Heißer Schlaf
seinen Unterarm gegen ihre Kehle. Er stand dabei ein wenig seitlich von ihr, damit sie nicht etwa zutreten konnte. Für alle Fälle hielt Hop auch ihre linke Hand fest. Sie warf ihm einen giftigen Blick zu.
»Sehen Sie mich doch nicht so an, Arran«, sagte Hop und legte einen gekränkten Tonfall in seine Stimme. »Ich halt Sie nur zu zwanzig Prozent hier an der Wand fest. Für die anderen achtzig Prozent ist er verantwortlich.«
Sie antwortete nicht. Auch Jazz ignorierte Hop, und während dieser weiter den Arm der Frau festhielt, fragte Jazz sie: »Wohin jetzt?«
Sie antwortete nicht.
»Ich weiß, daß Sie ein Versteck haben, Arran. Die Soldaten sind nur deshalb da, weil der Gifttest positiv ausfiel. Darüber sind sie wütend. Soll ich Sie zu ihnen hinunterbringen?«
Sie schüttelte den Kopf.
»Wo ist also Ihr Versteck?«
Hop sah, daß Jazz ihr in die Augen starrte, als wolle er die Antwort aus ihnen herausreißen. Offenbar mißverstand Arran seine Absicht, denn ihre Augen füllten sich mit Tränen. Hop wußte, daß es nur gespielt war, um Mitleid zu erregen, aber dennoch erreichte sie bei ihm ihr Ziel, denn sie tat ihm sofort leid. Das verdammte Miststück. Man sollte Schauspielerinnen kein Privatleben gestatten. Sie hörten mit der Schauspielerei ja doch nie auf.
Abrupt riß Jazz sie von der Wand weg und warf sie sich wieder über die Schulter. Mit einem müden Seufzer folgte Hop ihm einen Korridor hinunter.
Hop bemerkte, daß die Gänge hier oben schmaler waren, und Fußboden und Wände bestanden aus Holz. Er berührte eine Wand und war überrascht, wie rauh sie sich anfühlte. Also nicht nur Holz, sondern richtiges Holz. Er pfiff durch die Zähne.
»Halt die Klappe«, sagte Jazz.
»Warum so mürrisch?« fragte Hop. »Millionen von Männern würden ihre Genitalien dafür hergeben, sie in diesem Kostüm nur ein einziges Mal auf der Schulter tragen zu dürfen. Aber das hätte dann ja auch keinen Zweck mehr, nicht wahr?«
Jazz lachte nicht, und Hop hielt den Mund.
Sie blieben vor einer ziemlich unscheinbaren Tür stehen. »Was ist in dem Raum?« fragte Jazz.
»Eine Garderobe«, sagte sie schnell.
»Kannst du sie eintreten, Hop?«
»Ich?«
»Laß nur«, sagte Jazz. Er nahm Anlauf und, immer noch mit Arran auf den Schultern, trat gegen die Tür. Sie bewegte sich, sprang aber nicht auf.
»Laß mich versuchen«, sagte Hop, der jetzt wußte, daß hinter der Tür keine Wache stand. Es hatte keinen Sinn, sich ohne Not abknallen zu lassen. Jazz am Leben zu erhalten, war für Hop witzlos, wenn Hop selbst nicht mehr lebte, um seine zwanzig Prozent einzustreichen. Er stellte sich mit dem Rücken an die gegenüberliegende Wand. Dann stieß er sich kräftig ab und sprang mit beiden Füßen gegen die Tür. Noyock fiel auf den Rücken, und jetzt bedurfte es nur noch eines weiteren Tritts, um die Tür ganz zu öffnen.
»Enorm«, sagte Jazz, als er über Noyock hinweg den Raum betrat. »Für einen fetten Mann bist du sehr beweglich.«
»Fett liegt über den Muskeln, es tritt nicht an ihre Stelle«, war Noyocks Kommentar, als er aufstand. Die »Garderobe« war eine große Bibliothek, und überall, wo keine Regale standen, waren Spiegel angebracht, selbst auf dem Fußboden und an der Decke. Aber die wahre Attraktion war der Inhalt der Regale – jeder verfügbare Platz war nicht etwa mit Bändern, sondern mit richtigen Büchern aus Papier vollgestellt. Noyock las kaum jemals, aber er wußte Werte zu schätzen, in welcher Form sie auch immer auftraten, und er murmelte leise: »Die Dame ist also doch gebildet.«
Jazz achtete nicht darauf. Er nahm Arran von der Schulter und ließ sie hart zu Boden fallen.
»Wo ist die Tür?« hörte Hop Jazz fragen. Arran schüttelte den Kopf und zuckte vor Schmerz zusammen. Der Aufprall war sehr unangenehm gewesen. Jazz schüttelte sie, und sie fing an zu weinen. Hop war wütend auf sich selbst, denn bei ihrem Geheul hätte er am liebsten gesagt: »Heh, Jazz, geh doch nicht so grob mit der Frau um!« Aber er widerstand dem Impuls.
Das tat Jazz auch, wenn er überhaupt diese mitleidige Regung gehabt hatte. Statt dessen schlug er Arran die geballte Faust hart in den Magen. Hop war überzeugt, daß ihr eine Rippe gebrochen war. Sie schrie vor Schmerz, und Hop fragte sich, ob dies nicht die erste ech te Gefühlsregung war, die er je bei ihr gesehen hatte.
Jazz beugte sich herab und hielt sein Ohr an ihre Lippen. Hop wunderte sich, daß sie noch bei Bewußtsein war – aber das mußte
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