Heliosphere 2265 - Band 4: Das Gesicht des Verrats (German Edition)
fallen.
"Die Admiralität wird sich freuen, wenn wir nicht zurückkehren", sagte die L.I. bitter. "Gerade jetzt, wo die Parliden zu einem Problem werden. Da macht man monatelang alles, um die Technik am Laufen zu halten und soll sie dann selbst zerstören. Das ist übel."
Tess öffnete die Anzeige eines weiteren Datenknoten. "Das sieht wirklich alles völlig in Ordnung aus. Das gesamte Betriebssystem wirkt sauber."
Lorencia hielt inne und runzelte die Stirn. Gedankenverloren strich sie sich über das Kinn, während ihr Blick ins Nirgendwo gerichtet war. "Vielleicht schauen wir an der falschen Stelle."
"Was meinen Sie?"
"Akoskin ist ein Waffen- und Taktik-Geek, aber in der Manipulation von Systemen, im Hacken von Datenknoten war er nie besonders gut."
"Woher wollen Sie das wissen?"
"Sagen wir einfach, ich habe vor einiger Zeit seinen Hintergrund durchleuchtet. Das ist jetzt nicht wichtig.
Aber was würden Sie tun, wenn Sie einen Verräter auf einem Schiff einschleusen und dieser jederzeit Zugriff auf neuralgische Systeme benötigt? Und zwar auf recht einfache Weise."
"Ich würde ihm speziell dafür entwickelte Programme zur Verfügung stellen."
"Exakt. Aber auf welcher Plattform?"
"Direkt im Computer, möglichst gut versteckt." Tess ließ von der Konsole ab und konzentrierte sich nun ganz auf das Gespräch.
"Das wäre die naheliegendste Option, doch Sie können nicht einfach fremde Programme im Datenkern des Schiffes ablegen. Das Betriebssystem besitzt Sicherungsmechanismen, die Neuinstallationen überprüfen."
"Dann dürften es keine Fremdprogramme sein. Wenn mir die Möglichkeit offenstünde, würde ich ... keine Ahnung ... vielleicht die Sicherungsprogramme umschreiben?"
Lorencia lachte. "Ein komplexes Unterfangen, das jede Alarmleuchte auf dem Schiff aufleuchten lassen würde. Aber der Gedanke geht in die richtige Richtung. Ein einfacher Zugriff, über eingeschleuste Programme, die nicht als fremd erkannt werden. Diese müssen also von den Sicherungsprogrammen separiert installiert werden.
Der Schlüssel liegt im Computerkern, aber wo? Wir haben etwas übersehen - ganz eindeutig."
Sie berührte diverse Icons, worauf Daten und Skalen auf dem Display erschienen. Tess beherrschte zwar die Analyse von solchen Daten, doch das Wissen von Lorencia übertraf das ihre bei weitem.
"Wir wissen eben nicht, wann Akoskin zum ersten Mal Zugriff erlangt hat oder wer ihm half", sagte die L.I. "Aber wenn wir ... tatsächlich, hier." Sie deutete auf eine grafische Aufbereitung des Kerns. "Ein Kuckucksei. Jemand hat einen Teil des Computerkerns separiert und darin ein Subsystem etabliert. Ein zweites Betriebssystem, von dem aus Daten vom Hauptsystem abgefangen werden können. So etwas habe ich noch nie gesehen, das muss schon im Raumdock in den Kern integriert worden sein. Warum hat es keinen Alarm ausgelöst?"
Tess ließ ihren Blick über die Zeilen gleiten. "Wie kriegen wir das Subsystem aus dem Kern?"
"Gar nicht." Lorencia atmete schwer aus. "Sie stellen sich das zu einfach vor. Wir sprechen hier von einem kompletten Sub-System . Der gesamte Kern muss neu kompiliert werden. Das kann nur eine Werft leisten." Sie hob beide Hände von der Konsole. "An dieser Front kann ich nichts tun."
Tess besah sich den Code genauer. "Können wir wenigstens Zugriff darauf nehmen?"
Die L.I. nahm weitere Eingaben vor. Das Display veränderte sich. Eine Eingabemaske erschien, deren Text aus kryptischen Zeichen bestand. "Hier endet unser Weg. Diese Barriere kann ich nicht mehr durchdringen. Unsere einzige Möglichkeit wäre ein Brute-Force-Angriff, aber der wird in der uns zur Verfügung stehenden Zeit kein Ergebnis bringen. Und wie das System reagiert ist auch nicht vorauszusehen."
Die Worte der L.I. drangen kaum an Tess' Ohr, da ihr Blick wie gebannt auf die Eingabemaske gerichtet war. Sie kannte diese Zeichen. Ein Kloß bildete sich in ihrem Hals, während der Rest des Körpers sich wie paralysiert weigerte, Emotionen zu verarbeiten. Ihr Puls begann zu rasen, das Atmen fiel ihr schwer.
"Alles in Ordnung, Commander?"
"Ich kenne das Zeichen." Sie berührte den Monitor an einer bestimmten Stelle. "Ich habe es schon einmal gesehen."
"Ich verstehe nicht … Wo?"
Tess' Stimme zitterte, als sie erwiderte: "Damals, an der Akademie. Akoskin ist der falsche. Er ist nicht der Verräter. Wir müssen zur Kommandobrücke."
*
Sie musste sich immer wieder beherrschen, nicht haltlos zu kichern. Da standen sie alle, starrten
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