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Heldenzorn: Roman (German Edition)

Heldenzorn: Roman (German Edition)

Titel: Heldenzorn: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonas Wolf
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und benutzt neben seinen Biss auch seine Klauen, um sein Opfer zu töten. So viel Zeit es sich beim Heranpirschen lässt, so rasch und grausam schlägt es zu. Es jagt nämlich hauptsächlich trägere Echsen, die auf schnelle Bewegungen in ihrer Nähe mit Flucht reagieren.«
    »Sie könnte also überall sein.« Carda stieß Silicis mit dem Streitkolben vor die Brust. »Wir brauchen einen sicheren Ort für Ihre Hoheit, bis diese Kreatur zur Strecke gebracht ist.«
    »Ja. Ja.« Silicis zeigte der Leibwächterin den roten Ring an seiner Rechten. »Hier. In meiner Schreibstube gibt es eine gesicherte Kammer. Dort wird ihr nichts zustoßen. Mein Wort darauf.«
    »Schwafel nicht! Bring uns hin!«
    Silicis eilte schnaufend voran, Schweiß auf der Stirn, die Hand so tief in seine Seite vergraben, als wollte er sich die Galle eigenhändig herausreißen. Die anderen folgten ihm, Carda an Nescas Seite, Teriasch und Rukabo bildeten die Nachhut des kleinen Zuges.
    »Platz da! Platz da, ihr Narren!«, rief Silicis auf dem Weg zum Tor.
    Gigas raunte noch immer »Schön! Schön!«, ließ sich aber bereitwillig von Paetus beiseiteziehen. Schon war Silicis an dem Riesen vorbei, doch als Carda und Nesca an ihm vorüberschritten, verstummte Gigas, haschte nach einem der weiten Ärmel von Nescas Kleid und zerrte sie daran dicht an seinen grauen Leib.
    Wortlos schlug ihm Carda den Streitkolben auf die Finger, Gigas löste seinen Griff jedoch nicht. Er wankte nur rückwärts drei Schritte auf den Hof hinaus, und Nesca taumelte ihm gezwungenermaßen nach.
    »Was hat er?«, fragte sie, die leiseste Spur Beunruhigung in der Stimme.
    »Als ob wir jetzt auch noch einen schwachsinnigen Riesen bräuchten, dem die Nerven durchgehen«, keuchte Rukabo hinter Teriasch.
    Carda holte zu einem weiteren Hieb aus. Paetus fiel ihr mit einer Geschmeidigkeit, die sein Alter Lügen strafte, in den Arm. »Schläge werden ihn nur wütend machen«, sagte der Greis.
    »Pfeil!«, grunzte Gigas aufgeregt und legte den massigen Kopf in den noch massigeren Nacken, um irgendwo nach schräg oben zu blicken. »Pfeil!«
    »Er sieht wohl einen Pfeil«, stellte Paetus unnötigerweise fest und sah dorthin, wohin der Riese schaute.
    Carda nutzte die Ablenkung und wollte Paetus ihren Arm entreißen. Alles, was sie damit erreichte, war, dass der Alte einen halben Schritt vor ihr zurückwich und Nesca auf den Fuß trat.
    »Au!« Nesca zeigte endlich eine Regung, die der Lage halbwegs angemessen war. Sie hüpfte kurz auf einem Bein, prallte gegen Gigas’ Bauch und wäre gestürzt, wenn Teriasch nicht herbeigesprungen wäre, um sie zu stützen.
    Warum mache ich das? Ich hasse sie!
    »Pfeil!«, donnerte Gigas. »Pfeil!«
    Paetus stieß eine schrille Silbe in der Sprache seiner Heimat aus. Sein freier Arm wurde zu einem verwaschenen Schemen, der über seine Brust huschte. Dann hielt er plötzlich einen kurzen gefiederten Bolzen in den Fingern.
    Carda erstarrte.
    »Nein«, hauchte Nesca, und ihre Finger krallten sich fest in Teriaschs Schulter.
    »Leck mir die Nüsse!«, entfuhr es Rukabo.
    »Pfeil?«, kam es erstaunt aus dem Mund des Riesen.
    Silicis stöhnte nur.
    »Der Schütze flieht«, sagte Paetus ruhig. Er deutete mit der Spitze des Bolzens auf die Zinnen einer nahen Mauer.
    Teriasch riss den Kopf nach oben. Ihr Geister! Ein schlanker Mann sprang so geschickt und ohne jedes Zögern von Zinne zu Zinne, als hätte er sein ganzes Leben damit verbracht, akrobatische Kunststücke in schwindelnder Höhe zu vollführen. Er war ganz in braunes Leder gekleidet, das seinen Körper umhüllte wie eine zweite Haut – einschließlich einer Maske, die bis auf schmale Schlitze für Mund, Nase und Augen seinen gesamten Kopf umschloss. In einer Hand hielt er eine Arkakrux, die kaum größer war als seine Faust.
    Nesca riss sich von Teriasch los. »Worauf wartest du? Hol ihn dir«, befahl sie Carda.
    Carda rührte sich nicht. »Mein Platz ist bei Euch, Hoheit.«
    »Dein Platz ist dort, wo ich es dir befehle!«, sagte Nesca scharf. »Du könntest schon längst auf der Mauer sein.«
    Die Kiefermuskeln der Scharlachroten Rose spannten sich an, doch sie rannte los, zu einem Schuppen, erklomm das Dach, hielt inne und brüllte: »Bring sie endlich in deine verbockte Kammer!«
    Silicis stand stramm, nur um gleich wieder in der Hüfte einzuknicken, das Gesicht schmerzverzerrt.
    Carda war bereits vom Dach des Schuppens auf das des Stalls geklettert, von wo aus sie offensichtlich plante, dem Mann in

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