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Heldenklingen

Heldenklingen

Titel: Heldenklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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hinter ihm trug eine Stange mit einer Standarte – ein weißes Pferd auf grünem Grund. Reichels Zeichen. Dann war der alte Mann wohl kein Geringerer als Reichel persönlich.
    Nur langsam gelang es Beck, alles zu einem großen Bild zusammenzufügen. Die Nordmänner hatten den Angriff erwidert, wie Flut gesagt hatte, und die Union erwischt, als sie zwischen den Häusern und in den engen, gewundenen Gassen gefangen war. Hatten sie wieder über den Fluss getrieben. So wie es aussah, würde er heute nicht sterben, und bei dem Gedanken hätte er am liebsten geweint. Vielleicht hätte er das auch getan, wären seine Augen nicht ohnehin schon vom Rauch gerötet gewesen.
    »Reichel!«
    Der alte Krieger sah zu ihnen herüber. »Flut! Du lebst noch, du alter Sack?«
    »Na, so halbwegs, Häuptling. Hier wurde ziemlich hart gekämpft.«
    »Das ist wohl wahr. Mir ist die verdammte Axt zerbrochen! Diese Unionisten haben gute Helme, was? Aber eben doch nicht gut genug.« Reichel warf den geborstenen Stiel beiseite, der klappernd über das Pflaster des zerstörten Platzes rutschte. »Ihr habt hier ziemlich gute Arbeit geleistet.«
    »Aber ich habe beinahe all meine Jungs verloren«, seufzte Flut. »Nur der hier hat überlebt.« Damit klopfte er Beck auf die Schulter. »Hat vier von diesen Drecksäcken ganz allein erledigt, jawohl.«
    »Vier? Wie heißt du, Junge?«
    Beck glotzte zu Reichel und seinen namhaften Männern empor. Sie alle sahen ihn an. Er hätte die Sache richtig stellen müssen. Die Wahrheit sagen. Aber selbst, wenn er den Mumm dazu gehabt hätte, und das war nicht der Fall, dann fehlte ihm der Atem für so viele Worte. Und so sagte er nur: »Beck.«
    »Nur Beck?«
    »Joh.«
    Reichel grinste. »Ein Kerl wie du braucht einen längeren Namen, würde ich doch mal sagen. Wir nennen dich …« Er sah Beck kurz von oben bis unten an, dann nickte er, als habe er die Antwort gefunden. »Den Roten Beck.« Er wandte sich im Sattel um und rief seinen namhaften Männern zu: »Wie gefällt euch das, Jungs? Roter Beck!« Und sie schlugen mit den Schwertgriffen gegen ihre Schilde und mit den Kampfhandschuhen gegen die Brust. Ein lautes Klappern und Lärmen hallte über den Platz.
    »Seht ihr das?«, brüllte Reichel. »Das ist ein Junge, wie wir ihn brauchen! Seht ihn euch alle gut an! Lasst uns noch mehr von seiner Sorte finden! Noch ein paar blutrünstige kleine Ärsche, so wie er!« Ringsum Gelächter, Applaus, beifälliges Nicken. Das galt in erster Linie dem Erfolg, die Union wieder über die Brücke getrieben zu haben, aber zum Teil galt es auch ihm und seinen blutigen Taten. Genau das hatte er sich immer gewünscht: Respekt und die Gesellschaft anderer Krieger, vor allem aber einen furchteinflößenden Namen. Jetzt hatte er das alles, und er hatte dafür nichts weiter tun müssen, als sich in einem Schrank zu verstecken und einen der eigenen Leute umzubringen, um dann dessen Lorbeeren einzuheimsen.
    »Roter Beck.« Flut grinste stolz wie ein Vater, dessen Söhnchen die ersten Schritte tut. »Was hältst du davon, mein Junge?«
    Beck starrte zu Boden. »Weiß nicht.«

AUFRECHT UND EHRLICH
    A h!« Kropf zuckte instinktiv vor der Nadel zurück und spürte sofort, wie der Faden an seiner Wange zupfte und ihm noch mehr wehtat. »Ah!«
    »Oftmals«, murmelte Whirrun, »ist ein Mann besser dran, wenn er den Schmerz zulässt, anstatt ihm entfliehen zu wollen. Die Dinge werden kleiner, wenn man sich ihnen stellt.«
    »Das kannst du leicht behaupten, du bist es ja, der zusticht.« Kropf zog Luft durch die Zähne ein, als die Spitze wieder in seine Wange fuhr. Natürlich war es nicht das erste Mal, dass er genäht werden musste, aber es ist seltsam, wie schnell man vergisst, wie sich ein bestimmter Schmerz anfühlt. Ebenso schnell war es ihm jetzt allerdings wieder eingefallen. »Am besten wäre es wohl, man bringt es zügig hinter sich, was?«
    »Da stimme ich dir völlig zu, aber es ist leider nun einmal so, dass ich besser töten kann als heilen. Das ist nun mal die Tragik meines Lebens. Sicher, das Zusammenflicken beherrsche ich schon ganz ordentlich, ich kann Krähenfuß von Alomanter unterscheiden und weiß, wie man beides auf einen Verband reiben muss, und ich kenne auch ein oder zwei Beschwörungen …«
    »Taugen die was?«
    »So, wie ich sie singe? Höchstens, um Katzen zu vertreiben.«
    »Ah!«, schnaufte Kropf, als Whirrun den Schnitt mit Daumen und Finger zusammendrückte und die Nadel wieder durch die Haut bohrte. Er

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