Heißes Geld
eigentlich mehr eine Panne als ein Verbrechen gewesen.«
»Das sollten Sie mir aber schon genauer erklären.«
»Sicher hatte Linsenbusch seine Spießgesellen angestiftet, aber im Suff, es war wohl nicht so ernst gemeint gewesen. Jedenfalls ist es am Morgen nach der Mordnacht deswegen zu einem bösen Zusammenstoß mit dem Hauptsturmführer Eckel gekommen, der die ganze Schweinerei inszeniert hatte. Wissen Sie, Mr. Feller, Eckel und Dumbsky, das waren Fanatiker, die haben sich bei jedem Juden, den wir loseisen konnten, benommen, als hätten wir ihnen einen Leibeigenen gestohlen. Als dann später Gerüchte über DEWAKO-Schiebungen aufkamen, hat Linsenbusch prompt Eckel ans Messer geliefert, und der Bursche wurde von den Nazis bereits an die Wand gestellt, bevor er noch richtig reden konnte. Dieser Himmler nahm nämlich seinen Sauberkeitskult sehr ernst …«
»Linsenbusch nicht?« unterbrach ihn Feller.
»Der hatte nur Hohn und Spott für die Nazis und benutzte sie für seine Geschäfte. Er sagte immer: ›lass die ihre Fackelmärsche veranstalten; wir kochen auf einer anderen Flamme.‹«
»Er nahm sich also vor Ihnen kein Blatt vor den Mund?« fragte der Besucher aus New York.
»Ich kannte Linsenbusch schon von der Uni her«, fuhr Saumweber-Seligmann fort. »Damals waren wir befreundet. Er war ein verkrachter Student der Volkswirtschaft gewesen, den erst die Tochter des Reichsleiters Dannemann – er stand an achter oder neunter Stelle in der braunen Rangliste – groß ins Geschäft gebracht hat. Linsenbusch holte mich später nach Paris. Ich gab ihm Rückendeckung bei seinen Schiebungen und half ihm dabei, sich die Taschen mit Dollars zu füllen. Zu dieser Zeit stand ich schon auf der amerikanischen Seite – seit 1942 – und General Donovans Leute verlangten von mir, bei der DEWAKO konsequent meine Rolle weiterzuspielen. Sie hatten ein brennendes Interesse daran, rechtzeitig zu erfahren, in welchem Land und mit welchen Firmen Linsenbusch Rohstoffgeschäfte tätigen wollte. Verstehen Sie, Mr. Feller? Sie konnten dann die deutschen Angebote überbieten oder auch politisch intervenieren, und das ist ihnen vor allem gegen Ende des Kriegs meistens geglückt, so daß Linsenbusch wegen zunehmender Misserfolge schließlich beim SS-Wirtschaftsverwaltungshauptamt in Verschiß geraten ist.«
»Da klaffen in den Akten aber gewaltige Lücken.«
»Viele Dinge wurden aus Geheimhaltungsgründen bei dem Verfahren vor dem Militärgericht ausgeklammert«, fuhr Saumweber-Seligmann fort: »Der Prozess wurde überhaupt sehr schnell über die Bühne gezogen. Aber was gegen Linsenbusch vorlag reichte aus, um ihn fünfmal aufzuhängen.«
»Wie oft ist es denn zu solchen Greenstone-Scheußlichkeiten gekommen?«
»Ein paar Mal«, antwortete die damalige rechte Hand des DEWAKO-Chefs bei linken Geschäften. »Linsenbusch war natürlich der Erfinder der, wie er es nannte, ›künstlichen Warenverknappung‹. Der Menschenhandel war für die DEWAKO einträglich, aber doch nur ein Nebengeschäft.«
»Und woher kam das eigentliche Betriebskapital?« fragte Feller.
»Das stammte aus der Leichenfledderei im ganz großen Stil«, antwortete Saumweber, »wie zum Beispiel die Goldzähne, die den Vergasten aus dem Mund gebrochen, eingeschmolzen und als Goldbarren dann im neutralen Ausland zu Rohstoffzahlungen verwendet wurden.«
Der Amerikaner kämpfte gegen den widerlichen Geschmack in seinem Mund. Nur mit großer Mühe konnte er seinen Ekel vor dem früheren Spion unterdrücken.
»Wie ich annehme, verfolgen Sie in erster Linie ideelle Ziele, Mr. Feller?«
»Richtig«, bestätigte der Jurist.
»Damit wir uns nicht missverstehen: Auch ich bin für Gerechtigkeit. Aber ich bin auch Geschäftsmann.« Saumweber-Seligmann sah, daß sein Gast einen Zug um die Nase hatte, als sei die Luft schlecht: »Sie sind sich doch darüber im klaren, daß Linsenbusch weit über eine Million Dollar auf die Seite gebracht hat?«
»Ich nehme an, Sie wissen wie«, erwiderte der US-Anwalt. »Wissen Sie auch, wo er das Geld verwahrt hat?«
Der Doppelagent lächelte überlegen.
»Im Prozess haben Sie kein Wort darüber ausgesagt …«
»Da wußte ich es noch nicht. Ich habe Jahre gebraucht, um dahinter zu kommen. Es war nicht so einfach. Horst – äh, Linsenbusch ist nämlich kein Dummkopf.«
»Es läge ein Geschäft in der Luft, das wir miteinander abschließen könnten«, lockte der Testamentsvollstrecker der Greenstone-Stiftung: »Sie sagen mir,
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