Heißes Geld
uns, altes Mädchen?«
Sie horchte seiner Stimme nach, die forsch und fröhlich klang: »Wenn du mir jetzt sagst, daß du bereits unterwegs zu mir bist«, antwortete Hannelore, »dann fühle ich mich prächtig.«
»Du kannst mir gratulieren«, wich Nareike aus. »Ich bin mit der Müllerei völlig klargekommen. War nicht so leicht. Erzähle ich dir alles später. Jetzt fahren wir zusammen nach Düsseldorf zum Notar, der heute Überstunden für uns machen muß. Es wird sich schon etwas hinziehen. Ein recht komplizierter Vertrag mit etwa 20 Seiten juristischem Kauderwelsch – du kennst ja die Paragraphenschuster. Aber dann werde ich sofort zu dir kommen und vor allem bei dir bleiben.«
Sie begann zu rechnen: »Kommst du mit dem Wagen?« fragte sie dann.
»Mit dem Flugzeug«, erwiderte er. »Muß doch die verlorene Zeit wieder einbringen. Noch etwas, Schäfchen: Was hältst du davon, wenn wir in Dingsbach heiraten würden?«
»Das wäre unvorstellbar schön«, entgegnete Hannelore.
»Also, dann werden wir dort das Aufgebot bestellen, wenn wir den Segen von Rosenheim haben. Sorg dafür, daß du deine Papiere zusammen hast.« Er lachte anzüglich: »Meine habe ich immer bei mir. Am besten läßt du dir die Post nachsenden.«
»Keine Gefahr?« fragte sie.
»Nicht mehr«, tat er den Einwand ab. »Aber wir haben doch alles besprochen in München«, sagte er dann. »Stundenlang. Auch meine Verhandlungen in Essen, und du warst mit allem einverstanden, sogar begeistert.«
»Das kann schon sein«, erwiderte Hannelore ein wenig kläglich. »Aber weißt du, Horst, entschuldige, Werner, ich hatte zu viel getrunken und deshalb fast alles vergessen, und …«
»Du Süffling«, versetzte Nareike mit einem Lachen, das so falsch war wie Hurengestöhn.
»Und wenn dein neuer Vertrag verbrieft ist, mußt du nicht mehr nach Essen zurück?«
»Wirklich schlimm mit dir«, tadelte er sanft. »Nie mehr, wie besprochen, oder höchstens noch besuchsweise. Ich hätte auch gar keine Zeit. Weißt du warum, altes Mädchen? Weil wir Flitterwochen machen. Und weißt du, wie lange die dauern?«
»Du hast aber nicht getrunken?« fragte Hannelore.
»Keinen Tropfen. Wo denkst du hin, bei diesen komplizierten Verhandlungen. Und du bist vernünftig, ja?«
»Ich bin ganz vernünftig«, versprach sie. »Sei unbesorgt.«
»Auch kein Föhn in München?« fragte er gut gelaunt.
»Nein, ein schönes sommerliches Hoch, sehr warm, aber nicht unangenehm.«
»Also brauche ich mir keine Sorgen zu machen.«
»Nie mehr«, sagte sie leise. »Wirklich nicht. Ich halte zu dir, und das habe ich doch auch bewiesen, trotz dieser schlimmen Sache …«
»Hast du bewiesen, Teure. Toll, was wir nach so langer Zeit noch aus uns machen. Und was meinst du, was ich dir künftig alles beweisen werde«, sagte er und ließ die Verheißung versanden. »Kapsle dich nicht im Zimmer ab, geh an die Luft«, riet Nareike. »Geh ins Kino oder ins Theater und lenk dich ab, und sowie dann die Vorstellung aus ist, bin ich bei dir, ja?«
»Heute noch?« fragte sie mit hörbarem Bangen.
»In jedem Fall, auch wenn's sehr spät wird. Hast du überhaupt schon etwas gegessen?« fragte er besorgt.
»Nein«, erwiderte Hannelore. »Aber ich hol's jetzt gleich nach.«
»Aber wirklich«, sagte er mit Nachdruck. »Tschüs.«
In der Telefonzentrale schaltete Martin Vollmer das Gerät ab und spulte das Band zurück. »Geben Sie mir das ›Baur au lac‹«, bat er das Mädchen. »Dringend. Verlangen Sie bitte Herrn Genterli von der Direktion.«
Der Kriminalinspektor a.D. kannte den Züricher Hotel-Manager von einer Tagung her, aber auch andernfalls hätte er nicht vergeblich um eine diskrete Auskunft bitten müssen. Internationale Hotels helfen sich gegenseitig aus, nicht nur bei Empfehlungen, sondern auch bei Warnungen vor Zechprellern, Hochstaplern, Dieben, Randalierern und Trunkenbolden. Da Skandale nicht nur dem Haus schadeten, sondern für die ganze Branche abträglich waren, hatten die Luxusherbergen ein gemeinsames Interesse, die unsicheren Kantonisten rechtzeitig auszumachen und fernzuhalten.
»Grüezi, Herr Genterli«, sagte Vollmer und kam nach ein paar Höflichkeiten zur Sache: »Soeben hat ein Gast aus dem ›Baur au lac‹ mit dem ›Regina‹ in München telefoniert. Sechs Minuten und 27 Sekunden. Sie würden mir einen großen Gefallen tun, wenn Sie feststellen ließen, wie sich der Mann bei Ihnen nennt, und …«
»Einen Moment, Herr Vollmer«, unterbrach ihn
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