Heliosphere 2265 - Band 6: Die Bürde des Captains (Science Fiction)

jederzeit abgekoppelt werden.”
    Bei diesen Worten verzog die Ortungsoffizierin abschätzig die Mundwinkel. Nachdem sie beim ersten Einsatz der HYPERION an Bord der PROTECTOR hatte kämpfen müssen, war es ihr gelungen, mehrere Shuttles mit Torpedos befüllt als Minen einzusetzen. Die Techniker der Waffenentwicklungsabteilung hatten sich auf dieser Grundlage etwas völlig Neues ausgedacht: Kensington-Gondeln waren mobile Raketenforts, die eine eigene Feuerleit-K.I. in sich bargen. Seit der Anpassung der HYPERION waren sie außen an den Interlink-Kreuzer angebracht. Im Gefecht konnten sie abgekoppelt und mit leichten Traktorstrahlen in eine bestimmte Richtung ausgerichtet werden. Damit ließ sich die Anzahl an eingesetzten Raketen für kurze Zeit deutlich erhöhen. Aufgrund des begrenzten Raumes verschossen die Gondeln Torpedos mit kompakteren Sprengköpfen, deren Explosivkraft auch deutlich eingeschränkt war. Doch sie erhöhten die Masse und überfluteten damit feindliche Abwehrsysteme.
    “Ich habe beim Einflug in das System Sensorplattformen und Kiesel ausgeschleust”, meldete Lieutenant Commander Kensington. “Schließlich wollen wir nicht überrascht werden.”
    Jaydens Blick heftete sich auf das Chronometer, das den Countdown bis zur Unterschreitung des Mindestabstands für die Torpedoschussweite anzeigte.
    Als die Zahl auf 05:36 Minuten gesunken war, kam es an Bord des Dreadnoughts zu multiplen Explosionen.
    Kommt schon, haltet durch!, betete Jayden lautlos. In solchen Situationen wurde ihm die Größe des Weltalls, die Langsamkeit von Raumschiffen, und ebenso deren Verwundbarkeit, schmerzlich bewusst.
    “Der Dreadnought - laut Signatur handelt es sich um die Ijus - stellt das Feuer ein”, meldete Kensington. “Die Hülle ist an mehreren Stellen perforiert.”
    Damit stand nur noch die HYPERION zwischen den Parlidenkreuzern und dem letzten verbliebenen Schiff der Navy. Ein kurzer, aber heftiger Kampf stand ihnen bevor.
    Endlich erreichte das Chronometer die Null.
    “Commander Akoskin, ich übergebe die Gefechtskontrolle an Sie, Feuer nach eigenem Ermessen!”
    Der Lieutenant Commander koppelte die Kensington-Gondeln ab. Ein Schwarm Torpedos löste sich von Schiff und Gondeln. Die HYPERION besaß auf beiden Seiten fünf Bug- und fünf Heck-Torpedowerfer. Pro Minute konnten damit sechzig Geschosse in eine Richtung gefeuert werden. Schossen alle zehn Werfer einer Ausrichtung parallel, waren dies 600 Sprengköpfe pro Minute. Eine immense Kampfkraft. Hinzu kamen nun die beiden Kensington-Gondeln, die pro Abschussrotation des Magazins zwanzig weitere Torpedos verschossen. Da für eine Rotation zwölf Sekunden benötigt wurden, machte das hundert Raketen in der Minute aus einer Gondel.
    Auf die erste Salve aus achthundert Torpedos antwortete das Parlidenschiff mit fünfhundert Gegenraketen, die keine Chance hatten. Als sich die beiden Schwärme aus Lichtpunkten im Taktikdisplay trafen, verringerte sich deren Zahl schlagartig. Insgesamt zweihundertvierzehn Sprengköpfe aus den Magazinen der Space Navy kamen durch. Die Nahbereichsabwehr der Parliden hielt weitere siebzig davon auf, doch die übrigen detonierten innerhalb der Schutzschilde, wodurch Gammastrahlen und Lasercluster ihr gesamtes Zerstörungspotenzial entluden und den Leichten Kreuzer in eine Trümmerwolke verwandelten.
    Ein Teil der gegnerischen Geschosse wurde von der Nahbereichsabwehr erfasst, raste gegen Täuschkörper oder Signatur-Projektionen. Ein weiterer Teil fiel EMP-Wellen zum Opfer, gerichtete Mikrowellenstrahlung, die jede Funktion der Torpedos deaktivierte.
    Etwa sieben überwanden trotz der modernen Verteidigungssysteme und der ausgezeichneten Arbeit von Akoskin und Lieutenant Dyck, die manuell über die Sensorhilfe nach Täuschkörper suchten und sie für die Raketen entsprechend markierten, alle Hindernisse. Sie schlugen in die neue, verstärkte Hüllenpanzerung der HYPERION ein. Sofort leuchteten auf Jaydens Display mehrere Warnleuchten auf, die jedoch alle nur Sekundärsysteme betrafen. Der Schaden war leicht mit Bordmitteln zu beheben.
    Die HYPERION bremste weiter ab und erreichte schließlich die schwer angeschlagene Ijus, bei fast vollständigem Stillstand.
    “Wie ist der Status der …”
    “Der zweite Parlidenkreuzer fährt seine Systeme hoch!”, rief Lieutenant Commander Kensington mit überschlagender Stimme. “Er hat sich nur tot gestellt, um in unseren Rücken zu gelangen. Er ist schwer beschädigt, doch die