Heldenstellung
Team schlafen geschickt. Sie haben über 48 Stunden am Stück gearbeitet und waren nicht mehr effektiv.« Er sieht zu mir herüber und zwinkert mir zu. »Außerdem wollte ich mir deine Präsentation nicht entgehen lassen.«
Danilos Mundwinkel sacken kurz nach unten. Er sagt ein paar Wörter auf Russisch zu Adam, der schüttelt den Kopf und deutet zu mir herüber. »Das hier ist nicht mehr mein Projekt.« Danilo sieht von Adam zu mir.
»Mein Sohn ist unser neuer High Potential«, mischt sich mein Vater ein. »Adam ist persönlich involviert, das schadet seiner Objektivität. Und wir wollen ja nur das Beste für Sie.«
Danilo mustert mich einmal mehr von oben nach unten. Diesmal liegt in seinem Blick etwas Amüsiertes.
»Khamroff wird nicht erfreut sein.«
Mein Vater schaut zuversichtlich. »Wenn er die Ideen meines Sohnes hört, wird sich das ändern.«
Na, seinen Optimismus hätte ich gern.
Ich muss diesen Danilo irgendwie von mir überzeugen. Mit etwas, das mich auf den ersten Blick als den perfekten Mann für diesen Job dastehen lässt.
In diesem Moment beschließen die Zumba-Tänzerinnen hinter der Glaswand ihre Choreographie mit einem beeindruckenden Sprung. Die Trainerin bedankt sich, die Frauen klatschen und greifen schnell zu ihren Trinkflaschen und Handtüchern. Dann platzen sie aus dem Kursraum direkt durch unsere kleine Versammlung und streben den Umkleiden entgegen.
»Als guter Unternehmensberater muss ich alle Bereiche des Unternehmens kennenlernen«, sage ich. »Es ist bestimmt eine gute Idee, die Zeit für eine Runde Zumba zu nutzen. Ich nehme an, es geht gleich weiter?«
»Klar«, sagt Mesut, »wir lassen den Tanzraum selten ungenutzt. In zehn Minuten beginnt der nächste Kurs.«
Adam grinst breit und klatscht in die Hände: »Ja, das ist toll, tanz uns etwas vor.«
Die Verwunderung in Danilos Blick wird nur noch von dem erstaunten Gesichtsausdruck meines Vaters übertroffen.
»Das ist doch albern«, meint er leise zu mir. »Kein Berater würde bei so einem Hampeltanz mitmachen.«
»Du hast gesagt, du brauchst mich für unkonventionelle Denkansätze«, flüstere ich zurück. »Das hier ist unkonventionell. Und wenn Danilo sieht, dass ich auch Zumba tanze, dann haben wir gleich etwas gemeinsam. Das könnte wie bei Frau Merler-Beckscheid laufen. Nicht der Case ist die Herausforderung, sondern der Client. Hast du selbst gesagt.«
»Aber du kannst doch gar nicht Zumba tanzen.«
»So schwer wird das schon nicht sein. Ich mache ja auch Yoga.«
»Du machst Yoga?«
»Lass ihn doch«, meint Adam spöttisch. »Ist ja sein Job – jetzt.«
Mein Vater schüttelt den Kopf und setzt sich hin.
Mesut winkt die Fitnesstrainerin heran und tuschelt kurz mit ihr. Sie trägt ein sehr knappes Bikinioberteil und eine ausgeleierte Jogginghose, sieht zu mir herüber und lacht freudig, als Adam auf mich zeigt.
»Hi, ich bin Ann«, stellt sie sich vor. »Und du bist nicht nur der einzige Anzugträger im Kurs, sondern auch der einzige Mann. Siehst nicht gerade glücklich aus darüber.«
Stimmt, bin ich auch nicht. Aber ich muss das jetzt machen, auch weil ich mir so etwas Zeit verschaffe, um über eine neue Strategie nachzudenken. »Ich ziehe mich nur schnell um«, sage ich und hole meine Yogasachen von heute Morgen aus dem Lederkoffer.
»Dass du deine gute Laune zuhause vergessen hast, ist nicht schlimm«, meint Ann, »die kommt ganz von selbst.«
Das werden wir ja sehen.
Adam legt mir die Hand auf die Schulter. »Ich zeige dir, wo die Umkleidekabinen sind.«
Zwei Stockwerke tiefer schält sich Adam aus seinen verschwitzten Klamotten. Auch ich ziehe mich aus.
»Dein Plan wird nicht aufgehen«, sagt Adam. Welcher Plan? Ich wünschte, ich hätte einen. »Dass ein Consultant beim Kunden vorgetanzt hat, hat es echt noch nie gegeben.«
»Dann wird es ja höchste Zeit«, entgegne ich. Adam schnappt sich sein Handtuch. Auf dem Weg zu den Duschen bleibt er noch einmal stehen.
»Dein Vater meint, du bist ein Superkreativer. Also lass dir was einfallen, Superkreativer, sonst bist du nämlich ganz schnell wieder draußen.« Er grinst breit. »Und dein Vater auch. Ist eigentlich eine Art Familientragödie, da helfen dir auch deine Hotpants nicht.«
Das wollen wir doch mal sehen.
Im Zumba-Raum warten mindestens fünf Reihen Frauen, alle gertenschlank und durchtrainiert. Sie wirken nicht, als ob sie Fitnesskurse nötig hätten. An der Glasscheibe stehen mein Vater, Jessica, Danilo und Mesut. Eigentlich
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