Heißes Versprechen
die ich gut zahle.«
»Ich möchte hoffen, dass Sie über kriminelle Vorkommnisse in der Nähe Ihres Geschäftes unterrichtet sein wollen. Schließlich tragen Sie als Eigentümer der Pavillons eine gewisse Verantwortung.«
»Wohl wahr.« Artemas schien sich noch weiter in die Schatten zurückzuziehen. »Solche Dinge sollten nicht Vorkommen, schließlich schaden sie dem Geschäft.«
2. Kapitel
Die dicken Glasfenster des »Gelben Hundes« schimmerten unheimlich. Das Kaminfeuer entfesselte bedrohliche Schatten, die wie trunkene Geister umhertorkelten. Zweifelsohne waren die Gäste betrunken, doch harmlos waren sie mit Sicherheit nicht. Vermutlich waren die meisten von ihnen bewaffnet. Der »Gelbe Hund« war einer jener Orte, an denen sich die raubeinigsten Gestalten des Rotlichtbezirks einfanden.
Madeline betrachtete durch das Fenster der Kutsche hindurch aufmerksam das Geschehen. »Gott sei Dank habe ich nicht versäumt, meine Pistole mitzubringen.«
Es gelang ihm, sein Stöhnen zu unterdrücken. Zwar kannte er sie erst seit einer Stunde, doch wusste er genügend über die Dame Bescheid, dass ihn diese Neuigkeit nicht in Erstaunen versetzte.
»Sie wollen so freundlich sein und sie in Ihrer Handtasche belassen«, erwiderte er bestimmt. »Ich greife nicht gerne zu Waffen, wenn es sich vermeiden lässt. Im Allgemeinen sind sie der Auftakt eines recht unangenehmen Durcheinanders.«
»Dessen bin ich mir wohl bewusst«, erwiderte sie.
Ihm fielen die Gerüchte wieder ein, die er über den plötzlichen Tod ihres Mannes vernommen hatte. »Das kann ich mir gut vorstellen.«
»Dennoch«, fuhr Madeline fort, »eine junge Frau einfach so auf der Straße zu entführen kann man wohl kaum als angenehmes Verbrechen bezeichnen, Sir. Und wie ich vermute, wird es auch keine angenehme Lösung dafür geben.«
Er malmte mit den Zähnen. »Wenn Ihre Nellie sich in diesem Etablissement befindet, sollte es mir möglich sein, sie ohne die Hilfe einer Pistole zu befreien.«
Madeline schien immer noch nicht überzeugt. »Das halte ich kaum für möglich, Herr Hunt. Die Gäste scheinen mir rechte Raufbolde zu sein.«
»Ein Grund mehr, laute Geräusche zu vermeiden, die ihre Aufmerksamkeit erregen würden.« Er warf ihr einen bedeutungsvollen Blick zu. »Mein Vorhaben wird nur dann gelingen, wenn Sie meinen Anordnungen folgen, gnädige Frau.«
»Ich habe eingewilligt, Ihrem Plan zu folgen, und daran werde ich mich auch halten.« Sie hielt inne. »Es sei denn natürlich, etwas läuft aus dem Ruder.«
Mit diesem halbherzigen Versprechen würde er sich wohl oder übel abfinden müssen, dachte er. Die Verruchte Witwe war es offenbar gewohnt, Anordnungen zu erteilen, und nicht, ihnen zu folgen. »Nun denn, gehen wir die Sache an. Sie sind sich über Ihre Aufgabe im Klaren?«
»Machen Sie sich keine Sorgen, Sir. Der Kurze Hans und ich werden mit der Kutsche am Eingang der Gasse warten.«
»Ich bitte darum. Ich würde sehr ungehalten darüber sein, wenn ich mit Nellie aus der Hintertür komme und keine Möglichkeit erkenne, die Gegend zu verlassen.« Artemas warf seinen Hut auf den Sitz und verließ die Kutsche. Latimer übergab dem Kurzen Hans die Zügel und kletterte vom Bock, um Artemas zu begleiten. Stehend wirkte er noch größer als zusammengesunken auf dem Kutschbock. Die ausladenden Schultern des Kutschers verdeckten fast das gesamte Licht der einzigen an der Kutsche befestigten Lampe.
Artemas erinnerte sich an seinen ersten Eindruck von Latimer. Mehr Leibwächter denn Kutscher.
»Ich habe meine Pistole dabei«, versicherte ihm Latimer.
»Gehen Ihre Dienstherrin und Sie denn niemals aus dem
Haus, ohne bis an die Zähne bewaffnet zu sein?« Latimer schien die Frage zu überraschen. »Aber nein doch, Sir.«
Artemas schüttelte den Kopf. »Und sie hält mich für absonderlich. Nichts für ungut. Sind Sie bereit?«
»Ja, Sir.« Latimer musterte die Fenster des »Gelben Hundes«. »Gnade ihnen Gott, falls sie meiner Nellie etwas angetan haben sollten. Dann werde ich jeden Einzelnen dafür bluten lassen.«
»Ich bezweifle, dass sie ausreichend Zeit hatten, um dem Mädchen etwas anzutun.« Artemas überquerte die Straße.
»Um es ganz deutlich zu sagen, wenn sie tatsächlich mit dem Ziel entführt worden ist, sie an ein Bordell zu verkaufen, werden die Kerle nichts getan haben, was ihren, sagen wir, Wert in diesem bestimmten Markt schmälern würde, wenn Sie verstehen, was ich meine.«
Latimer erstarrte vor Groll und Widerwillen.
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