Heldin wider Willen
verstand, was die in ihrer eigenen Sprache äußerten. Solange sie nichts tun konnte, tat sie auch nichts.
Aber jetzt… sie dachte darüber nach, während sie sich
scheinbar furchtsam vor den groben, blutbefleckten Händen des Anführers wegduckte. »Du wirst dich gut benehmen, nicht
wahr?«, fragte er. »Du denkst doch sicher nicht daran,
jemandem von uns irgendwelche Schwierigkeiten zu machen
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…« Sie gab ein leises Stöhnen von sich und zitterte und sagte sich, dass es bald vorüber war, auf die eine oder andere Art.
Sie saß an der falschen Arbeitsstation, und die Bluthorde hatte es nicht bemerkt. Diese Typen waren schreiend und
schießend hereingestürmt, und sobald sie fertig waren … Bei all den Leichen, die herumlagen, und dem Lärm, den alle machten, hatte Jakara mit einer toten Frau die Namensschilder getauscht, ohne dass es bemerkt wurde. Zu dem Zeitpunkt hatte sie noch nicht recht gewusst, warum sie es tat. Irgendein Instinkt trieb sie dazu, und während das Kommunikationspult leer zurückblieb und sich Jakara an die Umweltsteuerung setzte, wo
normalerweise Corporal Ascoff saß, fing sie an, sich zu
überlegen, was sie unternehmen konnte. Keiner ihrer
Schiffskameraden hatte etwas gesagt, obwohl sie einige Blicke bemerkte … Nach dem, was mit Sergeant Blanders geschah,
blickte allerdings keiner mehr irgendwohin, außer auf die eigene Arbeit.
Das Umweltsystempult war mit der Schiffssicherheit verbunden, ein weiteres Pult, das die Bluthorde unbesetzt ließ, nachdem sie die Prioritätscodes geändert hatte. Möglicherweise wussten sie nichts von dieser Verknüpfung; Jakara hätte es selbst auch nicht gewusst, da sie üblicherweise am Kompult saß, aber sie und Alis Ascoff gehörten lange genug derselben
Brückenschicht an, um Einzelheiten über die Arbeit der jeweils anderen zu wissen. Sowohl der Sicherheitsdienst als auch die Umweltsteuerung fand womöglich Gründe, um die Flügel vom Kern abzutrennen oder das Lebenserhaltungssystem in die Hand zu nehmen.
Falls die Eindringlinge zu genau hinsahen –wie sie es getan hatten, mit zehn Mann, die stets wachsam waren und ständig 540
hinter der Brückenbesatzung herumliefen –, konnte Jakara nichts tun. Aber falls sie jetzt nur drei Leute zurückließen …
dann blieb sie irgendwann mal für einen Augenblick
unbeaufsichtigt und … was tat sie dann am besten? Falls sie alle Flügel öffnete, breitete sich das Schlafgas dann einfach in den Kern aus und machte dort alle bewusstlos?
Der Captain war nach T-l gegangen, um sich mit den
Admirals zu besprechen. Das wusste Jakara; sie hatte den Captain auf der Brücke gesehen, kurz bevor die Einsatzgruppe der Bluthorde hereinstürmte und die Brücke übernahm. Falls also der Captain noch lebte, war er in T-l, und vielleicht traf das auch auf die Admirals zu. Falls er noch nicht tot war.
Falls du dich nicht entscheiden kannst, sagte ihre Mutter immer, tue trotzdem irgendwas. Zum Glück musste das
Umweltsystem für den Kern häufig neu eingestellt werden, wenn es von den Flügeln getrennt war. Sie hatte das ernst erklärt, als sie zum ersten Mal etwas auf dem Pult hatte bedienen müssen. Ein Mann von der Bluthorde hatte sich über sie gebeugt – unangenehm dicht für sie – und das Display lange angestarrt, ehe er ihr Erlaubnis gab, etwas anzufassen. Nach der zehnten oder elften Umstellung ließ dann die Aufmerksamkeit der Bewacher nach, und sie fragten nur noch hin und wieder, wenn das Display ein gelbes Band statt ein grünes zeigte, wie lange genau sie dem zuzusehen gedachte.
Die drei Zurückgebliebenen waren sicher nervös. Sie hörte zu, wie die anderen aufbrachen, drehte sich aber nicht um.
Jemand anderes tat es; sie hörte den Schlag und den wütenden Befehl, sich wieder um die Arbeit zu kümmern. Sie behielten sie bestimmt im Auge … aber würden sie auch begreifen, was sie tat? Ein gelbes Flackern war auf ihrem Pult zu sehen, genau wie 541
zuvor. Anders als die Flügel verfügte der Kern nicht über eine große Hydroponik-und Gartensektion zur Produktion von
Sauerstoff und zur Aufnahme von Kohlendioxid; der Sauerstoff entstammte der Elektrolyse von Wasser aus dem Teich auf Deck 1, und Jakara musste darauf achten, dass die Wasserstoff-Kollektoren nicht überliefen. Außerdem musste sie neue
Kohlendioxidfilter hinzuschalten. Sie machte sich daran, die entsprechenden Befehle einzugeben, und wie erwartet, trat einer der drei hinter sie.
»Was ist es diesmal?«
»Der Wasserstoff,
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