Heißes Blut: Anthologie (German Edition)
inniglich zusammen, dass sie buchstäblich mit einer Lunge atmeten und einen Herzschlag und eine Seele teilten. Riordan durchflutete sie wie eine dunkle Verlockung, erfuhr ihre Geheimnisse und gab ihr Einblick in die seinen. Er küsste sie, bis Flammen auf ihrer Haut zu tanzen schienen und ihr Körper Feuer fing und sich nach dem seinen sehnte. Juliette schüttelte den Kopf, plötzlich überrascht von dem rituellen Charakter des Ganzen – so konnte nur eine Zeremonie sein, die so alt war wie die Zeit.
4. Kapitel
V orsichtig öffnete Juliette die Augen, halb in der Hoffnung, dass keines ihrer jüngsten Erlebnisse real gewesen war und sie einfach nur Albträume gehabt hatte. Sie hatte an dem Blutaustausch nur allzu bereitwillig teilgenommen, und nicht weniger bereitwillig hatte sie sich von diesem Fremden küssen lassen. »Verdammt, verdammt, verdammt«, murmelte sie und setzte sich auf dem Bett aus Blattwerk auf, auf dem sie lag.
Sie konnte das stete Tropfen von Wasser hören und sah, dass sie sich in einer Höhle befand. Das Bett aus Blättern und Zweigen, auf dem sie saß, war nichts Natürliches, sondern etwas von Menschenhand Geschaffenes. Riordan hatte ihr also einen sicheren Unterschlupf und ein weiches Bett beschafft, bevor er sich »unter die Erde«, begeben hatte. Juliette vermied es ganz bewusst, zu der Stelle hinüberzugehen, von der sie sicher war, dass er dort in einem Bett aus fruchtbarer schwarzer Erde ruhte. Sie konnte seine Nähe spüren, obwohl er tief unter dem Erdreich und dem Laub vergraben war, völlig reglos dalag und nicht einmal mehr atmete.
Juliette holte tief Luft, um ihre brennende Lunge mit Sauerstoff zu füllen, und trat noch weiter von dem Fleck zurück, um nicht dem verrückten Impuls zu erliegen, sich auf den Boden zu werfen und die Erde mit ihren Händen wegzuschaufeln, um zu Riordan zu gelangen. Deshalb entfernte sie sich noch etwas weiter. »Es war eine Art Zeremonie, nicht wahr?«, flüsterte sie. »Aber meine Leute heiraten nicht.« Wieder trat sie zurück, doch diesmal waren ihre Schritte widerstrebender. »Du bist ein außergewöhnlicher Mann, Riordan, aber ich bin nicht, was du denkst, und ich könnte es auch niemals sein.«
Sie hatte keine Wahl; sie musste nach Hause zu ihrer Schwester. Juliette zog ihre Stiefel aus und band sie an den Schnürsenkeln zusammen, schlüpfte aus ihrer Bluse und den Jeans und band auch diese beiden Kleidungsstücke an die Stiefel. Völlig nackt stand sie da und drückte eine Hand an ihren pochenden Nacken. Ihr Körper rief nach Riordan, ihr Geist suchte die Verbindung mit ihm und ihr Herz den Schlag des seinen. Schnell, bevor sie dem Schmerz und der in ihr erwachenden Unvernunft erlag, hängte Juliette sich die zusammengebundenen Kleider um den Nacken.
Dann schloss sie die Augen, um alle visuellen Ablenkungen auszuschließen und ihre Nerven zu beruhigen. Sie würde ihre ganze Kraft aufwenden müssen, um Riordan zu verlassen. Nachdem er die rituellen Worte gesprochen hatte, hatte er ihr genauestens erklärt, dass sie von nun an aneinander gebunden waren. Sollte sie je ohne ihn erwachen, würde sie die Trennung als intensiven Schmerz empfinden. »Und du hast mir nichts vorgemacht«, sagte sie laut. »Mir ist tatsächlich so, als zerrisse es mir das Herz. Was auch immer du sein magst, was auch immer du getan hast, es funktioniert ganz eindeutig bei mir.«
Was hast du vor? Besorgnis schwang in Riordans Stimme mit. Juliette glaubte zu spüren, wie seine Finger über ihr Gesicht glitten, an ihrem Hals hinunterwanderten und über ihre Brüste strichen. Und ihr Körper, der seine Berührung erkannte, reagierte mit Hitze und Verlangen.
Ihre Augen weiteten sich, und sie schaute sich verwundert um. Wo bist du? Warum kann ich dich nicht sehen? Wie kannst du mich berühren, obwohl du gar nicht hier bist?
Ich bin unter der Erde, bis die Sonne untergeht. Du kannst mich nicht verlassen, Juliette. Du weißt, dass du das nicht tun darfst.
Noch ein Geschenk? Du kannst mich berühren, aber ich kann dich nicht erreichen? Es war schockierend, dass seine Berührung ihr so real erschien, dass sie ihren Körper in Erregung versetze und ihr Herz bewegen konnte, obwohl er nicht einmal in ihrer Nähe war.
Sag mir, was du vorhast. Warum willst du mich verlassen, obwohl du spürst, dass wir zusammengehören?
Du kennst mich nicht. Nicht nur er hatte Geheimnisse, sie auch.
Du lässt mich ja auch nicht in deinen Geist und in dein Herz hinein.
Das kann ich nicht.
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