Heliosphere 2265 - Band 4: Das Gesicht des Verrats (German Edition)
verweigern. Wer war der armen Frau denn noch geblieben?
Der Verteidigungsminister, tot. Der Innenminister, einer von Michalews Männern. Der Finanzminister, tot. Der Rat der Admiralität, nahezu ausgelöscht. Der Senat, zerbombt. Björn kicherte.
Zuerst hole ich mir das Schwert, dann schlage ich der Schlange den Kopf ab. Er pfiff vor sich hin, als er zu seinem Gleiter ging. Auf zum letzten Akt.
*
Svea Christensen schloss ihren Account und verstaute die Aktenmappe im Metallkoffer. Da sich das Datennetz als zu anfällig erwiesen hatte, waren zahlreiche Beamte und Minister dazu übergegangen, wieder auf altmodische Papierausdrucke zurückzugreifen.
Wenn das so weitergeht, wird die Papierindustrie aufblühen, dachte sie. Was man von den Netzprovidern nicht sagen kann. Jeder zweite Cloud-Speicher ist nicht mehr erreichbar. Als Nächstes müssen wir noch auf Smartphones zurückgreifen. Sie lachte bitter auf.
Sie stellte die Aktentasche neben den Schreibtisch und griff nach der Tasse mit dampfendem Schwarztee. Das Treffen mit der Präsidentin war erst in einer Stunde, sie hatte also noch etwas Zeit. Aufatmend lehnte sie sich in ihrem Konturensessel zurück und nippte an dem schwarzen Gebräu. Wenigstens für ein paar Minuten wollte sie alles andere ausblenden.
"Ihr Gleiter steht bereit", riss sie eine Stimme aus ihren Gedanken. Es war Michelle, ihre Adjutantin.
"Danke, gehen Sie ruhig schon vor, ich komme gleich nach."
Die junge Frau mit dem silbernen Haar nickte lächelnd. Seitdem sie im Ministerium für Öffentliche Information ihr Praktikum absolviert hatte, ging es für sie steil bergauf. Svea schätzte Michelles Kompetenz, wollte die Frau um nichts missen.
In den vergangenen Wochen hatte ihr Ministerium Newsmeldung um Newsmeldung lanciert. Vor diesem ganzen Chaos war es darum gegangen, Captain Cross als Held aufzubauen und die Parliden als böse übermächtige Feinde. Vorbereitungen für den Krieg gegen die Sternköpfe. Doch dann hatte der Admiral zugeschlagen und alle Pläne über den Haufen geworfen.
Seitdem gab es ein neues Primärziel: Juri Michalew musste von der Öffentlichkeit Terras als das absolute, gestaltgewordene Böse wahrgenommen werden. Svea versuchte gar nicht erst, die Menschen zu beruhigen, im Gegenteil. Sie schürte die Angst und die Panik, worauf die Leute nur noch eine Wahl hatten: Sie mussten der Präsidentin vertrauen, auf deren Macht setzen. Ione Kartess würde es schon richten, das Chaos in den Griff bekommen. Svea lachte auf. Oder auch nicht.
Ein Kom-Signal kündigte eine eingehende Nachricht an. Sie betätigte das Annahme-Icon, worauf das Gesicht eines bärtigen Mannes auf dem 3-D-Monitor erschien.
"Hallo Björn", begrüßte sie den Admiral.
"Svea." Er nickte ihr freundlich zu. "Ich befinde mich auf dem Weg zur Präsidentin."
"Ich verstehe."
"Du hingegen solltest dein Büro nicht verlassen."
Sie runzelte die Stirn. "Mein Gleiter steht bereit. Ich werde von Kartess erwartet."
"Wenn du möchtest, dass sich deine Überreste im Himmel von Paris verteilen, kannst du natürlich fliegen. Die Bombe dürfte etwa eine Minute nach dem Start detonieren. Mit schönen Grüßen von Michalew."
"Mich will er auch ausschalten? Ach herrje, da wird er sich aber wundern."
"Zweifellos. Lass deinen Gleiter trotzdem starten. Wir wollen ihn ja nicht aufschrecken. Dass du überlebt hast, wird er dann früh genug erfahren, aber es erkauft uns noch etwas Zeit."
"Björn, Björn, du alter Fuchs."
Der Admiral fletschte die Zähne. "Du hast die Meldungen vorbereitet?"
"Sobald ich meinen Code in die Konsole eingebe und die Datei ausführe, weiß jede Newsseite, jeder Nachrichtenfeed und jeder Phasenfunkkontakt - sollte das Netzwerk irgendwann wieder stehen - über die furchtbaren Ereignisse Bescheid."
"Ausgezeichnet. Ich melde mich, sobald mein Gespräch mit Ione Kartess vorbei ist. Halte dich bereit."
Der Bildschirm wurde schwarz. Svea lehnte sich erneut zurück und trank den letzten Schluck Tee. Sie stellte die Tasse ab, warf einen Blick auf das Chronometer, nahm die Tasse wieder auf. Mit einem Seufzen entschloss sie sich dazu, den Plan durchzuziehen. Nicht, dass sie zu diesem Zeitpunkt noch eine Wahl hatte.
Und dabei mochte ich Michelle.
Sie berührte die dünne Folie ihres Hand-Coms auf dem linken Handrücken. Augenblicke später erklang die Stimme ihrer Sekretärin aus den integrierten Lautsprechern.
"Was kann ich für Sie tun, Frau Minister?"
"Ich werde hier noch von einer
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