Held Rama
von ihrem Lehrer und drohten der Hexe, sie zu töten, wenn sie nicht von ihrem Angriffe lasse.
Die Greuliche höhnte die Prinzen als Menschenknirpse, wuchs sodann ins Riesengroße, und warf mit entwurzelten Bäumen und Felsentrümmern.
In arger Bedrängnis schoss Rama, der sich nicht entschließen konnte, ein Weib zu töten, der Hexe beide Hände von den Armen. Ein Schuß Lakschmanas verstümmelte das scheußliche Angesicht des Ungeheuers. Mit furchtbarem Gebrüll hob nun die Verwundete sich in die Lüfte und entschwand den Blicken der beiden Helden. Aber was den Zauberkünsten der Unsichtbaren erreichbar war, warf sie auf die Tapferen herab.
Da hob Rama entschlossen den Bogen, zielte dorthin, woher das Gebrüll der Hexe erscholl, und schoss.
Von dem schweren Eisen mitten durch die Brust getroffen, fiel die Hexe herab und verschied unter wilden Verwünschungen.
Indras Stimme aber erklang vom Himmel und pries die kühne Waffentat Ramas.
Am nächsten Tag erreichten die Wanderer Wischwamitras Klause, und der Heilige begann, der Stimme der Götter gehorchend, den tapferen Rama mit göttlichen Waffen – Sprossen der Siegesgöttin Dschaya – zu wappnen.
Er reichte ihm die Speere ›Treffer‹ und ›Sieger‹ und die unfehlbare Lanze Schiwas, ferner Indras und Wischnus Wurfscheiben und drei Blitze des Götterherrn. Ein Schwert, die Fackel Agnis und des Sturmgottes Wirbel, auch viele nie fehlende Pfeile, wie ›Schlafbringer‹, ›Geschweiger‹, ›Verzehrer‹ und andere, folgten. Dann gab er ihm den ›Verblender‹ der himmlischen Spielleute, den ›Berauscher‹ und den ›Wahnwitz‹ des Liebesgottes, den ›Überwinder‹ des Schatzgottes Kubera, die Pfeile der Wissenschaft, die Schilde der Zucht und der Gerechtigkeit und die Schlinge des Zufalls. Die Dolche ›Wahr‹ und ›Falsch‹, das blendende Schildkleinod ›Hoheit‹, der Treibstachel der frohen Rede und ihr Pfeil ›Verletzende Schärfe‹, endlich des Urvaters Waffe, der steinerne Hammer, waren die letzten Gaben.
So gerüstet stand der Held vor dem Heiligen, hörte voll Ehrfurcht seine weise Rede über den Gebrauch der einzelnen Waffen und merkte voll Eifer die Sprüche, die diesem oder jenem Geschoß besondere Zauberkraft verleihen konnten.
Als Ramas Wappnung und Belehrung vollendet war, beschloss der Heilige ein Opfer zu rüsten, und die Prinzen bewachten durch sechs Nächte die geheiligte Stätte.
Als die Opferfeuer am siebenten Tage gegen Himmel loderten, verfinsterte sich die Sonne, und heulend, brüllend, tosend und zischend, stürzten sich die beiden Unholde Subahu und Maritza vom Himmel herab, um das heilige Feuer zu verlöschen.
Doch Rama stand Wache in göttlichen Waffen.
Als er die Dämonen hörte und sah, hob er des Urvaters Waffe und schleuderte sie dem gewaltigen Maritza an die Brust. Hundert Meilen weit riss es dem Unhold durch die Lüfte und warf ihn ins schäumende Meer. Nur mit Mühe rettete er sich vom Tode des Ertrinkens und schwamm nach Lanka, um Ravanna, seinem Herrn, von dem furchtbaren Verteidiger der Einsiedelei zu erzählen.
Subahu aber starb, von der Agniwaffe zu Asche verbrannt.
Wischwamitra dankte dem Trefflichen für seine kühne Tat, doch Rama neigte sich ehrerbietig vor dem Heiligen und fragte, womit er ihm ferner dienen könnte.
Da lächelte Wischwamitra schalkhaft und sprach:
»Ich muss zu einem feierlichen Opfer an König Dschanakas Hof reisen. Willst du und dein edler Bruder mir sicheres Geleite geben?«
»Wie du es für gut hältst!« sprachen die Prinzen voll Ehrfurcht und begannen alles zur Reise nach Mithila zu rüsten.
Sita
Am nächsten Morgen begann die Fahrt.
Friedlich zog der Heilige mit seinen Begleitern durch die Wälder und ward von allen Klausnern, den freundlichen Wirten dieser weiten Gottesherbergen, voll Ehrfurcht und Gastfreundschaft empfangen. Und an jedem durch fromme Erinnerung geweihten Orte erzählte er seinen aufmerksamen Schülern, was da vor alten Zeiten, im Weltalter der Götter, geschehen war.
Von des Kriegsgottes Skanda Geburt sprach er ihnen und von der Herkunft der Ganga, von König Sagaras hochgemuten Söhnen und von der lieblichen Schri, wie sie den Göttertrank aus den Fluten des Meeres hob. Die Zeit verflog den eifrigen Hörern, als wären sie nur Tage, statt Wochen, unterwegs gewesen.
Wohlbehalten langten die Wanderer endlich in Mithila, der Residenz des Wideherkönigs, an und wurden von Dschanaka und seinem Hauspriester als die vornehmsten Gäste
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