Helden des Olymp, Band 3: Das Zeichen der Athene (German Edition)
hatte.
Die Grube bebte. Nur Percy hinderte Annabeth jetzt noch am Sturz. Er hielt sich mit Mühe an einem Felsvorsprung von der Größe eines Regalfachs fest.
Nico beugte sich über den Rand des Abgrunds und streckte die Hand aus, aber er war viel zu weit weg. Hazel schrie nach den anderen, aber selbst wenn sie sie in dem ganzen Chaos gehört hätten, würden sie es niemals rechtzeitig schaffen können.
Annabeths Bein schien aus ihrem Körper gerissen zu werden. Der Schmerz färbte vor ihren Augen alles rot. Die Macht der Unterwelt zerrte an ihr wie finstere Schwerkraft. Sie hatte keine Kraft mehr, um zu kämpfen. Sie wusste, sie war schon zu weit unten, um gerettet zu werden.
»Percy, lass mich los«, krächzte sie. »Du kannst mich nicht hochziehen.«
Sein Gesicht war weiß vor Anstrengung. Sie konnte in seinen Augen sehen, dass er wusste, wie hoffnungslos ihre Lage war.
»Niemals«, sagte er. Er schaute zu Nico hoch, fünf Meter über ihnen. »Die andere Seite, Nico! Da treffen wir uns. Verstanden?«
Nico machte große Augen. »Aber …«
»Führ sie hin«, schrie Percy. »Versprich mir das!«
»Ver…Versprochen.«
Unter ihnen lachte die Stimme in der Finsternis. Opfer. Wunderschöne Opfer, um die Göttin zu wecken.
Percy packte Annabeths Handgelenk fester. Sein Gesicht wirkte gequält, zerkratzt und blutig und seine Haare waren voller Spinnweben, aber als ihre Blicke sich begegneten, fand sie, dass er niemals schöner ausgesehen hatte.
»Wir bleiben zusammen«, versprach er. »Ich lass dich nicht von mir weg. Nie wieder.«
Und erst jetzt begriff sie, was passieren würde. Keine Wiederkehr. Ein sehr harter Sturz.
»Solange wir zusammen sind«, sagte sie.
Sie hörte, wie Nico und Hazel noch immer um Hilfe riefen. Sie sah das Sonnenlicht, weit, weit über ihr – vielleicht zum letzten Mal.
Dann ließ Percy den winzigen Felsvorsprung los und zusammen, Hand in Hand, stürzten er und Annabeth in die bodenlose Finsternis.
LII
Leo
Leo stand noch immer unter Schock.
Alles war so schnell gegangen. Sie konnten gerade noch die Seile an der Athena Parthenos befestigen, ehe der Boden nachgab und die letzten Spinnwebtrossen rissen. Jason und Frank flogen nach unten, um die anderen zu holen, aber sie fanden nur Hazel und Nico, die sich an der Strickleiter festklammerten. Percy und Annabeth waren verschwunden. Der Schacht zum Tartarus war unter mehreren Tonnen Schutt begraben. Leo ließ die Argo II gerade noch aus der Höhle steigen, ehe alles implodierte und den Rest des Parkplatzes mitriss.
Die Argo II stand jetzt auf einem Hügel mit Blick über die Stadt. Jason, Hazel und Frank waren zum Schauplatz der Katastrophe zurückgekehrt in der Hoffnung, sich durch den Schutt zu graben und eine Möglichkeit zu finden, Annabeth und Percy zu retten, aber sie mussten umkehren. Die Höhle war ganz einfach nicht mehr da. Überall wimmelte es von Polizei und Leuten vom Katastrophenschutz. Sterbliche waren nicht zu Schaden gekommen, aber die Italiener würden sich noch monatelang am Kopf kratzen und sich fragen, wieso sich mitten auf einem Parkplatz plötzlich die Erde aufgetan hatte, um ein Dutzend absolut fahrtüchtiger Autos zu verschlingen.
Wie betäubt vor Kummer luden Leo und die anderen die Athena Parthenos behutsam in den Laderaum und benutzten dafür die hydraulischen Winschen des Schiffes, unterstützt von Frank Zhang, Teilzeitelefant. Die Statue passte gerade so eben hinein, aber was sie eigentlich damit anfangen sollten, konnte Leo sich nicht vorstellen.
Trainer Hedge war zu elend zu Mute, um zu helfen. Er lief mit Tränen in den Augen hin und her, zupfte sich am Kinnbart, schlug sich gegen den Kopf und murmelte immer wieder: »Ich hätte sie retten müssen! Ich hätte mehr Kram hochgehen lassen müssen!«
Endlich befahl Leo ihm, unter Deck zu gehen und alles für den Start zu sichern. Es half ja nichts, wenn er sich selbst verprügelte.
Die sechs Halbgötter versammelten sich auf dem Achterdeck und starrten auf die Staubsäule in der Ferne, die sich noch immer über der Stelle der Implosion erhob.
Leo legte die Hand auf die archimedische Kugel, die jetzt auf dem Steuerruder lag, um dort fest installiert zu werden. Er hätte aufgeregt sein müssen. Es war die größte Entdeckung seines Lebens – noch größer als Bunker 9. Wenn er die Schriftrollen des Archimedes entziffern könnte, würde er umwerfende Dinge vollbringen können. Er wagte es kaum zu hoffen, aber vielleicht würde
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