Heldenzorn: Roman (German Edition)
Wortwahl, die es Teriasch ab und zu schwer machte, den Sinn dahinter zu erfassen, weil Paetus offensichtlich durchgängig darauf verzichtete, andere unverhohlen anzusprechen. »Sie schnattern wie Erpel im Zank.«
»Du mich auch«, knurrte Rukabo, um sogleich erschrocken zu quieken, da sich die Bank, auf der er saß, unter Gigas’ Gewicht bedenklich durchbog.
Gigas lachte – ein tiefes Summen und Brummen, als hätte er einen ganzen Schwarm Hornissen im Bauch – und tätschelte Rukabo zart die Füße. »Borsten«, gluckste er. »Schwein.«
»Er behauptet, ein Kater zu sein«, merkte Teriasch an.
»Der Grund für diesen Streit muss ein ernster sein«, sagte Paetus und griff ohne zu fragen nach Teriaschs Becher, um ihn sich aufzufüllen. »Es ist unklug für Sklaven, untereinander Streit zu führen.«
»Ja, ja«, maulte Rukabo und zog die Beine an. »Als ob du und dein schwachsinniger Kumpan kein Kollare um den Hals hättet …«
»Wir tragen es in Würde«, erwiderte Paetus ungerührt. »Wie wir alle Dinge ertragen, die durch unser Klagen nicht zu ändern sind.«
Teriasch lächelte, obwohl er einen feinen Stich des Heimwehs in seinem Herzen spürte. Er klingt wie Pukemasu …
»Nicht streiten«, sagte Gigas. Seine dicken Finger strichen über den Metallreif, der ihn als Sklaven auswies. »Streiten macht nicht frei.«
»Das brauchst du mir nicht zu erzählen.« Rukabo verschränkte die Arme vor der Brust. »Sag das unserem Häuptling. Er muss ja nicht mehr tun, als zumindest zuzugeben, dass er weiß, wie er das mit den Feles angestellt hat.«
»Ah.« Paetus nickte. »Davon habe ich viel gehört. Das ist einfach.«
»Einfach?«, sagten Teriasch und Rukabo wie aus einem Mund.
»Ja, einfach.« Paetus sah Teriasch an. Da die Augen des Greises so schmal waren und in dem Gewirr aus Falten auf seinem Gesicht nahezu untergingen, hatte sein Blick etwas zutiefst Beunruhigendes – fast so, als könnte er jedem Menschen, den er fixierte, bis auf den Grund der Seele schauen.
Es war nicht ganz von der Hand zu weisen, dass dem womöglich wirklich so war. Sofern man der Geschichte Glauben schenken konnte, die Rukabo und Teriasch in der Speisehalle von einem der Sklaven aufgeschnappt hatten, die regelmäßig zu Kämpfen in der Arena antraten. Paetus, so hatte der Arenistus ihnen zugeflüstert, war angeblich von Silicis schon vor Ewigkeiten in den Stallungsdienst versetzt worden, weil der Alte aus dem Osten nie verstanden hatte, worum es in der Arena ging. Ja, es hieß zwar, Paetus könne Bolzen im Flug fangen und mit bloßen Händen Rüstungen durchschlagen. Doch was nutzten diese schrecklichen und zugleich wunderbaren Fertigkeiten, wenn man sie nicht im Sinne einer gelungenen Unterhaltung des Publikums einzusetzen vermochte? Paetus hatte dem Vernehmen nach all seine Gegner immer auf die gleiche Weise bezwungen, ungeachtet dessen, ob er gegen Tiere, verurteilte Verbrecher oder hervorragend ausgebildete Recken aus Silicis’ eigenem oder einem fremden Stall antrat – so schnell, dass man als Zuschauer alles verpasste, wenn man auch nur einmal blinzelte.
»Er ist ein Mensch, durch den das Feuer spricht«, sagte Paetus jetzt.
»Klar. Ganz einfach.« Rukabo verdrehte die Augen. »Das Feuer spricht durch ihn.«
»Ruhe«, ermahnte Teriasch den Halbling. »Was meinst du damit, Paetus?«
»Alles in der Welt ist ein Ausdruck des ewigen Zusammenspiels der Elemente, in dem sie zueinander finden und voneinander scheiden.« Paetus breitete die Arme aus. »Dieser Tisch. Der Baum. Der Krug. Der Misthaufen. Jeder Mensch. Auch wir. Unsere Eigenschaften, die guten wie die schlechten, sind ein Spiegel der Elemente in uns. Der Wankelmut und die Zielstrebigkeit des Windes. Die Sturheit und die Standhaftigkeit der Erde. Die Heiterkeit und die Flüchtigkeit des Wassers. Die Wärme und der Zorn des Feuers. In vielen von uns sind die Elemente niemals ganz im Einklang, niemals ganz im Gleichgewicht. Bei einigen …« Er wies auf Teriasch. »Bei einigen verdrängt eines der Elemente die anderen und durchdringt den Kern dieser Menschen, bis das Element durch sie sprechen kann. Es leitet sie und wird von ihnen geleitet. Es nährt sie und wird von ihnen genährt. Es erfüllt sie mit Macht und wird von ihnen mit Macht erfüllt.«
Gigas streckte einen Finger nach Teriaschs Gesicht aus, langsam und ehrfürchtig, doch er hielt im letzten Moment inne, bevor er die Haut berührte. »Heiß. Warum?«
Teriasch rutschte ein Stück von dem schartigen
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