Heldenzorn: Roman (German Edition)
Keule locker auf der Schulter. »Welcher Plan? Noch haben wir keine Abmachung getroffen, Drache.«
»Erzähle mir nicht, du wärst dem Kala Hantumanas noch nicht begegnet, Menschlein«, sagte Schwarzschwinge. »Oder dass du es nicht geschafft hättest, dich seinen Verheißungen zu widersetzen. Warum sonst sollten wir diese Unterhaltung führen?«
Teriasch legte die Stirn in Falten. »Du sprichst von dem Ding mit den vielen Armen, das mich zu sich in die Finsternis hinabziehen will.«
»So ist es.« Schwarzschwinge nickte. »Der Kala Hantumanas. Die Wurzel unserer beiden Knechtschaft. Der, der von Liebe flüstert und doch nur Unterwerfung meint.«
Ein kalter Schauer lief Teriasch über den Rücken. »Was ist er?«
»Es gibt Geschöpfe in dieser Welt, die waren schon alt, als selbst wir Drachen noch jung waren«, erklärte Schwarzschwinge. »Der Kala Hantumanas ist nur eines davon. Unter meinesgleichen heißt es, er sei entstanden, als zum ersten Mal das Herz eines fühlenden Wesens von Eifersucht erfüllt war, weil es zugunsten eines anderen zurückgewiesen wurde. Er verkörpert den Wunsch, Liebe zu erzwingen, wo keine Liebe ist. Die Sehnsucht, willenlose Gefügigkeit zu erschaffen, weil der wahre Wille keine Gefügigkeit zulässt. Er lauert tief im Innern der Erde, wie alle anderen aus seiner Brut, weil sie nur im Dunkeln gedeihen. Doch manchmal lockt sie etwas nach oben. Wenn sie spüren, dass es dort droben im Licht jemanden gibt, der ihre Wünsche und Sehnsüchte teilt. Dann wühlen sie sich empor, getragen von vergifteten, süßen Wassern, in die sie ihren verderbten Laich abgesondert haben, und sie wispern ihre Geheimnisse demjenigen zu, der sie gerufen hat. Sie umschmeicheln ihn und verführen ihn, all die Dinge zu tun, zu denen ihm bis dahin der Mut oder der Wahnsinn fehlte. Und so war es auch beim Kala Hantumanas, dem Wurm der alles umschlingenden Liebe. Er fand einen Mann, der nicht nur von einem anderen Menschen geliebt werden wollte und verschmäht worden war. Er fand einen, der um die Liebe eines ganzen Volkes buhlte und keine Erfüllung erfuhr. Und er lehrte diesen Mann die verderbten Wege, sich einen Gehorsam zu sichern, den man nur als Verblendeter für Liebe halten kann.«
»Dann ist der Kala Hantumanas das urmächtige Geschöpf des Wassers, das der Subveheros knechtete und über das der Dominex nun gebietet?«, fragte Teriasch.
»Du verwechselst Ross und Reiter. Ausgerechnet du als Steppenkind.« Der Drache lachte. »Ganz gleich, was der Mann und sein Sohn sich auch eingeredet haben, und ganz gleich, welche Lügen sie unter ihren Untertanen verbreiten lassen, ist der Kala Hantumanas nicht ihr Sklave. Es verhält sich genau umgekehrt. Er hat sie in Besitz genommen. Wie nannte der Mann sein ehrgeiziges Werk? Das Haus, in dem alle Häuser sind? Alles Unfug, alles Tand. Alles, was er zustande gebracht hat und was sein Sohn bis heute aufrechterhält, ist, dem Kala Hantumanas ein ganzes Reich voller Spielzeuge zu geben. Jeder Mensch, der ein Kollare trägt, gehört am Ende ihm.« Schwarzschwinge senkte traurig den Blick. »Doch was verspotte ich dich? Ich habe auch so ein verfluchtes Ding um den Hals. Ich bin nicht besser als die Mutter aller Rüssel. Ich bin nicht einmal besser als du, Menschlein. Deshalb brauche ich dich ja …«
Die Niedergeschlagenheit des Drachen schien Teriasch aufrecht genug, um noch einen Schritt auf ihn zuzugehen. »Wofür?«, fragte er. »Wofür brauchst du mich?«
»Um den Kala Hantumanas dorthin zurückzuschicken, wo er hingehört«, antwortete Schwarzschwinge. »Unter die Erde.«
»Ich soll dir dabei helfen, diese Kreatur zu besiegen?« Teriasch kam die Keule in seiner Hand mit einem Mal sehr lächerlich vor. »Wie soll das gehen?«
»Ich kann dir eine Waffe geben, mit der du gegen ihn antreten kannst.« Schwarzschwinge öffnete und schloss das Maul in einem spielerischen Biss. Klirrend wie tausend Klingen schlugen seine Zähne aufeinander. »Du musst sie dir nur bei mir holen.«
Obwohl die angriffslustige Geste des Drachen nicht ihm gegolten hatte, wich Teriasch dennoch einen Schritt zurück. »Und wo finde ich dich?«
»Wo würdest du denn nach mir suchen?« Wieder lachte der Drache. »Im Turm der Erde, wo die Mutter aller Rüssel ihren tumben Träumen nachhängt? Im Turm des Wassers, in dem unser Feind seine Listen ersinnt?«
»Im Turm des Windes«, sagte Teriasch leise. »Du bist im Turm des Windes gefangen.«
»Natürlich. Wo sonst?«
»Warte!« Teriasch
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