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Heldenzorn: Roman (German Edition)

Heldenzorn: Roman (German Edition)

Titel: Heldenzorn: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonas Wolf
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Stellen an seinen Handgelenken und seinen Fußknöcheln. Den Sonnenbrand auf seinen Schultern. Den nagenden Hunger in seinem Bauch. Und in seinem Herzen das Sehnen nach seinem Zelt und seinem Lager. »Für meine Sippe bin ich schon tot.«
    »Wie?«
    »Sie haben mich einen Mond nicht gesehen, und das heißt für sie, dass ich zu meinen Ahnen gegangen bin.«
    »Oh.« Arka biss in seine Frucht. »Aber das kann dir doch gleichgültig sein, ob sie dich für tot halten oder nicht. Du bist jetzt im Dominum, und da wirst du auch bleiben.«
    »Für immer?«
    »Komm mal her.« Arka packte ihn am Ellenbogen, um ihn zum Stehen zu bringen. Dann wartete der Soldat, bis der Rest des Zuges an ihnen vorbeimarschiert war. »Ich mag dich«, flüsterte er, während er nach vorn lugte, als befürchtete er, von seinen Kameraden bei einer Peinlichkeit ertappt zu werden. »Komm bloß nicht auf dumme Gedanken wegen deiner verbockten Sippe. Ich will dir was sagen: Mein eigener Vater wurde noch als Sklave geboren, und jetzt schau mich an: ein freier Mann mit einer ruhmreichen Aufgabe. Dem die jungen Dinger nach seinen Feldzügen Äpfel schenken, weil sie hoffen, dass er sie bei Gelegenheit einmal ordentlich beglückt.« Er schubste Teriasch, ein Signal zum Weitergehen, damit sie nicht den Anschluss an den Zug verloren. »Ist das etwa nichts?«
    Teriasch schwieg.
    »Reiß dich zusammen«, fuhr Arka fort. »Mach die Arbeit, die dir dein Herr aufträgt. Ohne Murren, ohne Aufbegehren. Sei recht freundlich zu ihm, lach über seine Scherze, und er wird dich nicht allzu oft schlagen. Und wer weiß, eines schönen Tages schenkt er dir vielleicht sogar die Freiheit, weil er dich lieb gewonnen hat. So wie es bei meinem Vater war.«
    »Und dann hat dein Vater wieder sich selbst gehört? Einfach so?«
    »Einfach so«, bestätigte Arka. »Nun ja, ich will ehrlich zu dir sein. Es hatte sicher auch etwas damit zu tun, dass mein Vater den Sohn seines Herrn davor bewahrt hat, am Biss einer giftigen Viper zu krepieren. Er war Gärtner. Mein Vater, nicht der Sohn. Der Sohn hat im Garten gespielt, die Schlange kam auf ihn zugekrochen, und mein Vater hat das Vieh mit seiner Harke erschlagen. Und ich will nicht leugnen, dass die Frau seines Herrn womöglich ein gutes Wort für ihn eingelegt hat. Aber frei ist frei, und wer sich darüber beklagt, wie er zu seiner Freiheit gekommen ist, der findet auch die feinste Seide noch zu rau und den wärmsten Schoß zu kalt.«
    Teriasch dachte daran, was ihm der Geist der Geschichten verheißen hatte. Er meinte auch, ich könnte wieder frei sein. »Was ist ein Gärtner?«
    Arka kaute auf einem Stück Apfel. »Jemand, der sich um einen Garten kümmert.«
    »Was ist ein Garten?«
    »Ein Garten? Du kannst Fragen stellen …« Er zuckte mit den Schultern. »Ein Hof mit schönen Pflanzen drin.«
    »Werde ich auch ein Gärtner sein?«
    »Du?« Arka schürzte die Lippen. »Ich weiß es nicht. Doch du hast auf jeden Fall Glück, dass du unsere Sprache sprichst.«
    »Wieso?«
    »Weil du dann nicht auf den Feldern und auch nicht in den Minen landest.«
    »Wo lande ich dann?«
    »Sehe ich aus wie ein Eingeweideleser?«, blaffte Arka. Er drückte Teriasch den Rest seines Apfels in die Hand. »Hier. Zum Maulstopfen. Und dass du mir bis Kalvakorum nicht mehr die Ohren vollheulst, verstanden?«

5

     
Wer nie einen schönen Sklaven besessen hat,
hat nicht gelebt.
Empfehlung einer unbekannten edlen Dame aus Kalvakorum
     
    Als er Kalvakorum zum ersten Mal von einer Anhöhe aus sah, bestand für Teriasch nicht der geringste Zweifel: Er hatte eine Stadt vor sich, gegen die sich das größte der Verbotenen Lager der Vorfahren aller Sippen wie ein kleines Dorf ausnehmen musste.
    Bis zum Horizont erstreckten sich die Häuser, errichtet in geraden Reihen, weil die Harten Menschen offenbar nichts zu schaffen vermochten, was nicht einer klaren Ordnung unterworfen war. Hier und da wölbte sich im Meer aus roten Ziegeln eine goldene Kuppel, und an anderen Stellen umspülte es sonderbare Bauwerke ohne Dächer, die an lang gezogene Schüsseln gemahnten. Überall dort, wo zwei Straßen einander kreuzten, waren Säulen aufgestellt, gekrönt von steinernen Löwen. Die Tiere blickten allesamt zum Mittelpunkt der Stadt, auf ein Areal, das von einer hohen Mauer geschützt war und in Teriasch die Erinnerung an die Arx weckte, aus der ihm beinahe die Flucht gelungen wäre. Doch wo die Arx auf der Steppe ein Kiesel gewesen war, war diese Festung ein wahrer

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