Heißes Geld
feil.« Er spürte zwischen Rausch und Rache, zwischen Wut und Wollust, wie die Selbstbefreiung, die er bei dem Mord an Saumweber empfunden hatte, zurückkam, ihn stark machte, ihm jede Besinnung nahm, bis sein Trieb Amok lief, er fühlte sich wieder wie Linsenbusch in seiner Glanzzeit, der Herr über Leben und Tod, der Mann, der alle Kassen klingeln und alle Puppen tanzen ließ. Der Tag hatte ihn überfordert, aber nun schuldete er ihm noch die Krönung.
»Sabine«, keuchte er weiter. »Das Naturereignis.« Die Worte quollen ihm aus dem Mund wie giftige Dämpfe: »Der keusche Trocken-Fick.« Seine Schneidezähne suchten ihren Mund; sie wich ihm aus. Seine Hände hielten ihre Schultern brutal fest wie in einem Schraubstock. Er riß sie an sich, lachte über ihre Gegenwehr, die ihn rasend machte. »Solche wie dich habe ich im Dutzend aus dem Bett geworfen«, stieß Nareike hervor. »Habe sie auf den Knien herankriechen lassen, habe Eisberge in Vulkane verwandelt, in feuerspuckende, mit den Schenkeln und dem Bauch, den Titten und den Nüstern, mit Herz und Hand und Mund und mit beiden Arschbacken. Alles im Bett – Einsatz, jeder Muskel, jeder Nerv und jede Pore, mal über mir, mal unter mir, mal von oben, mal von hinten, geil wie Schifferscheiße, du doofe Schlampe«, beschimpfte er sie: »Du verhemmtes Flittchen.«
Sabine stieß ihm das abgewinkelte Knie in die Hoden, traf ihn mit gezielter Wucht an der Stelle, an der sein Begehren saß.
Er fluchte und ließ sie los; sie floh aus dem Bad. Nareike hetzte hinter ihr her. Sabine stolperte, stürzte und fiel – da war er über ihr, er zerriss ihr Nachthemd, nagelte sie mit seinem Gewicht am Fußboden fest.
Sabine spuckte ihm ins Gesicht; er grinste und geiferte, schob mit der Hand ihr Kinn ruckartig nach oben wie bei Saumweber, so brutal, daß sie mit dem Hinterkopf am Boden aufschlug. Sie begann zu schreien. Nareike preßte ihr die Hand auf den Mund. Sie biss hinein, er jaulte vor Schmerz und drückte mit beiden Händen ihre Kehle zu. Sabine konnte nicht mehr um Hilfe schreien; sie mußte um Atem ringen.
Sie zappelte unter ihm, schlug um sich mit Armen und Beinen. Ihre Nägel krallten sich in seine Haut, rissen sie blutig. Immer wieder schlug sie zu, wo es ihn am schmerzhaftesten traf; aber sie hatte keine Chance in diesem Hand-und-Fuß-und-Bauch-und-Biß-Gemenge. Nareike war stärker, näherte sich keuchend dem Ziel.
Er spuckte Zoten aus und Drohungen.
Ein Damm war gebrochen, die Kloakenmauer.
Sie wälzten sich im Clinch. Ein Stuhl stürzte. Sabine hatte die Augen offen und die Knie geschlossen. Sie sah in die Pupillen eines Mörders. Als sie spürte, daß ihr Entsetzen stärker war als ihr Hass, gab sie auf.
Er drang in sie ein wie der Russe Anno 45, aber Nareike erschien ihr widerlicher als eine ganze Horde.
Als es vorbei war, stand Sabine auf, ging ins Bad.
Sie putzte sich die Zähne, dreimal hintereinander, aber sie brachte den Geschmack von Ekel nicht aus dem Mund. Sie ließ den vollen Strahl der Dusche auf sich niederprasseln, doch sie konnte den Schweiß nicht wegspülen, weder den Nareikes, noch den des Rotarmisten. Ein Leben lang würde sie sich durch verschwitzte Hände und verseuchten Atem besudelt fühlen, und so konzentrierte sie sich auf den Willen, Nareike die Gewalt heimzuzahlen; sie dachte darüber nach, wie sie es anstellen könnte.
Sie ging in ihr Apartment zurück; er saß an ihrem Bettrand. Sie rückte so weit weg, wie sie konnte.
»Sabine«, sagte er, »es tut mir leid. Du hast recht, ich war besoffen.« Seine Stimme klang blechern: »Ich entschuldige mich in aller Form. Es – es wird nie wieder vorkommen.«
Sie schwieg verbissen.
»Morgen schon, hörst du, bereits in vier, fünf Stunden, schenk' ich dir 250.000 Dollar Sühnegeld, das ist eine Million Mark, und …«
Sabine dachte daran, daß um neun Uhr René ins Hotel kommen würde, um sich von ihr zu verabschieden; sie war sich sicher, daß ihr der Junge gegen dieses Schwein mit den angegrauten Brusthaaren, den knochigen Gliedern und der Pergamenthaut beistehen würde, was immer sie von ihm verlangte.
»Hast du die Perlenkette in der Hotelhalle in dem Schaukasten gesehen?« fragte Nareike. »Keine Zuchtware. Echte Perlen mit einem rosa Schimmer. Morgen lege ich sie dir als fürstliches Geschenk um deinen königlichen Hals …«
»Perlen bedeuten Tränen«, entgegnete sie, und er war froh, daß sie überhaupt etwas sagte: »Ein lächerlicher Aberglaube – ich werde dir
Weitere Kostenlose Bücher