Helden des Olymp, Band 3: Das Zeichen der Athene (German Edition)
du das Licht eingefangen hast, das ist umwerfend. Hast du für die Sonnenstrahlen Fäden aus echtem Gold benutzt?«
Die Webarbeit war wirklich umwerfend. Annabeth brauchte sich gar nicht zu verstellen.
Arachne gestattete sich ein selbstzufriedenes Lächeln. »Nein, Kind. Kein Gold. Ich habe die Farben gemischt und helles Gelb mit dunkleren Tönen abgewechselt. Das gibt der Sache einen dreidimensionalen Effekt.«
»Wunderschön.« Annabeths Gedanken spalteten sich in zwei Ebenen: Auf der einen lief das Gespräch weiter, auf der anderen suchte sie verzweifelt nach einem Überlebensplan. Aber ihr kam keine Idee. Arachne war nur einmal besiegt worden – von Athene selbst, und dazu waren göttliche Magie und ungeheure Fähigkeiten bei einem Wettweben vonnöten gewesen.
»Und«, sagte sie, »hast du diese Szene selbst so gesehen?«
Arachne zischte und ihr Maul schäumte auf nicht unbedingt attraktive Weise. »Du versuchst, deinen Tod hinauszuzögern. Das wird dir nicht gelingen.«
»Nein, nein«, beteuerte Annabeth. »Ich finde es nur eine Schande, dass diese wundervollen Wandteppiche nicht von aller Welt bewundert werden können. Sie gehören in ein Museum oder …«
»Oder was?«, fragte Arachne.
Aus Annabeths Gedanken entsprang eine vollständig ausgeformte Idee, so, wie ihre Mom aus Zeus’ Stirn entsprungen war. Aber konnte das wirklich funktionieren?
»Ach, nichts.« Sie seufzte sehnsüchtig. »War bloß eine blöde Idee. Schade drum.«
Arachne kletterte an der Statue nach unten, bis sie auf dem goldenen Schild der Göttin hockte. Sogar aus dieser Entfernung konnte Annabeth den Gestank der Spinne wahrnehmen, wie der einer Bäckerei voller Kuchen, der seit einem Monat vor sich hin schimmelte.
»Was?«, drängte die Spinne. »Was für eine blöde Idee?«
Annabeth musste sich zwingen, um nicht zurückzuweichen. Gebrochener Knöchel hin oder her, jeder Nerv in ihrem Körper pochte vor Angst und riet ihr, sich vor der riesigen, über ihr hängenden Spinne in Sicherheit zu bringen.
»Ach … es ist bloß, dass ich den Auftrag hatte, den Olymp wieder aufzubauen«, sagte sie. »Du weißt schon, nach dem Titanenkrieg. Ich bin fast fertig, aber wir brauchen eine Menge hochwertiger Kunst im öffentlichen Raum. Im Thronsaal der Götter zum Beispiel … Ich dachte, es wäre perfekt, dein Werk dort auszustellen. Dann könnten die Olympier endlich sehen, wie begabt du bist. Aber wie gesagt, das war nur so eine blöde Idee.«
Arachnes behaarter Unterleib bebte. Ihre vier Augen funkelten, als ob sie hinter jedem einen unterschiedlichen Gedanken hegte und versuchte, aus allen ein zusammenhängendes Netz zu knüpfen.
»Du baust den Olymp wieder auf«, sagte sie. »Mein Werk … im Thronsaal.«
»Na ja, auch anderswo natürlich«, sagte Annabeth. »Der Hauptpavillon könnte mehrere vertragen. Dieser Teppich da, mit der griechischen Landschaft – die neun Musen würden davon begeistert sein. Und ich bin sicher, die anderen Götter würden sich um deine Arbeiten reißen. Sie würden miteinander darum wetteifern, wer die meisten von deinen Wandteppichen in seinem Palast hätte. Außer Athene hat ja wohl kein Gott je gesehen, was du kannst, oder?«
Arachne ließ ihre Unterkiefer schnappen. »Wohl kaum. In den alten Zeiten hat Athene meine besten Arbeiten zerrissen. Meine Wandteppiche zeigten die Götter auf wenig schmeichelhafte Weise, verstehst du? Deine Mutter fand das überhaupt nicht gut.«
»Ganz schön heuchlerisch«, sagte Annabeth, »wo die Götter sich doch dauernd übereinander lustig machen. Ich glaube, das Cleverste wäre, einen Gott gegen den anderen aufzustacheln. Ares, zum Beispiel, hätte garantiert wahnsinnig gern einen Wandteppich, auf dem meine Mutter lächerlich gemacht wird. Er hat Athene noch nie leiden können.«
Arachnes Kopf kippte in einem seltsamen Winkel zur Seite. »Du würdest etwas tun, was deine eigene Mutter beleidigt?«
»Ich habe dir nur erzählt, was Ares gefallen würde«, sagte Annabeth. »Und Zeus würde sich über ein Wandbild freuen, das Poseidon verspottet. Ach, ich bin sicher, wenn die Olympier dein Werk sehen könnten, würden sie begreifen, wie großartig du bist, und ich würde in einem Preiskrieg verhandeln müssen. Und warum nicht etwas tun, was meine Mutter beleidigt? Sie hat mich doch hierher in den Tod geschickt, oder nicht? Bei unserer letzten Begegnung in New York hat sie mich verleugnet.«
Annabeth erzählte Arachne die Geschichte. Sie teilte ihre
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