Held Rama
empfangen.
Hier erfuhren die Prinzen auch den Zweck der Opferfeier:
Als König Dschanaka einst den Pflug über sein Land führte, sprang aus der wunden Erde ein kleines Mägdlein und liebkoste den ackernden Helden. Dschanaka nahm das Kind voll Liebe zu sich, nannte es, nach seiner Entstehung, Sita – die Ackerfurche – und erzog es als seine geliebte Tochter.
Sita ward die schönste Jungfrau im Lande, und von allen Höfen eilten Könige und Prinzen herbei, um die Liebliche als Gattin heimzuführen. In dieser Bedrängnis durch stürmische Freier, gedachte Dschanaka eines uralten Erbstückes, des Bogens Schiwas.
Er ließ die riesige Waffe in die Halle seines Palastes schaffen und durch Boten an allen Höfen kundtun, dass Sita nur dem Stärksten, dem, der den Bogen Schiwas spannen könnte, als Gattin folgen wollte.
Bald darauf drängten sich die Freier zu Hunderten in der Halle Dschanakas. Aber da kaum einer darunter war, der die schwere Waffe lüpfen konnte, so konnte keiner versuchen, sie zu spannen.
Zürnend eilten die Getäuschten nach Hause, rüsteten ihre Heere und überzogen Mithila mit Krieg. Aber Dschanakas Heer widerstand den Bedrängern tapfer und schlug sie zurück.
Ein Dank- und Siegopfer sollte nun die Götter ehren. Als die Prinzen bei der Begrüßung aus Dschanakas Munde die Geschichte des Opfers gehört hatten, bat Wischwamitra den Gastfreund, Schiwas Bogen doch auf den Festplatz bringen zu lassen, auf dass der kühne Dämonentöter Rama ihn sehe und vielleicht auch seine Stärke an ihm erprobe.
Dschanaka befahl, den Wunsch des erlauchten Gastes zu erfüllen, und bald schwankte ein achträdriger, von Rindern gezogener Wagen heran, auf welchem die Riesenwaffe des Gottes der Vernichtung lag.
Rama sprang vor, hob mit kräftigem Arme das schwere Gewaffen vom Wagen, und schickte sich an, die schlaffe Sehne zu spannen.
Aber kaum drückte seine gewaltige Faust auf das Ende des Bogens, so sprang dieser mit furchtbarem Krachen entzwei. Das Getöse warf alle Anwesenden, bis auf Dschanaka, den Heiligen und die beiden Prinzen, zu Boden.
Nun bat Wischwamitra den König um Sitas Hand für seinen Zögling Rama.
Und als Dschanaka voll Freude dem Helden die Holde zuführte – als Ramas Auge voll Wonne erglänzte –, da lachte der Heilige aus vollem Herzen.
Während in Mithila eifrig zur Hochzeit gerüstet wurde, gingen ehrwürdige Boten nach Ajodhia, um König Dascharatha mit seinem ganzen Hofstaat zur Feier zu laden.
Voll Stolz vernahm der Vater die Kunde von seines Sohnes Heldenkraft, voll Freude willigte er in seine Vermählung und reiste mit seinen Söhnen, seinen Räten und den stolzesten seiner Recken auf schnellen Elefanten nach Mithila.
Dort ward er mit höchsten Ehren empfangen, und die Hauspriester der beiden königlichen Geschlechter bereiteten das Opfer zur feierlichen Hochzeit.
Wasischta, der Purohita der Raghuiden – so hieß das Königsgeschlecht von Ajodhia nach seinem berühmten Vorfahren Raghu – warb für die Brüder Ramas um drei Prinzessinnen aus Dschanakas Haus, und im Palaste zu Mithila wurde das vierfache Fest gefeiert.
Im Blumenschmuck der prächtigen Halle, im Dufte aus den Weihrauchbecken und unter dem Gefunkel der goldenen Hochzeitsgaben nahm der greise Brahmane die Eide ab, ließ die Paare vor dem heiligen Hausfeuer die Hände ineinander legen und sie den rauchenden Altar in sieben feierlichen Schritten nach rechts hin umwandeln.
Segenssprüche und Glückwünsche geleiteten die Neuvermählten bis an das Tor des Palastes. Und dort empfing sie der Jubel des Volkes, fröhliche Weisen und anmutige Tänze und Spiele.
Dascharatha gab jedem der Söhne gar reiche Morgengabe und beschenkte die Opferpriester mit schier unermesslicher Großmut.
Wischwamitra kehrte gleich nach der Hochzeit, verehrt und bedankt, in seine Klause zurück und lebte wieder ganz seiner Gottseligkeit.
Die Gäste aus Ajodhia aber nahmen noch an manchem glänzenden Fest zu Mithila teil, und erst nach vielen Wochen rüsteten sie zur Heimkehr.
Die Karawane war durch die Elefanten, Pferde, Diener und Sklaven der vier Prinzessinnen viel größer als bei der Reise nach Mithila. Sie hatte aber glückliche Fahrt, bis zum letzten Nachtlager vor Ajodhia.
Dort zeigten sich böse Vorzeichen, und am Morgen sperrte der gefürchtete Paraschu-Rama ihren Weg.
Paraschu-Rama oder ›Rama mit der Axt‹ war der Sohn des Brahmanen Dschamadagni. Wüste Kriegsleute erschlugen einst den greisen Priester während einer
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