Heißer Schlaf
hänge mit den Ellbogen am Sims und versuche, meinen Kopf laut genug gegen das Fenster zu schlagen, daß du es hörst! Hast du geschlafen?«
Hoom schüttelte den Kopf. »Ich habe geschrieben. Wie Stipock es wollte.«
»Schreiben wird dir verdammt nichts einbringen«, sagte Wix.
»Ich finde, daß Stipock recht hat«, sagte Hoom. »Warum sollten die Aufseher die einzigen sein, die an der Geschichte schreiben? Dann wird alles nur so geschrieben, wie sie es sehen.«
»Immerhin ist es dein Großvater«, sagte Wix.
»Warum bist du hergekommen? Ich habe in letzter Zeit wirklich genug Prügel bekommen.«
»Du hättest mich umgebracht, wenn ich nicht gekommen wäre. Wir haben das neue Boot heute fertiggestellt, und Stipock sagt, daß wir es heute nacht ausprobieren müssen.«
»Heute nacht? In der Dunkelheit?«
»Der Mond scheint. Und Stipock sagt, daß der Wind aus Südwesten kommt. So überwinden wir besser die Strömung. Wir wollen den Fluß überqueren.«
Hoom fing sofort an, sich Hosen über die nackten Beine zu ziehen. »Den Fluß überqueren und das heute nacht!«
»Du kommst also mit?« fragte Wix und lachte wieder stumm.
»Glaubst du, das lasse ich mir entgehen?«
»Und was ist mit deinem Vater?« In Wix’ Augen lag Spott.
»Das ist noch eine Tracht Prügel wert«, sagte Hoom. »Und vielleicht merkt er es gar nicht.« Hoom öffnete wieder das Fenster, und Wix kletterte hinaus. Leicht landete er mit den Füßen auf dem weichen Grund. Hoom wartete noch eine Weile am Fenster und dachte an einen weiteren Riesenkrach mit seinem Vater. Ob dieser Sprung das wert sein würde? Aber der Gedanke, mit dem großen Boot auf den Fluß hinauszufahren – ihn gar zu überqueren – beendete die innere Debatte. Er sprang, landete auf allen vieren und ließ sich abrollen.
Wix kletterte wieder so weit die Wand hoch, daß er das Fenster schließen konnte, damit Hooms Ausflug nicht so leicht entdeckt werden konnte, während Hoom den Boden glättete, auf dem sie gelandet wäre. Ein paar Meter vom Haus entfernt war der Boden mit dichtem Gras bedeckt – dort gab es keine Spuren. Kalt spürten sie beim Laufen den Tau an den Füßen. Eine Kuh muhte, als sie über das Feld hasteten, und bis zum Waldrand waren es noch drei Kilometer. Völlig außer Atem kamen sie dort an und ruhten sich ein wenig aus, bis ihre Augen sich an die Dunkelheit unter dem dichten Laubwerk gewöhnt hatten. Sie folgten einem Pfad, wie ihn nur Kinderfüße kennen und der wie absichtlich über die gefährlichsten Steilhänge führte. Sie brauchten fast eine halbe Stunde bis zum Flußufer, wo in einer von einer Felszunge geschützten kleinen Bucht das Boot dümpelte. Sie sahen ein halbes Dutzend Schatten hin und her huschen, die alle in der Dunkelheit irgendwelche Arbeiten verrichteten, deren Sinn nicht zu erkennen war.
»Wer ist da?« zischte eine Stimme, und Wix antworte te laut: »Ich natürlich.«
»Beeil dich, wir sind fast fertig. Hast du Hoom mitgebracht?«
»Ich bin hier«, rief Hoom und folgte Wix, der den Hügel hinabkletterte. Als sie näherkamen, erkannte er auch die Leute dort unten. Sofort ging er zu Dilna, die ihn lächelnd bat, ihr bei ihrer Arbeit zu helfen. Sie mußte das Zusatzsegel aufrollen und an Bord bringen.
Ein paar Minuten später schoben Wix und Stipock das Boot aus der winzigen Bucht in das offene Wasser, und Hoom, der an der Ruderpinne saß, half ihnen an Bord. Er hatte auch auf den letzten beiden Booten das Ruder bedient, und als das Boot die Strömung erreichte (die noch nicht so reißend war wie die Hauptströmung einen Kilometer weiter), lachte er vor Freude, als er sah, wie leicht das Boot auf die Ruderbewegungen reagierte.
Wix hatte inzwischen zusammen mit Dilna und Cirith das Segel gesetzt, und der Wind fing sich darin und ließ das Boot vorwärtsgleiten und auf dem Wasser tanzen.
Das Boot hatte auch vier Ruder, die man bei Windstille einsetzen konnte, aber Hoom lachte und sagte: »Jetzt brauchen wir wohl nicht zu rudern.« Wix lachte auch und sagte: »Wir könnten sogar schlafen, während wir hinübersegeln.«
»Haltet den Mund«, sagte Stipock, »und achtet auf Segel und Ruder. Die gefährliche Strömung kommt erst noch.«
Als sie die Hauptströmung erreichten, wich der Bug des Bootes weit nach links vom Kurs ab, und eine hektische Aktivität entstand. Aber dann lag das Boot günstig im Wind und durchschnitt die Strömung. Durch kräftige Ruderausschläge hielt Hoom es auf Kurs, und als sie endlich die reißende
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