufzulösen begann. Der helle Schimmer blieb noch einige Minuten, als sie schon völlig nackt war, und als sie den Tanz beendet hatte, schienen um sie herum noch immer Funken zu sprühen. Die Gäste applaudierten wild – einige lüstern, einige vor echter Begeisterung und einige wenige auch vor Dankbarkeit: Mit dieser Darbietung auf ihrem Band erlebte so manche aufstrebende Schauspielerin einen guten Start ihrer Karriere.
Nach ihrer Verneigung stellte sie Kapock, den Modeschöpfer vor, der sich steif verbeugte.
»Armer Kerl«, kommentierte Hop zu Jazz gewandt, »er haßt die alte Kuh, aber wer kann es sich heutzutage leisten, einen Auftrag abzulehnen? Die Inflation frißt das Geld schneller auf, als man es ausgeben kann. Und die Kosten für die niedrigere Somec-Ebene steigen unaufhörlich.«
Arran nahm einen Drink von einem Tablett, das vorbeigetragen wurde, und mischte sich unter ihre Gäste. Die anderen Frauen merkten bald, daß sie nicht die Absicht hatte, sich wieder anzukleiden, und sie seufzten und zogen sich ihrerseits aus, wobei sie bedauerten, daß sie für ihre Partygarderobe so viel Geld ausgegeben hatten.
Arran ging zu Jason Worthing hinüber und reichte ihm den Drink. Sofort versammelten sich einige Frauen, die an dieser Life-Show mitwirkten, und andere Interessierte, um die weitere Entwicklung zu beobachten. Sie hofften, vielleicht eine geistreiche Bemerkung einwerfen zu können, die für sie günstig zu Buche schlagen würde – irgendein kluger Spruch, der ihnen eine Einladung zur nächsten, größeren Party verschaffen könnte. Oder zur übernächsten.
»Hat Ihnen das Kleid gefallen, das Fritz entworfen hat?«
»Sehr geschickt gemacht«, sagte Jazz lächelnd und akzeptierte das Getränk. »Wie funktioniert das?«
Fritz Kapock, der Arran gefolgt war, lächelte und sagte: »Das wird nicht verraten.«
»Mir hat er es aber gesagt.« Arran warf anmutig den Kopf zurück. »Das ist Oxydation.«
Fritz lachte. »Soviel sieht jeder.«
»Oh, und jetzt erzählt Fritz allen, wie dumm ich bin«, schmollte Arran.
Welch ein Auftritt, dachte Hop. Milliarden von Zuschauern, die diese Szene beobachten, werden sich gegenseitig anstoßen und sagen: ›Seht nur, Arran Handully tut so, als sei sie dumm. Gleich wird sie ihn aufs Kreuz legen‹.
Ungeschickt wehrte sich Fritz Kapock gegen diese Anschuldigung. »Das werde ich natürlich nicht tun.«
»Dennoch ein verblüffender Effekt«, sagte Jazz, und Hop freute sich, daß Jazz sich bemühte, ein angenehmer Gesellschafter zu sein, obwohl er für diesen Abend keinen Vertrag hatte.
»Das ist einen Drink wert«, sagte Arran und nahm ein Glas aus der Hand eines Dieners, der in der Nähe stand.
Kapock hob sein eigenes Glas und sagte: »Ich trinke auf Arran Handully, die meine kleine Bemühung dadurch aufgewertet hat, daß sie ein weit schöneres Kleid trägt – ihren eigenen schönen Körper.«
»Was für ein Dichter«, flüsterte Arran, und dann hörte man ein Raunen, als sie vor Jazz Worthing hintrat und ihm ihr eigenes Glas an die Lippen hielt. Es war eine Absichts erklärung, und alle warteten auf den Fortgang des Rituals, darauf, daß Jazz trank und ihr dann sein Glas reichte.
Er tat es aber nicht. Statt dessen trat er einen Schritt zurück und wies damit das Angebot ab. Er hob sein eigenes Glas. »Und ich trinke auf Ihren Mut – wer sonst hätte es gewagt, auf seiner eigenen Party zu versuchen, mich zu ermorden?«
Die Worte mußten erst einsickern. Und wieder raunten die Gäste, als Arran protestierte, wobei sie instinktiv den Körper kokett bewegte, um alle Zuschauer zu entwaffnen und für sich zu gewinnen. »Wie können Sie so etwas sagen, Captain Worthing. Man kann einem Mädchen auf höflichere Art einen Korb geben.«
»Sie wollen es also leugnen? Dann trinken Sie doch von Ihrem eigenen Glas, meine Liebe.«
»Nachdem Sie mich so vor den Kopf gestoßen haben? Fast wünschte ich, es wäre vergiftet.«
»Tatsächlich? Ich auch. Wollen wir sehen, ob sich Ihr Wunsch erfüllt?« Er trat rasch auf sie zu, nahm ihr das Glas aus der Hand, packte sie mit der anderen Hand an den Haaren und setzte ihr das Glas an die Lippen. Niemand trat dazwischen. Die Handlung muß weiterlaufen, sagten sich alle. Wie immer die Sache ausging, diese Show würde ein Renner werden.
»Nehmen Sie einen Schluck aus dem Glas, das Sie mir
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