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Helikopter-Eltern: Schluss mit Förderwahn und Verwöhnung (German Edition)

Helikopter-Eltern: Schluss mit Förderwahn und Verwöhnung (German Edition)

Titel: Helikopter-Eltern: Schluss mit Förderwahn und Verwöhnung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Josef Kraus
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kritischen Widerstand und zur Skepsis gegenüber solchen Verführern ist nur fähig, wer sich durch seine Erziehung mit Vorgegebenheiten in Übereinstimmung befindet.
    Fünftens: Wir wenden uns gegen den Irrtum, die Schule hätte die Kinder anzuleiten, «ihre Interessen wahrzunehmen». In Wahrheit gibt die Schule damit die Kinder in die Hand derer, die diese Interessen nach ihren eigenen politischen Interessen auszulegen wissen. Denn bevor man eigene Interessen wahrnehmen kann, muss man in die Lebensverhältnisse eingeführt sein, in denen eigene Interessen sich erst bilden.
    Sechstens: Wir wenden uns gegen den Irrtum, mit der Gleichheit der Bildungschancen fördere man die Gleichheit derer, die sich in Wahrnehmung dieser Chancen bilden wollen. In Wahrheit setzt Chancengleichheit stets ungleich verteilte Möglichkeiten ihrer Nutzung frei, und diese Ungleichheit, die sich als Folge realisierter Chancengleichheit erst herstellt, bedarf politischer und moralischer Anerkennung. Denn ohne diese Anerkennung zerstört Chancengleichheit die bürgerliche und menschliche Solidarität derer, denen sie zugute kommen sollte.
    Siebtens: Wir wenden uns gegen den Irrtum, man könne über die Schule Reformen einleiten, die die Gesellschaft über ihre politischen Institutionen nicht selber einleiten will. In Wahrheit isoliert man damit die Schule und ihre Schüler gegenüber der Gesellschaft. Denn keine Gesellschaft kann eine Schule als ihre eigene Schule anerkennen, die ihre Schüler eine ganz andere Gesellschaft als ihre eigene anzusehen lehrt.
    Achtens: Wir wenden uns gegen den Irrtum, die Verwissenschaftlichung des Unterrichts sei die erzieherische Antwort auf die Herausforderung unserer wissenschaftlichen Zivilisation. In Wahrheit erschwert man auf diese Weise die Erziehung zur Fähigkeit, sich in der wissenschaftlichen Zivilisation an Gegebenheiten und Maßstäben zu orientieren, die eigener Erfahrung zugänglich sind. Denn selbst noch das spätere Erlernen einer Wissenschaft setzt Kompetenzen voraus, die sich schulisch nicht auf dem Wege der Rezeption wissenschaftlicher Informationen erwerben lassen.
    Neuntens: Wir wenden uns gegen den Irrtum, optimale Erziehung sei maximal professionalisierte und institutionalisierte Erziehung. In Wahrheit ist Erziehung in keiner Kultur primär ein Vorgang aus Berufstätigkeit. Denn unsere Schulen können ihren besonderen Beitrag zur Erziehung unserer Kinder nur leisten, sofern auch in ihnen dieselben kulturellen Selbstverständlichkeiten gelten, in deren Anerkennung wir alle vor und außerhalb der Schule stets schon erzogen sind.»

[zur Inhaltsübersicht]
    Plädoyer für eine Erziehung mit Leichtigkeit und Humor
    Erziehung und Bildung sind – zumal in Deutschland – eine sehr ernste, manchmal eine zu ernste Angelegenheit, wie öffentliche und politische Debatten regelmäßig zeigen. Da ist es zumindest eines Gedankenspiels wert, Erziehung und Bildung einmal von der anderen Seite her zu betrachten, von der Seite des Humors.
    Der Mensch hat schließlich als einziges Lebewesen die Begabung zum Humor. Daher kommt wohl die Redewendung vom «tierischen Ernst». Für Rüdiger Vaas (2008) ist der Humor ein Ergebnis der Evolution, denn sie hat dem Menschen mit dem Humor einen Selektionsvorteil verschafft. Mit Humor, so Vaas, habe sich der Mensch besser an die natürliche oder soziale Umwelt anpassen und damit überleben und weiterentwickeln können.
    Die alten Römer führten die Begabung des Menschen zum Humor auf eine bestimmte Mischung der Körpersäfte zurück. Für den gebürtigen Griechen und später in Rom tätigen Arzt namens Galen (gestorben vermutlich um 200 nach Christus) waren die Körpersäfte für den Charakter eines Menschen ausschlaggebend. Dem Schleim war der schwerfällige Charakter des Phlegmatikers, der gelben Galle der aufbrausende Charakter des Cholerikers, der schwarzen Galle der Charakter des traurigen Melancholikers und dem Blut der Charakter des heiteren Sanguinikers zugeordnet. Welche individuelle Ausprägung ein Charakter dann hatte und ob ein Mensch schließlich mehr oder weniger Humor aufwies, hing von der Mischung der vier Körpersäfte ab. Als gesund wurde derjenige angesehen, bei dem die Körpersäfte in einem ausgeglichenen Verhältnis zueinander standen. Von daher der Begriff «Humor». Das lateinische «humor» heißt nämlich Feuchtigkeit oder Flüssigkeit. Bekannter dürfte Otto Julius Bierbaums (1865–1910) Sentenz sein: «Humor ist, wenn man trotzdem

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