Heliosphere 2265 - Band 9: Entscheidung bei NOVA (Science Fiction) (German Edition)
Sie auch die Geschichte von Giulia Lorencia, wie ich annehme?"
Noriko neigte den Kopf zur Seite. "Teilweise."
"Sehen Sie, die L.I. hatte zeit ihres Lebens mit ein paar schweren Problemen zu kämpfen. Abgesehen von den Schwierigkeiten im Elternhaus, war sie im Verlauf ihrer Schulzeit starken Mobbingattacken ausgesetzt. Das führte so weit, dass sie primär zu Hause lernte; per Holoschulung."
"Ich weiß."
"Die Folgen waren eine starke Entfremdung von ihrem sozialen Umfeld. Sie baute sich ihr Leben im Galaktischen Netz auf, erschuf eine zweite Heimat. Nicht umsonst wurde sie zu einer der besten Hackerinnen in der Solaren Union. Doch die Folgen waren gravierend: Sie isolierte sich dadurch, besaß kaum reale Kontakte, war alleine."
"Wenn die Welt mich nicht will, will ich auch nicht die Welt."
"Exakt. Sie wissen außerdem, welche Folgen ihre Hackertätigkeit auf der Akademie mit sich brachte. Sie wäre beinahe rausgeflogen."
"Womit der ganze Ärger losging. Sie geriet in Sjöbergs Blickfeld."
"Und dann, Jahre später, trifft Giulia Lorencia auf Sie, Commander. Stellen Sie sich die Situation nur vor. Jahrelang war diese Frau ein einsames Mädchen, später eine einsame junge Frau. Sie war ein Opfer der Umstände und lernte zu kämpfen und zu überleben. Doch im Verlauf dieses Kampfes kam eine unschuldige Person zu schaden."
"Ich."
Tauser nickte. "Die Schuldgefühle müssen immens gewesen sein."
"Natürlich. Sie selbst war jahrelang das Opfer von übermächtigen Gegnern. Und nun erfuhr sie, dass ich zum Kollateralschaden ihrer Entdeckung wurde. Sie war plötzlich Täter. Sie wollte es wieder gut machen und mir helfen."
"Und das hat sie getan."
"Mit dem Torpedo", hauchte Noriko. "Beim Oni, Giulia. Wie soll ich ihr das vergeben, Doktor? Sie hat mich belogen und einem anderen das Leben ruiniert. Warum ging sie nicht zu Cross oder meldete Walker bei der Navy."
"Der Lieutenant war ein Mann Sjöbergs oder Michalews - so ganz blicke ich da noch nicht durch. Lorencia hat am eigenen Leib erlebt, wie Menschen im Netz von politischen Klüngeleien geopfert wurden. Sie hatte kein Vertrauen mehr in 'die da oben'. Das Kommando auf der HYPERION sah sie für viele Offiziere auch eher als Schleudersitz an."
"Postengeschachere und Versetzungen inklusive." Noriko hatte trotz ihrer negativen Erfahrung mit der Admiralität den Einsatz auf der HYPERION sogar euphorisch angetreten. Eine neue Chance. Womöglich war Giulia die realistischere von ihnen beiden.
"Sie sollten wissen, dass Commander Lorencia seit der Torpedo-Sache schwer mit sich kämpft."
"Sie war hier?"
"Mehr kann und will ich dazu nicht sagen. Es liegt an Ihnen, eine Entscheidung zu treffen, wie Sie mit der L.I. umgehen. Was ihre emotionale Entkopplung angeht, glaube ich, dass es sich um eine leichte Depression handelt. Einstweilen werde ich Ihnen aber keine Medikamente verschreiben, möchte Sie aber jeden zweiten Tag hier sehen."
"Doktor, das ist wirklich ..."
"Doch, ist es. Und das war auch keine Bitte, sondern ein Befehl. Sie müssen sich keine Sorgen machen. Alles, was wir besprechen ist streng vertraulich. Solange die Sicherheit des Schiffes nicht gefährdet ist. Und in Ihrem Fall sehe ich das nicht."
"Wie beruhigend."
"Larik an Ishida", erklang die Stimme des Kommunikationsoffiziers aus dem Interkom.
"Was gibt es, Lieutenant?"
"Wir benötigen Sie umgehend auf der Kommandobrücke, Ma'am. Unsere Sensoren haben etwas entdeckt."
Noriko sprang auf. "Bis bald, Doktor." Das Schott schloss sich hinter ihr.
*
"Haben sie uns gefunden?", fragte Noriko, als sie die Kommandobrücke betrat.
"Keine Schiffssignaturen, Ma'am", sagte Nurakow von der Ortungskonsole. Der Stellvertreter von Tess Kensington berührte ein Icon, worauf ein blinkendes Symbol in der Holosphäre erschien. "Eines der Patrouillenschiffe hat jedoch eine Signatur am Rand des Systems entdeckt. Ich habe dem Captain befohlen, einfach weiterzufliegen, ohne Maßnahmen zu ergreifen. Die metallurgische Zusammensetzung und die Energiesignatur deuten auf einen Phasendetektor hin."
"Ich habe bereits diverse Fluchtvektoren berechnet, die unsere Flotte jederzeit zum besprochenen Ausweichpunkt in Sicherheit bringen kann", sagte Lieutenant Peter Task. Seine Finger flogen wie immer über die Oberfläche der Navigationskonsole. "Das Problem ist meiner Meinung nach jedoch kein potenzieller Angriff auf uns ."
"Wenn die Detektoren den Abflug unserer Flotte entdecken konnten, wissen die exakt, wann Pendergast
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