Helden des Olymp: Der Sohn des Neptun (German Edition)
dich auserwählt zu haben. Kinzie?«
»Ja, meine Königin?«
»Du hast gesagt, dass Otreras Anhängerinnen die Zellen bewachen?«
Kinzie nickte. »Ich hätte damit rechnen müssen. Es tut mir leid …«
»Nein, ist schon gut.« Die Augen der Königin funkelten wie die des Elefanten Hannibal, wenn er von der Kette gelassen wurde, um eine Festung zu zerstören. »Es wäre doch peinlich für Otrera, wenn ihre Anhängerinnen ihre Pflichten versäumten – wenn sie zum Beispiel von jemandem von außen überwunden würden und es zu einem Gefängnisausbruch käme.«
Kinzie musste lachen. »Ja, meine Königin. Überaus peinlich.«
»Natürlich«, fuhr Hylla fort, »wüsste keine von meinen Wächterinnen auch nur das Geringste darüber. Kinzie würde keiner von ihnen sagen, dass der Ausbruch gestattet worden sein könnte.«
»Natürlich nicht«, sagte Kinzie zustimmend.
»Und wir könnten dir nicht helfen.« Die Königin hob die Augenbrauen und sah Hazel an. »Aber wenn du die Wächterinnen irgendwie überwältigen und deine Freunde befreien könntest … wenn du zum Beispiel eine der Amazon-Karten der Wächterinnen an dich reißen könntest …«
»Mit der aktivierten Ein-Klick-Einkaufsfunktion«, sagte Kinzie, »die mit einem Klick die Gefängniszellen öffnet.«
»Wenn – die Göttinnen mögen das verhüten! – so etwas passierte«, sagte jetzt die Königin, »dann würdest du die Waffen und die übrigen Sachen deiner Freunde im Wachraum neben den Zellen finden. Und wer weiß? Wenn du dann in den Thronsaal zurückkehren könntest, während ich mich anderswo auf das Duell vorbereite … na ja, wie gesagt, Arion ist ein sehr schnelles Pferd. Es wäre doch eine Schande, wenn er gestohlen und für einen Fluchtversuch benutzt würde.«
Hazel hatte das Gefühl, mit einer Steckdose verbunden worden zu sein. Strom jagte durch ihren ganzen Körper. Arion … Arion könnte ihr gehören. Sie brauchte nur ihre Freunde zu retten und sich ihren Weg durch eine ganze Nation aus hervorragend trainierten Kriegerinnen freizukämpfen.
»Königin Hylla«, sagte sie. »Ich – ich bin keine großartige Kämpferin.«
»Ach, es gibt viele Arten zu kämpfen, Hazel. Ich habe das Gefühl, dass du sehr erfinderisch bist. Und wenn die Weissagung zutrifft, dann wirst du der Amazonennation helfen, zu Wohlstand zu gelangen. Wenn es euch zum Beispiel gelingt, Thanatos zu befreien …«
»Dann könnte Otrera nicht zurückkommen, wenn sie getötet wird«, sagte Hazel. »Du bräuchtest sie nur zu besiegen … äh, jede Nacht, bis wir Erfolg haben.«
Die Königin nickte düster. »Mir scheint, vor uns beiden liegen unmögliche Aufgaben.«
»Aber du vertraust mir«, sagte Hazel. »Und ich vertraue dir. Du wirst gewinnen, so oft es nötig ist.«
Hylla hob die Faust mit Percys Halsband und drückte es Hazel in die Hände.
»Ich hoffe, du hast Recht«, sagte die Königin. »Aber je schneller du es schaffst, umso besser.«
Hazel ließ das Halsband in ihre Hosentasche gleiten. Sie schüttelte die Hand der Königin und fragte sich, ob es möglich war, so schnell eine Freundin zu finden – noch dazu eine, die sie eigentlich ins Gefängnis stecken wollte.
»Dieses Gespräch hat niemals stattgefunden«, sagte Hylla zu Kinzie. »Bring unsere Gefangene in die Zelle und überlasse sie Otreras Wächterinnen. Und, Kinzie, du musst unbedingt von dort verschwinden, ehe irgendein Missgeschick passiert. Ich will nicht, dass meine getreuen Anhängerinnen für einen Gefängnisausbruch verantwortlich gemacht werden.«
Die Königin lächelte boshaft und zum ersten Mal war Hazel neidisch auf Reyna. Sie hätte so gern so eine Schwester gehabt.
»Auf Wiedersehen, Hazel Levesque«, sagte die Königin. »Wenn wir beide heute Nacht sterben – dann freut es mich jedenfalls, dich kennengelernt zu haben.«
XXXII
Hazel
Das Gefängnis der Amazonen lag über einem Gang im Lager, zwanzig Meter hoch in der Luft.
Kinzie führte sie drei Leitern hoch zu einem Laufsteg aus Metall, band Hazels Hände locker hinter ihrem Rücken zusammen und schob sie dann an Kästen voller Schmuckstücke vorüber.
An die fünfunddreißig Meter vor ihnen hing an Kabeln eine Reihe von Käfigen aus Maschendraht im grellen Licht der Neonröhren. In zwei dieser Käfige steckten Percy und Frank und sprachen mit gedämpfter Stimme miteinander. Direkt neben ihnen auf dem Laufsteg lehnten drei gelangweilt aussehende Amazonenwächterinnen auf ihren Speeren und schienen in kleinen
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