Heldenzorn: Roman (German Edition)
mitfühlenden Ton an. »Mir wurde anfangs empfohlen, mehr Fisch zu essen, aber das hat mir immer nur den Darm gereizt, bis mir der After wund war. Inzwischen habe ich zum Glück einen Herrschaftlichen Heiler gefunden, der etwas von Innereien versteht.« Er wandte sich zu einem der beiden Gardisten um, die links und rechts neben der Tür Aufstellung bezogen hatten. »Barditus, sei so gut und lauf in den Palast zurück. Bestell Rumex schöne Grüße von mir. Sag ihm, er wird hier gebraucht. Er soll frische saure Früchte aus den Hainen mitbringen. Es geht um eine Galle.«
Der Gardist schlug sich mit der Faust auf die Brust und eilte im Laufschritt los.
Silicis standen plötzlich Tränen in den Augen. »Zu … zu gütig.«
»Ich helfe, wo ich kann«, sagte der Pollox. »Das ist meine Aufgabe.« Er hob die Hand und bückte sich ein wenig, als wollte er Silicis vorsichtig über den Rücken streichen, überlegte es sich jedoch anscheinend anders und richtete sich wieder auf. »Wo sind die Leichen dieser Attentäter?«, fragte er Carda.
Nescas Leibwächterin blickte weiter nur die andere Scharlachrote Rose an, als sie ihm antwortete. »Der eine ist uns entkommen.«
»Uns?« Der Pollox stutzte und zupfte an dem Ring an seinem rechten Ohrläppchen, der so intensiv schimmerte, dass das Silber nur mit weißem Skaldat vermengt sein konnte.
»Der schmaläugige Greis da hat mit mir die Verfolgung aufgenommen.« Carda furchte die Stirn. »Wir waren recht nahe an ihm dran. Dann ist er in eine Gasse hinter der Arena abgebogen. Eine von den Gassen, in denen Bettler Schutz vor der Mittagshitze und geizige Freier nach billigen Huren und Maulknaben suchen. Er hat eine Handvoll Münzen hinter sich geworfen, und wir sahen uns gezwungen, auf eine Menge gieriger Hände zu treten. Als wir diese Barriere überwunden hatten, war der Letzte Seufzer verschwunden.«
»Natürlich«, knurrte die andere Scharlachrote Rose. »Ein morscher Stamm gibt nur schlechtes Holz für Spaliere.«
Teriasch hatte nicht die geringste Ahnung, worauf die Frau anspielte.
Nesca hingegen schien die rätselhafte Äußerung mühelos deuten zu können. »Jeglicher Spott gegenüber diesem Mann ist völlig unangebracht, Diantis.«
»Mein Spott galt nicht ihm, Pupula«, erwiderte die Kriegerin ruhig.
Teriasch sah, wie Carda einen Wimpernschlag lang die Zähne bleckte.
»Er hat mir das Leben gerettet«, fuhr Nesca fort und deutete dabei auf Paetus. »So unglaublich es sich anhören mag, er hat mit bloßen Händen einen Bolzen gefangen, der mir ansonsten das Herz durchbohrt hätte.«
Teriasch biss sich auf die Zunge. So ist es nicht gewesen. Ja, Paetus hat den Bolzen gefangen, aber er hätte sonst sein Herz getroffen, nicht ihres. Warum macht sie das? Warum lügt sie? Nimmt sie ihn vor dieser Kriegerin in Schutz? Oder verteidigt sie Carda vor ihr? Er sah zu Paetus, der neben ihm an der Wand lehnte. Der flinke Greis vom Weltenwall zuckte ob Nescas Schilderung der Ereignisse nicht einmal mit der Wimper, und seine Miene blieb auch dann noch gelassen, als der Pollox ihn eindringlich musterte.
»Er hat Euer Leben gerettet …«, murmelte der Mann, der der oberste Diener eines Monstrums war, nachdenklich, ehe er die Stimme wieder hob. »Ich entnehme den Aussagen der Pupula, dass du von ihrer Seite gewichen bist, Carda. Oder habe ich da etwas falsch verstanden?«
»Das hast du nicht, Kontentio«, antwortete Nesca anstelle ihrer Leibwächterin. In ihren Augen glomm ein wilder Funke auf, wie ihn Teriasch oft bei den jungen Frauen seiner Sippe gesehen hatte, sobald man sie zu sehr neckte und aus einem eigentlich heiteren Spiel unversehens mit einer aufgesprungenen Lippe hervorging. »Sie hat auf mein ausdrückliches Geheiß gehandelt. Nur ein Advokat von äußerst simplem Gemüt, der nicht weiß, dass für eine Pupula andere Regeln gelten als für eine einfache Edeldame, könnte behaupten, Carda habe ihre Schwüre gebrochen. Sie hat nur das getan, was ich von ihr verlangt habe. Wenn du unbedingt auf jemanden einen Groll hegen musst, dann hege ihn bitte auf mich.«
Der Pollox fasste sich an die Brust, als hätte Nesca ihm einen Dolch in den Leib gerammt. »Nichts stünde mir je ferner, Pupula.«
»Warum? Nur weil ich die Lieblingstochter meines Vaters bin?«, fragte Nesca gehässig.
»O Pupula …« Die Lippen des Pollox bebten. »Weil meine Gefühle für Euch denen Eures Vaters in nichts nachstehen. Vergesst nicht, ich habe damals Eure Mutter in seinen Palast
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