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Heldenklingen

Heldenklingen

Titel: Heldenklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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Statthalter rollte auf den Rücken, und die Augen glotzten an die Decke. »Dreck.«
    Aliz schrie wieder. Finree fragte sich, wie sie nach all dem Gekreische immer noch so hohe und glockenreine Töne hervorbringen konnte. Sie selbst gab kein Geräusch von sich, als man sie nach draußen schleppte. Zum Teil, weil der Schlag gegen ihren Kopf ihr die Stimme genommen zu haben schien. Zum Teil, weil sie noch immer Schwierigkeiten hatte, überhaupt richtig Luft zu bekommen, nachdem sie beinahe erwürgt worden war. Aber in erster Linie dachte sie verzweifelt darüber nach, wie sie diesen Albtraum würde überleben können.
    Draußen tobte immer noch die Schlacht. Beck konnte es hören. Aber im Untergeschoss war alles still. Vielleicht glaubten die Unionisten, dass sie alle getötet hatten. Vielleicht hatten sie die kleine Treppe irgendwie übersehen. Bei den Toten, er hoffte, dass genau das …
    Eine der Stufen knarrte, und Beck blieb fast das Herz stehen. Vielleicht klang ein Knarren wie das andere, aber irgendwie wusste er, dass dieses von einem Mann verursacht worden war, der möglichst nicht gehört werden wollte. Ihm brach der Schweiß aus. Rann kitzelnd seinen Hals hinab. Und er wagte nicht die kleinste Bewegung, um sich zu kratzen. Jeden Muskel spannte er an, um nur kein Geräusch zu machen, nicht einmal das leiseste Seufzen in der Kehle oder ein Schlucken. Seine Nüsse, sein Arsch und seine Eingeweide fühlten sich an wie ein riesiges, kaltes Gewicht, das nur darauf bedacht schien, ihn zu verraten.
    Noch ein verstohlener, knarrender Schritt. Beck glaubte zu hören, wie der Dreckskerl draußen etwas zischte. Ihn verhöhnte. Also wusste er, dass er dort war. Worte konnte er nicht verstehen, sein Herz pochte so laut in seinen Ohren, so stark, dass es sich anfühlte, als würden ihm die Augen aus dem Kopf springen. Beck versuchte, noch weiter in den Schrank hineinzuschrumpfen, ein Auge fest auf den Spalt zwischen den beiden Türbrettern gerichtet und auf das Stückchen Dachboden, das dahinter sichtbar war. Die Spitze eines Schwerts rückte ins Bild, schimmernde Mordlust, und dann die Klinge, rot befleckt. Von Colvings Blut, von Braits oder Refts. Und auch Becks, schon bald. Es war ein Unionistensäbel, das erkannte er an dem gebogenen Metallstück rund um den Griff.
    Noch ein knarrender Schritt, und Beck legte die Spitzen der gespreizten Finger ans raue Holz, fast ohne es zu berühren, damit ihn die rostigen Angeln auf keinen Fall verrieten. Er packte den heißen Griff seines eigenen Schwerts. Ein schmaler Lichtstreifen fiel über die helle Klinge, der Rest schimmerte in der Dunkelheit. Er musste kämpfen. Musste einfach, wenn er seine Mutter, seine Brüder und ihren Hof jemals wiedersehen wollte. Und jetzt wollte er es auch.
    Noch ein knarrender Schritt. Er holte tief und abgehackt Luft, dehnte die Brust, und die Zeit zog sich endlos, wie erstarrt. Wie lange konnte denn jemand brauchen, um noch einen Schritt zu machen?
    Noch ein leiser Tritt.
    Beck sprang hervor, schrie, stieß die Tür zurück. Das schiefe Türblatt blieb an den Dielenbrettern hängen, und er stolperte, kam aus dem Gleichgewicht. Nun hatte er keine Wahl mehr. Er musste angreifen.
    Der Unionist stand im Schatten und drehte den Kopf. Beck schlug wild zu, fühlte, wie die Spitze eindrang und ihm die Parierstange gegen die Knöchel schlug, als die Klinge in die Brust des Unionisten fuhr. Sie wirbelten in einer knurrenden Umarmung herum, und irgendetwas schlug Beck gegen den Kopf. Der niedrige Dachbalken. Er kippte nach hinten, und der Unionist fiel in ganzer Länge auf ihn. Der Aufprall presste ihm die Luft aus den Lungen, aber die Hand umklammerte immer noch den Griff seines Schwerts. Becks Augen mussten sich kurz auf die Entfernung einstellen, aber als sie das getan hatten, blickte er direkt in ein verzerrtes Gesicht mit hervorquellenden Augen.
    Nur war es überhaupt kein Unionist. Es war Reft.
    Er holte tief, langsam und keuchend Luft. Seine Wangen bebten. Dann hustete er Blut auf Becks Gesicht.
    Beck wimmerte, trat um sich, kämpfte sich frei, rollte Reft von sich herunter und rutschte von ihm weg. Dann kniete er auf dem Boden und starrte den anderen an.
    Reft lag auf der Seite. Eine Hand kratzte über den Boden, ein Auge richtete sich langsam auf Beck. Er wollte etwas sagen, aber es kamen nur gurgelnde Laute. Blut quoll ihm aus Mund und Nase. Blut sickerte unter ihm hindurch und lief in die Maserung der Dielenbretter. Schwarz in den Schatten.

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