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Heldenstellung

Heldenstellung

Titel: Heldenstellung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Glubrecht
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ich zum Wesentlichen, ist, dass Windkraft, Wasserkraft und Solarenergie in Deutschland nicht rentabel sind, dafür haben wir einfach zu wenig Wind und zu wenig Sonne. Was wir brauchen, was die Welt braucht, ist eine neue Form von Energie: humane Energie, menschliche Energie.«
    Ich mache eine Pause und schaue zu Danilo herüber. Der hat offenbar gerade mit offenen Augen geschlafen, denn er grinst mich entschuldigend an. Ich sehe zu Khamroff, aber auch dessen Rubel ist weit davon entfernt, zu fallen.
    Adam allerdings hat es begriffen. »Sollen wir die Mitglieder vielleicht versklaven?« fragt er spöttisch.
    »Nein, das machen die schon freiwillig.« Ich deute nach draußen zu den strampelnden, drückenden und schuftenden Trainierenden. »Ich habe es doch schon ganz am Anfang gesagt: Diese Menschen erzeugen Energie. Wir müssen nur einen Weg finden, sie nutzbar zu machen.«
    Auf Danilos Lippen macht sich ein Lächeln breit. Er hat angebissen.
    Ein Blick zu Khamroff. Der hebt den Zeigefinger und grinst.
    »Die Leute rennen da wie im Hamsterrad, die reinste Energieverschwendung, wenn man so will . . .«, winke ich mit dem Zaunpfahl und deute durch die Verglasung. Einundzwanzig, zweiundzwanzig, zähle ich leise, aber Khamroff kommt einfach nicht drauf. Muss er aber, denn wenn es nicht seine Idee ist, wird er sie nicht hundertprozentig verfolgen. Regel Nummer zwei, wenn ich nicht irre.
    Mein Vater stöhnt und lässt den Kopf in die Hände sinken.
    »Die Leute gehen sowieso ins Fitnessstudio«, sage ich also. »Aber wenn sie dort nicht nur trainieren, sondern dabei auch noch etwas für die Umwelt, die Menschheit und am Ende für sich selbst tun würden, wenn sie ein gutes Gefühl mit nachhause nehmen könnten – das wäre toll. Ein großer Mann hat mal gesagt: Wenn die Emotion stimmt, kann man Erfolg haben.«
    »Wer war das?«, fragt Khamroff.
    »Sylvester Stallone.«
    »Das ist es!«, ruft er, und ich sehe, wie seine Hand auf den Bildschirm zufliegt. Augenblicklich wird er schwarz. Danilo springt auf, läuft zum Computer und beginnt, wie wild zu tippen. Sekunden später haben wir Khamroff wieder auf dem Schirm.
    »Wir bauen die Fitnessgeräte so um, dass mit ihnen Energie erzeugt wird, die wir einspeisen können«, platzt es aus ihm heraus. »Die Leute machen ihren Strom selbst, so wie wir unseren Wodka.«
    »Oder die Deutschen ihren Kartoffelsalat«, stimmt Danilo ein. »Die Mitglieder bekommen ihre Energie auf ein Stromkonto gutgeschrieben, dann haben sie einen zusätzlichen Antrieb, ins Studio zu kommen.«
    Ich nicke bewundernd, als wäre ich nie im Leben auf diese Idee gekommen. »In meinem Backoffice habe ich einen Techniker, der könnte einen Prototypen bauen. Wir könnten staatliche Förderung beantragen, und das Geld, das Herr Khamroff in die Forschung investiert, käme nicht nur sauber zurück, sondern richtig grün. Da haben Sie auch gleich noch einen immensen Imagegewinn – nicht, dass Sie den nötig hätten.«
    Adam lehnt sich vor: »Aber es ist doch überhaupt nicht rentabel, Energie in so kleinen Mengen einzuspeisen. Selbst auf dem Laufrad wird es kaum mehr sein, als ein Fahrradtrafo erzeugt.«
    »Das müssen wir halt mal durchrechnen«, entgegne ich. »Aber um die Menge des erzeugten Stroms geht es ja in erster Linie auch gar nicht. Khamroffs Idee ist brillant: Statt Sport zu machen, um so banale Ziele wie Abnehmen oder Muskelaufbau zu erreichen, gehen die Mitglieder dieses Studios zum Sport, um etwas Gutes zu tun, etwas zu schaffen, das bleibt: Nachhaltigkeit – das große Wort meiner Generation.«
    Danilo lehnt sich zurück. »In Berlin kenne ich so einen Club, der mit Cardiogeräten Strom erzeugt, Green Gym Berlin heißt er. In den USA gibt es bestimmt schon hunderte solcher Fitness-Studios.«
    Khamroff hat sich ein kleines Glas Wodka bringen lassen und trinkt es auf Ex aus. »Das machen wir, das ist modern«, sagt er. »Das ist ökologisch, und ökologich ist gut.« Er schaut nun eindringlich in die Kamera. »Wir nennen die Studios EcoFit.«
    »Genial«, sagt mein Vater und klatscht in die Hände. Adam seufzt.
    »Leider nicht meine Idee, aber so könnte es funktionieren«, sage ich vorsichtig.
    Khamroff haut auf den Tisch, dass das Bild wackelt: »Natürlich wird es funktionieren! Wie lange brauchen Sie für die Entwicklung?«
    »Wir müssten Prototypen anfertigen, mit Ingenieuren, Green-PR-Leuten und Feng-Shui-Experten sprechen, eine Idee entwickeln«, antworte ich. »In sechs Wochen kann

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