Helden des Olymp, Band 3: Das Zeichen der Athene (German Edition)
paar Meter ragten Tonrohre aus dem Gemäuer. Sie vermutete, dass es sich um Abwasserrohre handelte, Teile des uralten römischen Kanalisationssystems, aber sie staunte darüber, dass ein solcher Tunnel überlebt hatte, unter der Erde zusammengedrängt zwischen Rohren, Kellern und Abwasserkanälen der vielen Jahrhunderte.
Ein plötzlicher Gedanken jagte ihr noch mehr Kälte durch den Leib als das Wasser. Einige Jahre zuvor waren Percy und sie im Labyrinth des Dädalus im Einsatz gewesen – einem geheimen Netzwerk aus Tunneln und Kammern, mit starken Zaubern belegt und voller Fallen –, das sich unter allen Städten Amerikas hindurchzog.
Als Dädalus in der Schlacht um das Labyrinth gefallen war, war das gesamte Tunnelsystem eingestürzt – das hatte Annabeth jedenfalls geglaubt. Aber was, wenn das nur den amerikanischen Teil betroffen hatte? Dädalus hatte ihr einmal gesagt, sein Labyrinth habe ein eigenes Leben. Es wachse und ändere sich ununterbrochen. Vielleicht konnte das Labyrinth immer wieder neu entstehen, wie ein Monster. Das würde doch einen Sinn ergeben. Es war eine archetypische Macht, wie Chiron sagen würde – etwas, das niemals wirklich starb.
Wenn das hier ein Teil des Labyrinths war …
Annabeth beschloss, nicht weiter darüber nachzudenken, aber sie beschloss auch, nicht davon auszugehen, dass irgendwelche Ortsangaben korrekt wären. Das Labyrinth machte Entfernungsangaben sinnlos. Wenn sie nicht aufpasste, konnte sie sieben Meter in die falsche Richtung gehen und sich plötzlich in Polen wiederfinden.
Sicherheitshalber band sie das Ende einer weiteren Schnurrolle an ihre Strickleiter. Jetzt konnte sie auf ihrem Entdeckungsgang die Spule hinter sich abrollen. Ein alter Trick, aber ein guter.
Sie überlegte, welchen Weg sie einschlagen sollte. Der Tunnel sah in beiden Richtungen gleich aus. Dann, keine dreißig Meter links von ihr, loderte auf der Mauer das Zeichen der Athene auf. Annabeth hätte schwören können, dass diese großen feurigen Augen sie schadenfroh anstarrten, als wollten sie sagen: Wo ist das Problem? Beeil dich!
Sie fing wirklich an, diese Eule zu hassen.
Als sie bei der Stelle angekommen war, war das Bild verblasst und sie hatte die Schnur der ersten Spule abgewickelt.
Während sie die nächste festband, sah sie sich im Tunnel um. Im Mauerwerk gab es eine beschädigte Stelle, als ob jemand mit einem Vorschlaghammer ein Loch in die Wand gehauen hätte. Sie ging hinüber, um sich die Sache genauer anzusehen. Als sie ihren Dolch zum Leuchten durch die Öffnung hielt, entdeckte Annabeth eine tiefer gelegene Kammer, lang und schmal, mit Mosaikboden, Wandgemälden und Bänken, die sich an der einen Seite hinzogen. Die Kammer wirkte ein wenig wie ein U-Bahn-Wagen.
Sie schob ihren Kopf durch das Loch und hoffte, dass ihn niemand abbeißen würde. Am einen Ende der Kammer war eine Tür zugemauert. Am anderen Ende stand ein Steintisch, oder vielleicht ein Altar.
Hmmm … Der Wassertunnel ging weiter, aber Annabeth war sicher, dass das hier der richtige Weg war. Sie dachte daran, was Tiberinus gesagt hatte: Du musst den Altar des ausländischen Gottes finden. Es schien keinen Ausgang aus dem Altarraum zu geben, aber es war nicht tief bis zu der Bank. Sie würde problemlos wieder herausklettern können.
Noch immer mit der Schnur in der Hand ließ sie sich nach unten sinken.
Die Decke der Kammer war ein Gewölbe aus Backsteinen, aber Annabeth gefiel der Anblick der Streben gar nicht. Gleich über ihrem Kopf, im der vermauerten Tür am nächsten gelegenen Bogen, war der Schlussstein gerissen. Risse liefen quer über die Decke. Diese Kammer hatte vermutlich zweitausend Jahre gehalten, aber Annabeth wollte lieber nicht zu viel Zeit hier verbringen. Bei ihrem Glück würde die Decke innerhalb der nächsten beiden Minuten einstürzen.
Der Boden zeigte ein langes, schmales Mosaik mit sieben Bildern in einer Reihe, wie einer Zeitlinie. Zu Annabeths Füßen saß ein Rabe. Danach kam ein Löwe. Mehrere andere Bilder sahen aus wie römische Krieger mit unterschiedlichen Waffen. Die restlichen waren zu stark beschädigt oder eingestaubt, so dass Annabeth keine Einzelheiten erkennen konnte. Die Bänke auf beiden Seiten waren mit Keramikscherben bedeckt. Die Wände waren mit Szenen aus einem Bankett bemalt: Ein Mann in einem langen Gewand und mit einer Mütze, die aussah wie ein Eisportionierer, saß neben einem größeren Typen, der Sonnenstrahlen aussandte. Um sie herum standen
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