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Heißer Schlaf

Heißer Schlaf

Titel: Heißer Schlaf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Orson Scott Card
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schloß die Tür hinter ihm, aber seine Finger zitterten so sehr, daß er kaum mit dem Riegel fertig wurde. Er ging an den Tisch zurück, setzte sich und hielt die Hände vors Gesicht.
    Jetzt ist sehr klar, was Jason will, sagte sich Noyock. Stipock ist hier, um uns zu testen. Jason hat einen Feind erschaffen, damit er unsere Liebe zu ihm und unseren Gehorsam prüfen kann.
    Aber wir werden die Prüfung bestehen, gelobte Noyock. Wir können und werden stark sein.
    Und dann fiel ihm ein, daß Stipock mit Hoom gesprochen hatte. Mit dem jungen, ruhelosen und leicht beeinflußbaren Hoom. Und das Gespenst eines Fremden, der die Herzen der Kinder entfremdet, entstand zum ersten Mal vor Noyocks Augen. Er hatte Angst.

11

    Hoom saß am Tisch, und die Talglampe warf einen Lichtkreis, der das Papier und die Feder einbezog. Außer dem Kratzen der Feder auf dem Papier war im Raum kein Laut zu hören, bis Hoom die Feder weglegte, sich aufrichtete und sich reckte und dabei leise seufzte.
    Er stand auf und trat ans Fenster, das verriegelt war. Er berührte den Riegel, ließ ihn aber geschlossen. Er durfte sich, außer während der Arbeit auf der Farm, nur in seinem Zimmer aufhalten. Und diesmal hatte Aven sogar darauf bestanden, daß das Fenster geschlossen blieb. Natürlich würde Aven so spät in der Nacht nie wissen, ob man ihm gehorchte – aber Aven war diesmal so wütend, daß man damit rechnen mußte, daß er vor Hooms Zimmer wartete, um zu sehen, ob sein Sohn ihm gehorchte.
    Es lohnte sich nicht, fand Hoom. Sein Rücken tat noch weh von den letzten Prügeln – den zehnten in ebensovielen Monaten. Im nächsten Monat werde ich vierzehn, sagte er sich. Dann kann ich von hier wegziehen und brauche meinen Vater nie wiederzusehen.
    Heute hatte sein ältester Bruder, mit zweiunddreißig Jahren schon Großvater, mit ihm gesprochen. »Warum ein Feuer zwischen deinem Vater und dir errichten, das keiner von euch überspringen kann?« hatte er gesagt, und Hoom hatte darauf keine Antwort gegeben. Außer der unausgesprochenen: »Ich errichte dieses Feuer nicht.« Er konnte das nicht sagen, denn alle alten Leute in Himmelsstadt schienen auf der Seite seines Vaters zu stehen. Alle mißtrauten Stipock, obwohl es in Himmelsstadt kein einziges Haus gab ohne wenigstens eine dieser Talglampen, die herzustellen Stipock ihnen beigebracht hatte. Alle hatten etwas gegen Wix, obwohl Jason selbst Wix gelobt hatte, weil er Möglichkeiten der Fortbewegung auf dem Wasser entdeckt hatte – obwohl Noyock (Jason sei Dank, daß es Großvater gab) in dem neuesten Boot gefahren war, bei dessen Entwurf Stipock Wix geholfen hatte. Und für Hoom hatten sie alle nur Verachtung und nannten ihn ein »ungehorsames Kind«. Hoom setzte sich und versuchte weiterzuschreiben, aber er fand die Worte nicht. Und würde Jason überhaupt daran interessiert sein, zu lesen, was ein dreizehnjähriger Junge geschrieben hatte? Nein, es war zwecklos. Noyock würde nicht das Gesetz ändern, um ihn von seinem Vater zu befreien; Stipock hatte nicht die Macht; und Aven war fest entschlossen, seinen Sohn, solange er noch Autorität über ihn hatte, zum Gehorsam zu zwingen.
    »Ich werde alles tun, was in meiner Macht steht, um einen anständigen Menschen aus ihm zu machen«, hatte Aven laut gesagt, als heute der Rat der Viehzüchter zusammentraf. »Wenn er also im nächsten Jahr verkommt, kann keiner sagen, daß es Avens Schuld gewesen ist.«
    Und wenn ich in diesem Jahr verfaule, dachte Hoom verbittert, wird auch kein Mensch Aven die Schuld geben.
    Ein lautes Klopfen. Schuldbewußt stand Hoom auf, als könne man seine Gedanken hören und wolle ihn jetzt zur Rechenschaft ziehen. Er drehte das Papier um, damit niemand das Geschriebene lesen konnte, und ging zur Tür. Niemand war da. Er wunderte sich – wer ging wohl nachts über den Flur? Dann war das Klopfen wieder da, diesmal lauter, und Hoom merkte, daß jemand an das Fenster klopfte. An ein Fenster im zweiten Stock? Ganz gleich – jemand war da, wie ein erneutes Klopfen bewies. Hoom rannte ans Fenster, öffnete es, und Wix fiel ins Zimmer. Hooms Überraschung verwandelte sich in Entsetzen. Er schloß rasch das Fenster und eilte an die Tür, um auch diese zu schließen. Dann wandte er sich an Wix, der auf dem Rücken lag und die Arme reckte. Hoom flüsterte: »Was fällt dir ein, herzukommen, wenn ich Stubenarrest habe? Willst du, daß ich umgebracht werde?«
    »Du umgebracht!« flüsterte Wix zurück und lachte stumm. »Und ich

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