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Heldenzorn: Roman (German Edition)

Heldenzorn: Roman (German Edition)

Titel: Heldenzorn: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonas Wolf
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versucht? Alles, was das brachte, war, dass ihr sie angezündet habt, und …«
    »Meine Sippe hat gar nichts angezündet«, warf Teriasch ein. »Wir wussten nicht einmal, dass es diese Türme gibt.«
    »Widersprich mir nicht!«, rügte ihn Arka. »Ihr habt diese Türme immer wieder angezündet. Bis zu dem Tag, als unser Pollox beschlossen hat, dass ihr nur anzünden könnt, was ihr auch findet. Und dann hat er Türme bauen lassen, die man verschieben kann. So einfach war das. Und so schrecklich unnütz.«
    »Wieso?«
    »Hast du dich mal umgesehen?« Arka wirkte regelrecht beleidigt. »Hier gibt es nichts, was es sich zu holen lohnt. Wenn man aus Gras Seide machen könnte, dann vielleicht, ja. Aber so … Unsere Späher sagen, diese Steppe reicht im Osten bis zu den Bergen des Weltenwalls, im Norden bis zur Weißen Öde und im Südosten bis zum Trägen Meer. Wir hätten nie einen Fuß über den Margo setzen sollen, wenn du mich fragst. Weder seid ihr eine ernst zu nehmende Bedrohung, noch kann man lohnenden Handel mit euch treiben.« Er seufzte. »Kein Wunder, dass wir es bei dem einen Fuß belassen haben. Wir haben euch bei ein, zwei kleinen Überfällen an euren merkwürdigen Versammlungsorten ordentlich eins über die Rübe gegeben und dabei hier und da ein paar von euch eingefangen, damit ihr wisst, dass ihr euch nicht mit uns anlegt und die reichsten Völkersammler zufrieden sind. Danach haben wir euch hübsch Wilde sein lassen. Und bis vor drei Jahren sah es so aus, als ob das alles auch so bleiben würde.«
    »Und dann?«
    »Dann hat unser Dominex – gepriesen sei er! – beschlossen, euch in das Haus zu holen, in dem alle Häuser sind. Weiß die Krähenfrau warum. Ich vermute, irgendein gelangweilter Numates in seiner Prunkvilla oder irgendein Manufakturverwalter mit zu viel Zeit zum Rechnen fand es schön oder nützlich oder beides, die Zahl der Sklaven mächtig hochzuschrauben.«
    »Was sind Numates? Was sind Sklaven?« Teriasch schwirrte der Kopf. »Was sind Manu… Manufa…«
    »Was?« Arka war aus dem Tritt geraten und danach stehen geblieben, den Kopf schief gelegt. »Du weißt nicht, was ein Sklave ist?«
    »Nein.«
    Arka ächzte und schloss wieder zu Teriasch auf. »Pass auf. Ein Sklave ist jemand wie du.«
    Treibt er Scherze mit mir? »Ist Sklave ein Wort für jemanden, der auf der Steppe geboren ist?«
    Arkas Antwort fiel ebenso rätselhaft wie erschreckend aus. »Es ist ein Wort für jemanden, der nicht sich selbst, sondern einem anderen gehört.«
    Teriasch rätselte noch über das Unbegreifliche, was Arka ihm über Sklaven berichtet hatte, als der Zug am Rand der Welt anlangte. Es kündigte sich dadurch an, dass das Gras einem nun bis fast an die Schultern reichte und ein immer satteres Grün annahm. Ein weiterer Hinweis darauf, dass der Fluss, der für die Pferdestämme die Grenze ihrer ewigen Wanderungen über das Antlitz der Welt markierte, nicht mehr fern war, bestand aus der wachsenden Zahl an Gehölzen. Hier waren die Bäume keine dürren Zwerge mehr, die ihre Wurzeln trotzig tief in den Boden trieben, um im dunklen Bauch der Erde nach Wasser zu suchen. Nein, das hier waren feiste Riesen, die stolz ihre Häupter in den Himmel reckten und in ihrer Eitelkeit die Blätter groß und dicht sprießen ließen.
    Immer, wenn Pukemasu ihrem Schüler gegenüber den Aglala erwähnt hatte, waren ihre Erzählungen über diesen Fluss zugleich deutliche Warnungen gewesen: »Es ist der Fluss, dessen fernes Ufer man nie betritt.«
    »Weil er so tief und so breit ist, dass man in seinen Wassern ertrinkt?«, hatte Teriasch einmal nachgehakt.
    Da war in Pukemasus Augen etwas vorbeigehuscht, das er nur selten darin gesehen hatte: Furcht. »Nein, Starna hat uns aus einem anderen Grund verboten, diese Grenze zu überschreiten. Dahinter wohnen keine ehrlichen Geister mehr, die es gut mit uns Menschen meinen. Nur noch verlogene, niederträchtige Geschöpfe, die uns mit ihren Einflüsterungen dazu bringen wollen, alles aufzugeben, was wir sind. Deshalb ist der Aglala der Rand der Welt, und deshalb achten wir die Gebote der Ewigen Wanderin.«
    Starnas Gebote wurden auch von den anderen Sippen hochgehalten, nicht nur von den Schwarzen Pfeilen. Dementsprechend große Unruhe löste der Anblick des Flusses bei den Gefangenen aus. Mehr Wasser, als Teriasch je gesehen hatte, glitzerte als breites Band in der Sonne. Es floss ruhig, fast schon träge dahin, braun von der vielen Erde, die es mit sich führte.
    Der Zug

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