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Heldenzorn: Roman (German Edition)

Heldenzorn: Roman (German Edition)

Titel: Heldenzorn: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonas Wolf
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lieben?«, wisperte die Stimme, die viele Stimmen waren überall um ihn herum. »Warum willst du uns Leid zufügen? Warum liebst du den Drachen mehr als uns?«
    »Weil er mich nicht zu seinem Sklaven machen will, so wie du!«, knurrte Teriasch.
    Nesca sah ihn an, als hätte er den Verstand verloren. »Sprichst du mit mir?«
    »Nein!« Er schüttelte wild den Kopf, schwelgte in dem Zorn, der sich in ihm regte. Sie ist dumm, wie alle Harten Menschen dumm sind. »Ich spreche mit diesem Ding, auf dessen Lügen euer Reich gegründet ist. Das Ding in diesem Turm. Das Ding in der Tiefe.« Er trat an den Rand des Beckens, das bis auf den schmalen Bereich, auf dem die Echse gelandet war, fast die gesamte Plattform einnahm, und hob den Drachenzahn hoch über den Kopf. »Komm und hol mich, wenn du mich unbedingt lieben willst!«
    Der Kala Hantumanas antwortete auf seine eigene Weise: Teriaschs Kollare begann sich zu bewegen. Doch es schnürte ihm nicht den Hals zu. In einer perversen Zärtlichkeit kroch es ihm über die Haut. »Spürst du uns? Ist es nicht schön, uns zu spüren?«
    Zu seinem eigenen Entsetzen wurde Teriasch von seinem Körper verraten. Ihm brach der Schweiß sinnlicher Erregung aus.
    »Bald spürst du uns ganz«, verhieß ihm der Wurm, und dann war es beinahe so wie in der Vision, die über Teriasch gekommen war, als man ihm sein Kollare angelegt hatte. In der Düsternis der schwarzen Wasser, in die er trotzig starrte, breitete sich ein blaues Leuchten aus. Es stammte vom prall aufgedunsenen Leib des Wurms, aus dem die Tentakel wuchsen, zuckend und wabernd, um sich aus der Tiefe nach oben zu schaffen. »Bald wirst du wissen, wie es ist, uns für immer zu lieben!«
    Fast wäre Teriasch zurückgetaumelt, weil der Teil in ihm, der seinen Zorn fürchtete, sich verzweifelt aufbäumte. Doch er blieb standhaft, weil der Zorn die Bilder all jener Schrecken heraufbeschwor, die der Wurm der alles umschlingenden Liebe in sein Leben getragen hatte: Wie ihn Spuo mit dem Blasrohr seines Sieges über den Soldaten beraubt hatte, der ihn an der Schwitzhütte überrascht hatte. Wie bei dem Überfall der vereinten Sippen auf die Arx eine Flugechse seinem Kettenbruder Dokescha den Arm abgerissen hatte. Wie man ihn auf dem Sklavenmarkt vorgeführt hatte wie ein Stück Vieh. Silicis’ Kammer mit dem Felsblock über den Ampullarien und Dropaxvir, der im Übungshof auf den Tod wartete. Das Mädchen, das am Schleim aus seinem Kollare jämmerlich erstickt war. Cardas verunstaltetes Gesicht.
    Und Teriasch tat gut daran, auf seinen Zorn zu hören, denn es stellte sich heraus, dass der Kala Hantumanas sogar in den Visionen log, die er einem schickte. Er war keine riesenhafte Kreatur, die ganze Paläste und Armeen hätte unter sich zermalmen können. Der Wurm der alles umschlingenden Liebe, der da im Becken auf Teriasch zutrieb, war kaum größer als zwei Mannslängen und nicht dicker als der Bauch einer tragenden Stute. Das Ding kroch auf den Beckenrand und näherte sich ihm in grotesken Verdickungen und Verdünnungen seines Leibes.
    »Was ist das?« Nescas zittrige Stimme schien aus einer anderen Welt zu kommen, einer Welt, in der alle diese widerwärtige Monstrosität fürchteten.
    Teriasch lachte grimmig. Er fasste den Drachenzahn mit beiden Händen, hob ihn wie einen kurzen Stoßspeer über den Kopf und sprang seinem Feind entgegen.
    »Warum?«, heulte der Kala Hantumanas, als der Zahn in sein weiches Fleisch drang. »Warum?«
    Wie unzählige glitschige Maden krochen die Arme des Wurms über Teriaschs Körper, schoben sich unter seine Tunika, in seine Hose, in seine Stiefel, durch sein Haar. Sie glitten ihm über die Augen, schoben sich ihm in Nase und Mund. Er knurrte und stieß nur umso fester zu, und das schleimige Innere des Kala Hantumanas bot dem Zahn keinerlei Widerstand. Er glitt hindurch wie eine heiße Klinge durch Butter.
    In der Umarmung dieses uralten Dämons besaß Zeit keinerlei Bedeutung mehr.
    »Warum willst du Schmerz, wo Liebe ist?«, fragte er. »Warum willst du den Schmerz nicht vergessen?«
    In Teriasch stiegen Erinnerungen auf, und er erkannte mit zornigem Entsetzen, dass es der Wurm war, der in seinem Verstand wühlte. »Warum willst du nicht vergessen?«
    Er sah den Pollox vor sich und hörte die Stimme des Dominex, die ihm eröffnete, dass der gute Kontentio seinem Gebieter bereits alles über seine Niedertracht gebeichtet hatte.
    »Es ist geschehen. Warum willst du nicht vergessen?«
    Teriasch spürte

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