Heldenzorn: Roman (German Edition)
weiche Fleisch freizulegen. Knochen knirschten, von kräftigen Kiefern zermalmt. Muskeln und Sehnen rissen mit feuchten, schnalzenden Geräuschen.
Teriasch kniete sich ins Gras, schloss die Augen, legte den Kopf in den Nacken und lachte. Sein gesamter Leib war schweißnass, und auch nach diesem Ausbruch seines Zorns fühlte er sich schwach und ausgelaugt, doch es war die zufriedene Erschöpfung nach einem großen Triumph.
Das Publikum war angesichts des Festmahls, das die Feles hielten, uneins: Viele schlugen die Hände vors Gesicht oder wandten sich ab, doch beinahe ebenso viele hielten ihre Blicke gebannt darauf gerichtet, wie die Löwen das Fleisch verschlangen, das eben noch Demeto Karis gewesen war.
Es raschelte neben Teriasch, und er schlug die Augen auf.
Rukabos Wangen waren unter all dem Blut kreidebleich. »Du Wahnsinniger! Was hast du getan?«
Teriasch lächelte. »Ich habe den Harten Menschen gegeben, was sie sehen wollen. Blut. Blut, Zorn und Hass.«
»Du hast uns umgebracht«, heulte Rukabo auf.
Was meint er? »Wir haben den Kampf gewonnen.«
»Und was nützt uns das?« Der Halbling zeigte zur Krone der Mauer, die den Kampfplatz begrenzte. Die Wachen hinter den niedrigen Zinnen hatten ihre Waffen im Anschlag und schienen nur auf ein Zeichen von Silicis zu warten, ehe sie schossen. »Besten Dank, du Barbar! Du hast aus mir ein schönes Rätsel für die Leichenwäscher gemacht. Die werden sich fragen, ob sie ein Pferd oder einen Igel vor sich haben, sobald man mich bei ihnen im Tempel abliefert.« Er drehte sich zu den Wachen um und schlug sich auf die Brust. »Kommt schon, ihr nusslosen Buntfinken. Wer von euch Strichern will seinem Zuhälter erzählen, dass er den Kater von Kalvakorum erlegt hat?«
Einen Wimpernschlag später flogen die Bolzen.
7
»Ist es nicht verwunderlich, dass die Schwarze Sternenblüte, deren Rauch den Geist öffnet, nur an den Hängen des Weltenwalls gedeiht?«, fragte der Zögling.
»Erkläre dich«, forderte ihn sein Meister auf.
»Der Weltenwall ist eine Grenze, wie sie unüberwindbarer nicht sein könnte«, sagte der Zögling. »Weshalb wächst auf der einen Seite einer solchen Grenze eine Pflanze, die dem Geist jede Grenze nimmt?«
Da lächelte der Meister milde. »Damit Kinder wie du lernen, nicht an unüberwindbare Grenzen zu glauben.«
Aus dem Leben und den Lehren eines Meisters der Beinernen Zitadellen
»Ich sage es dir jetzt zum hundertsten Mal, du störrischer Esel.« Rukabo hielt gebührenden Abstand zu der Schubkarre mit Mist, die Teriasch schob, und seine Stimme klang noch tadelnder als zuvor, da der Halbling sich beim Sprechen die Nase zuhielt. »Diese feine Prinzessin hat nicht das Geringste damit zu tun, dass wir noch am Leben sind. Sie war nur auf Blut aus, wie alle anderen in der verbockten Arena. Punktum.«
»Glaub du, was du willst, und ich glaube, was ich will.« Teriasch steuerte den Misthaufen an, der in einer Ecke des gepflasterten Innenhofs zwischen den Stallungen aufgeschichtet war. »Ich glaube, sie hat Silicis im entscheidenden Augenblick ein Zeichen gegeben. Und daher mussten nicht wir, sondern die Feles sterben.«
»Das mit dem Glauben ist ja gemeinhin nicht so leicht«, sagte Rukabo. »Ich meine, es gibt natürlich Dinge, die leicht zu glauben sind. An die Götter zum Beispiel, an die kann man sehr leicht glauben. Warum würde man ihnen sonst so viele Tempel bauen und alle Naselang etwas opfern? Das sind sichtbare Zeichen ihrer Existenz. Aber du und deine feste Überzeugung, was diese Prinzessin anbelangt, das ist doch wohl völlig aus der Luft gegriffen. Es sei denn, du hast Beweise!«
Teriasch kippte wortlos die Schubkarre um und lud die feuchten Kugeln ab, die den Rüsselschnauzen in der vergangenen Nacht aus den Hintern gefallen waren.
Rukabo bequemte sich, seinen Teil der Arbeit anzugehen, und kratzte einhändig mit einer kleinen Schaufel die klebrigen Reste der Probaskaäpfel aus der Karre. »Versteh mich nicht falsch. Ich bin kein Klotz. Ich kann deine Vernarrtheit gut nachempfinden. Sie sieht ja auch fast so aus, als würde sie aus deinem Volk stammen, und in der Fremde klammert man sich eben an alles, was einem vertraut erscheint.«
»Warst du schon einmal in der Fremde?«, fragte Teriasch.
»Nein.« Rukabo beschleunigte sein Scharren. »Man wird nicht zum Kater von Kalvakorum, indem man sich überall in der Weltgeschichte herumtreibt. Aber einige entferntere Verwandte von mir aus der alten Heimat sind als fahrende
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