Heißer Zauber einer Nacht
sich, ob ihm seine
Ohren einen Streich spielten. »Ich soll Euch zurückbringen ? Habt Ihr den Verstand verloren ?« Mit einem weiteren Kopfschütteln fügte er hinzu. »Nein, das braucht Ihr nicht zu beantworten, ich weiß es bereits.« Er wandte sich an Mr Livett. »Schafft sie nach unten. Sofort!«
Die Frau rührte sich nicht von der Stelle. »Ich werde nicht auf diesem Schiff bleiben. Ich werde mich nicht Eurer Tyrannei unterwerfen. Bringt uns sofort an Land zurück.«
Colin war es leid. Er schritt zu ihr und blieb dicht vor ihr stehen. In der Schwärze der Nacht konnte er nichts von ihrem Gesicht erkennen, doch in einem Lichtblitz einer der Raketen sah er kurz ihren wütenden Blick. Ihr dunkles Augenpaar verwirrte und faszinierte ihn. Dann war es jedoch wieder stockdunkel, und er konnte kaum mehr wahrnehmen als ihre Gestalt. Aber eines wusste er: diese Augen hatte er bereits gesehen, dessen war er sich sicher.
»Nun hört mir mal zu«, sagte er. »Ich habe nicht vor, dieses Schiff von den Franzosen zu Brennholz schießen zu lassen. Es bleibt keine Zeit, um diese Dummheiten zu ertragen. Und jetzt tut, was Euch gesagt wird, und geht nach unten.«
»Das werde ich nicht tun. Ich bleibe keine Minute länger hier. Gebt mir einfach das Beiboot. Ich gehe lieber das Risiko mit den Wellen und den Franzosen ein.«
»Es gibt nur eine Möglichkeit, von diesem Schiff wegzukommen: schwimmen. Also solltet Ihr schon mal damit anfangen.« Er neigte sich vor und hob ihren Koffer an, der schwerer war, als er gedacht hatte.
Aber er war schließlich kein Experte, um zu wissen, was Frauen auf Reisen mitschleppten. Nicht, dass er es herausfinden würde, denn was ihn anbetraf, so konnten die Frau und ihre Schwester verdammt zu den Franzosen gehen ... oder zum Teufel.
Ohne zu zögern ging er zur Reling und wollte den Koffer über Bord schmeißen.
»Nein!«, schrie sie und stürmte an Mr Livett vorbei, sodass der arme Mann die Balance verlor und aufs Deck stürzte. Sie fiel Colin gerade in dem Moment in den Arm, als er zum Wurf ausholte. »Seid Ihr wahnsinnig?«
Und dann tat sie etwas, das er höchstens einer anderen Frau zugetraut hätte: Georgie.
Sie ballte die Hand zur Faust und donnerte sie ihm genau zwischen die Augen, sodass er rücklings gegen die Reling flog.
Keine Dame konnte so zuschlagen. Außer...
»Georgie«, keuchte er, als er auf die Knie sank und Sterne sah. Unter seinen Händen schwankte der Koffer.
Verdammt, er bewegte sich, als hätte er ein eigenes Leben.
Das Ding enthielt nicht nur Unterwäsche, sondern etwas Lebendes.
Er schüttelte die Nachwirkungen ihres Boxhiebs ab, riss den Koffer auf - und sah in das gerötete Gesicht eines schreienden Babys.
Ein Baby? Er hätte fast ein Baby über Bord geworfen! Ihm war, als hätte sie ihm einen weiteren Schlag versetzt, diesmal in die Magengrube.
Über ihnen explodierte eine weitere Salve französischer Raketen und erhellte die Decks der Sybaris .
Das Baby hielt im Weinen inne und starrte staunend zu dem Feuerwerk am Himmel, bevor es wieder in Tränen ausbrach.
»Gebt es mir«, sagte die Frau, schob Co li n zur Seite und nahm den Säugling aus dem innen gepolsterten Koffer, um ihn beschützend auf den Armen zu wiegen.
»Georgie«, flüsterte er von neuem, und diesmal umfasste er das Gesicht der Frau, nach der er sich all die Zeit gesehnt hatte.
Doch anstatt sich in seine Arme zu werfen, wich sie vor seiner Berührung fort, den Blick misstrauisch, einen harten, unversöhnlichen Ausdruck auf dem Gesicht.
»Ja, Co li n. Ich bin es.«
Hewlett-Packard
Kapitel 8
S tunden später blickte Colin ein letztes Mal durch sein Fernrohr und stellte zufrieden fest, dass es ihnen gelungen war, vor den Franzosen zu entkommen. Ringsum war die See klar und blau. Die schnelle und wendige Sybaris war wieder einmal davongekommen.
Jedenfalls im Augenblick.
Warum war er dann nicht in Hochstimmung? Weil er das Gefühl nicht loswerden konnte, dass das plötzlich Auftauchen des französischen Schiffes in Volturno, ausgerechnet in dieser Nacht, kein purer Zufall war. Ebenso wenig war der Vorstoß der Franzosen in dieses verschlafene kleine Dorf Zufall.
Seine drei Begegnungen mit französischen Patrouillen in den vergangenen vierzehn Tagen ließen auf etwas anderes schließen.
Dies heute Nacht war eine Falle gewesen. Und das konnte nur bedeuten, dass ihn jemand verraten hatte.
Verrat. Allein der Gedanke peinigte ihn.
Und obendrein hatte er ein anderes Problem ... die Dame
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