Helden des Olymp, Band 3: Das Zeichen der Athene (German Edition)
vollendet ist, wirst du zugeben, dass du nie zuvor etwas so Umwerfendes geschaffen hast. Und wenn nicht, dann bin ich gern bereit zu sterben.«
Arachne zögerte. Ihre mit Stacheln besetzten Beine waren so nah, sie hätte Annabeth mit einer raschen Bewegung durchbohren können.
»Schön«, sagte die Spinne. »Eine letzte Herausforderung – gegen mich selbst!«
Arachne kletterte an ihrem Netz hoch und fing an, die Athena Parthenos auszuwickeln.
L
Annabeth
Annabeth hatte ihr Zeitgefühl verloren.
Sie spürte noch die Wirkung der Ambrosia, die sie gegessen hatte, um ihr Bein wiederherzustellen, aber es tat noch immer so schrecklich weh, dass die Schmerzen bis in ihren Hals pochten. An den Wänden huschten kleine Spinnen durch die Dunkelheit, als ob sie die Befehle ihrer Herrin erwarteten. Tausende von ihnen raschelten hinter den Wandteppichen, so dass die gewebten Szenen sich bewegten wie im Wind.
Annabeth saß auf dem zerfallenden Boden und versuchte, ihre Kräfte zusammenzuhalten. Wenn Arachne nicht hinschaute, versuchte sie, mit dem Laptop des Dädalus ein Signal auszusenden, um ihre Freunde zu erreichen, aber natürlich hatte sie damit kein Glück. Deshalb blieb ihr nichts anderes übrig, als mit Staunen und Entsetzen zuzusehen, wie Arachne arbeitete. Ihre acht Beine bewegten sich mit hypnotischer Schnelligkeit und wickelten langsam die Seitenfäden von der Statue.
Mit ihren goldenen Gewändern und ihrem leuchtenden elfenbeinfarbenen Gesicht war die Athena Parthenos noch beängstigender als Arachne. Sie starrte mit strengem Gesicht nach unten, als wollte sie sagen: Bringt mir einen Leckerbissen, sonst … Annabeth konnte sich vorstellen, eine Griechin der Antike zu sein, den Parthenon zu betreten und die riesige Göttin zu sehen – mit ihrem Schild, ihrem Speer und ihrer Pythonschlange, während ihre rechte Hand Nike hielt, die geflügelte Göttin des Sieges. Das hätte ausgereicht, um dem Chiton einer jeden Sterblichen einen Riss zu verpassen.
Und zu allem Überfluss strahlte die Statue Macht aus. Während sie ausgewickelt wurde, erwärmte sich die Luft. Athenes Elfenbeinhaut leuchtete vor Leben. Überall im Raum gerieten die kleinen Spinnen in Bewegung und zogen sich in den Tunnel zurück.
Annabeth nahm an, dass Arachnes Netz die Magie der Statue auf irgendeine Weise verdeckt und gedämpft hatte. Jetzt, da sie befreit wurde, füllte die Athena Parthenos den Raum mit magischer Energie. Jahrhundertelang waren vor ihr sterbliche Gebete gesprochen und Brandopfer dargebracht worden. Sie war durchtränkt mit der Macht der Athene.
Arachne schien das nicht zu bemerken. Sie murmelte vor sich hin, maß die Seide meterweise ab und berechnete, wie viele Stränge sie für ihr Projekt brauchen würde. Wenn sie zögerte, feuerte Annabeth sie an und erinnerte sie daran, wie wunderbar ihre Wandteppiche auf dem Olymp aussehen würden.
Die Statue wurde so warm und hell, dass Annabeth weitere Details des Heiligtums sehen konnte – das römische Mauerwerk, das sicher irgendwann einmal weiß geleuchtet hatte, die dunklen Knochen von früheren Opfern Arachnes und im Gewebe hängengebliebenen Mahlzeiten, und die massiven Seidenstränge, die den Boden mit der Decke verbanden. Annabeth sah jetzt, wie brüchig die Marmorfliesen unter ihren Füßen wirklich waren. Sie waren von einer feinen Gewebeschicht bedeckt, wie von einem Netz aus Draht, das einen zerbrochenen Spiegel zusammenhält. Bei jeder kleinsten Bewegung der Athena Parthenos sprangen weitere Risse im Boden auf und wurden breiter. An einigen Stellen klafften Löcher, groß wie Luken. Annabeth wünschte fast, es wäre wieder dunkel. Selbst, wenn ihr Plan Erfolg hätte und sie Arachne besiegen könnte, wusste sie nicht, wie sie sich lebend aus diesem Raum retten sollte.
»So viel Seide«, murmelte Arachne. »Ich könnte zwanzig Teppiche daraus weben …«
»Weitermachen«, rief Annabeth zu ihr hinauf. »Das machst du wundervoll.«
Die Spinne machte weiter. Nach einer Weile, die Annabeth vorkam wie eine Ewigkeit, türmte sich zu Fußen der Statue ein Haufen aus glänzender Seide auf. Die Wände des Raumes waren noch immer von Spinnweben überzogen. Die Taue, die den Raum zusammenhielten, waren unversehrt. Aber die Athena Parthenos war frei.
Bitte, wach auf, flehte Annabeth die Statue an. Mutter, hilf mir.
Nichts passierte, außer dass die Risse noch schneller über den Boden liefen. Wenn Arachne die Wahrheit gesagt hatte, dann nagten seit Jahrhunderten die
Weitere Kostenlose Bücher