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Heißes Geld

Heißes Geld

Titel: Heißes Geld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Berthold
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Eines dieser Länder, das wußte er, lieferte unter keinen Umständen einen Mann aus, nach dem gefahndet wurde. Für die alten Geschichten wäre INTERPOL ohnedies nicht zuständig, weil sie als politisch galten, und einen Mord an Hannelore könnte man ihm nicht anhängen, weil es zu ihm nicht gekommen war. Wenn aber nun seine Mitwisserin, in deren Gegenfalle er geraten war, zur Polizei ginge, um ihn zu denunzieren, wäre sie vermutlich zunächst dem Irrenhaus näher als er dem Gefängnis. Schließlich hatte sich Hannelore selbst strafbar gemacht durch einen wider besseres Wissen gestellten Antrag auf Todeserklärung ihres Mannes. Wenn sie nunmehr behauptete, daß Horst Linsenbusch noch lebte, klänge das mehr als unwahrscheinlich und würde die Polizisten sicher nicht zu einer übereifrigen Untersuchung anspornen. Durch ihre verdammte Eifersucht wäre Hannelore zunächst gar nicht in der Lage, die Zusammenhänge logisch und chronologisch wiederzugeben, und viel Geduld hätten überforderte Beamte nicht mit einer allein stehenden, hysterischen Frau, die vielleicht nicht einmal so alt werden würde, wie sie aussah. Bis sie die Sache ernst nähmen, wäre er längst über dem Berg. Mit dem Geld. Mit Sabine, die er nun allerdings beschleunigt erobern müßte, aber dafür verfügte der Brautwerber künftig über eine Million.
    Freilich: Eile tat not. Heute nachmittag noch würde er nach Locarno Weiterreisen, um am morgigen Sonnabend dort sein Geld abzuheben. Zwar waren auch in der Schweiz Bestrebungen im Gange, den Bankbeamten einen freien Samstag zu gewähren, aber da sich in der Eidgenossenschaft Neuerungen viel Zeit lassen, waren die Geldschalter – im Gegensatz zu anderen Ländern – noch immer bis Samstag Mittag geöffnet, in Zürich ebenso wie in Locarno.
    Von da waren nur noch zehn Kilometer bis zur italienischen Grenze, oder eineinhalb Autostunden bis zum internationalen Flughafen in Mailand, wo um 20 Uhr 11 die 707 nach Rio startete. Falls man Nareikes Spuren bis Locarno verfolgen würde, am Lago Maggiore müßten sie endgültig versanden. Er würde mit dem Porsche direkt zum Airport fahren und dann unter dem Vorwand, ihn in einer Tiefgarage abzustellen, den Wagen in der Nähe des Flugplatzes mit abgeschraubtem polizeilichem Kennzeichen stehen lassen. Die Frage wäre dann, ob es zwei oder drei Stunden dauern würde, bis er gestohlen wäre. In einer gewissen Weise lebte schließlich der italienische Fremdenverkehr auch von fremden Autos.
    Nareike betrat ein elegantes Lederwarengeschäft in der wirklich ungewöhnlich fashionablen Bahnhofstraße und erwarb ein Bordcase, ein Modell aus feinstem Nappaleder, mit Leichtmetallrahmen gegen Verformung geschützt und mit Geheimfächern versehen, die freilich Zöllner ohne weiteres finden würden. In dieser sündteuren, handgemachten Kreation ließen sich ebenso gut zwei Flaschen duty-free-shop-Schnaps unauffällig durch den Zoll bringen wie eine Dollarmillion in großen Scheinen. Die Uniformierten mochten allenfalls etwas gegen den Alkohol einzuwenden haben, aber nichts gegen Dollars. Inzwischen hatte sich Sabine zurechtgemacht und war nach unten gegangen. Sie wählte einen Platz halb in der Sonne, halb im Schatten, blinzelte wieder gegen die Lichtfülle. Dann sah sie am Nebentisch den Jungen. Mit seinem schmachtenden Blick, den blitzenden Zähnen und dem übermütigen Lächeln sah René Puccini aus wie Nareikes Jüngster.
    Sein Blick klebte so an der Blondine, daß er beim Einschenken den Kaffee danebengoß, er sah, daß sie darüber lächelte, stand auf und fragte artig: »Hätten Sie etwas dagegen, wenn ich mich zu Ihnen setze?«
    »Ich nicht«, erwiderte Sabine, »aber vielleicht mein Begleiter.«
    »Aber er ist doch nicht da.«
    »Wenn er aber kommt«, entgegnete sie tändelnd.
    »Dann reißen wir halt aus.« Er lachte und ließ sich nieder. Seinem ausgezeichneten Deutsch mit italienischem Akzent war anzumerken, daß er viel Umgang mit Deutschen hatte und sich dabei, so vermutete Sabine, wohl mehr an ihre weiblichen Landsleute hielte. Unaufgefordert brachte der Kellner sein Gedeck an den Tisch, obwohl der Junge unschwer erkennen ließ, daß er mehr Appetit auf das Mädchen als auf sein Frühstück hatte.
    »Ich dachte, Sie wollten in aller Frühe an den Lago Maggiore starten?« sagte Sabine.
    »Das hatte ich vor«, antwortete er. »Aber ehrlich gesagt: Irgendwie habe ich mir eine Chance ausgerechnet, Sie vielleicht doch noch einmal zu sehen. Daß Sie jetzt sogar

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