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Heldenzorn: Roman (German Edition)

Heldenzorn: Roman (German Edition)

Titel: Heldenzorn: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonas Wolf
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kratzte sich am Ohr. Das ist alles sehr verwirrend. »Dann sind eure Häuptlinge Götter? Götter, die unter euch leben?«
    »Sie werden als Menschen geboren, damit wir nicht blind werden von ihrem wahren Glanz«, flüsterte Arka ergriffen. »So war es zumindest beim Subveheros. Bis er in einer Wolke aus Rauch und Feuer in den Himmel aufgefahren ist, um seinen alten Platz am Kopf der Tafel der Götter einzunehmen. Und auch sein Sohn, der Dominex – gepriesen sei er! –, wird uns eines Tages auf diese Weise verlassen, um zur Rechten seines Vaters zu sitzen. Ich hoffe, dieser Tag lässt noch lange auf sich warten.«
    »Warum? Wäre es nicht schöner für den Dominex, bei seinem Vater zu sein?«
    »Vielleicht.« Arka seufzte. »Doch was wird dann aus uns? Wer sorgt dann dafür, dass das Haus nicht einstürzt?«
    »Sein Sohn?«, vermutete Teriasch.
    »Das ist es ja.« Arka schaute Teriasch traurig an. »Unser Dominex – gepriesen sei er! – hat keinen einzigen Sohn gezeugt. Weißt du, was das heißt?«
    »Dass er nur Töchter hat«, sagte Teriasch.
    »Nein.« Arka winkte ab. »Dass die Elemente, die sein Vater gebändigt hat, uns vernichten werden, sobald er zum Himmel auffährt. An dem Tag, da die Zeit des Dominex – gepriesen sei sein Name! – in der Welt endet, endet auch die Welt.«
    Der Echsenreiter mit den toten Beinen hatte damals nicht gelogen: Die Harten Menschen hatten sogar einen Weg gefunden, den Pflanzen ihren Willen aufzuzwingen. Einen Tag später veränderte sich die Landschaft grundlegend. Die Waldstücke und die Wiesen schrumpften, und die grasenden Tiere wurden durch Zäune daran gehindert, irgendwo anders zu fressen als dort, wo man sie eingepfercht hatte. Noch verstörender waren die großen Flächen, auf denen immer nur eine Sorte Pflanzen wuchs – oftmals in engen Reihen hintereinander. Sie erinnerten Teriasch an die Art und Weise, wie die Soldaten in der Arx sich aufgestellt hatten, um ihre Bögen einzusetzen. Arka wurde nicht müde, die fruchtbare Erde dieser Felder zu loben, die für reiche Ernten sorgte. Was er hingegen mit keinem Wort erwähnte, waren die Menschen, die auf den Feldern arbeiteten. Manche sangen, um die vor Pflüge gespannten Ochsen und hauerlosen Probaskas anzutreiben, andere schwangen stumm die Hacken oder pflückten Beeren und Blätter von in Reih und Glied wachsenden Sträuchern. Viele von ihnen hatten Hauttöne, wie sie Teriasch noch an keinem anderen Menschen gesehen hatte. Blasses Rot, wie wenn man einige Tropfen Blut in Milch verrührte. Helles Ocker wie von der Sonne ausgetrockneter Lehm. Tiefdunkles Braun wie altes Holz. Ein schwaches Gelb mit einem eigentümlichen Stich ins Goldene. Auch von ihrem Wuchs und ihren Zügen her wiesen diese Menschen eine Vielfalt auf, die Teriasch nicht für möglich gehalten hätte. Unter ihnen waren Hünen, die weitaus größer als jeder Mensch aus der Steppe waren, aber auch Angehörige von Völkern, die um einige Haupteslängen kleiner als Teriasch waren. Breite und schmale Schultern, lange und gedrungene Hälse, kräftige und dürre Beine, große Augen und kleine Augen, vorspringende und flache Mundpartien, spitze und platte Nasen, bärtige und glatte Wangen – ein Muster in all dem zu suchen, war mindestens so schwierig, wie einen Sinn hinter dem Haufen Knochen, Steine, Samen und Federn zu sehen, wenn Pukemasu daheim den Inhalt ihres Weissagesäckchens ausschüttete. Es gab einige Arbeiter, die Teriasch regelrecht anstarren musste, weil ihre Fremdartigkeit so faszinierend war. Der gedrungene Mann, dessen untere Eckzähne aus dem Mund vorstanden und beinahe bis hinauf zu seinen Nasenlöchern reichten. Die schlanke Frau, deren Haut geschuppt wie die einer Echse war. Der feingliedrige Junge mit einem Schopf aus hellem Haar, das in winzig kleinen Löckchen ineinander verdreht war.
    Als Teriasch bemerkte, dass all diese Menschen doch etwas gemein hatten, fröstelte ihn: Jeder der Arbeiter trug einen fingerdicken Reif um den Hals, aus demselben schwarzen Material mit schillernden weißen Einschlüssen, aus dem auch der Ring um den Hals der Rüsselschnauze gefertigt war.
    »Warum haben sie das an?«
    »Was?« Arka, der beim Gehen vor sich hingepfiffen hatte, klang unerwartet barsch, wie jemand, der aus einem schönen Tagtraum gerissen wurde.
    »Den Ring um den Hals.«
    »Das Kollare …« Die Stimme des Soldaten wurde deutlich freundlicher, auch wenn ein leichtes Bedauern in ihr mitschwang. »Dadurch sieht jeder, dass sie Sklaven

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