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Helix

Helix

Titel: Helix Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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»Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit einer Katastrophe, wenn wir es damit versuchen?«
    Lady Murasaki trat vor. »Beide Übergänge – in den Hawkingraum und wieder heraus – werden viel zu nahe an der Roche-Grenze des Doppelsternsystems stattfinden. Wir schätzen die Wahrscheinlichkeit einer völligen Zerstörung der Helix auf zwei Prozent, die eines Schadens an irgendeinem Teil der Schiffssysteme und die Wahrscheinlichkeit von Schäden an den Kapseln mit den Lebenserhaltungssystemen auf sechs Prozent.«
    Dem Lia sah die Ousters und die Tempelritterin an. »Eine sechsprozentige Chance, Hunderte oder Tausende unserer im Tiefschlaf liegenden Verwandten und Freunde zu verlieren. Wir haben geschworen, sie zu beschützen, bis wir unser Ziel erreichen. Eine zweiprozentige Chance, dass unsere ganze Kultur bei dem Versuch zugrunde geht.«
    Far Rider nickte traurig. »Ich weiß nicht, welche Wunder Ihre aeneanischen Freunde Ihnen als Ausrüstung geschenkt haben«, sendete er, »aber meiner Ansicht nach sind diese Zahlen untertrieben. Es ist unmöglich, in so einem Doppelsternsystem den Hawkingantrieb für einen Sprung zu benutzen.«
    Das Schweigen dehnte sich. Schließlich ergriff Dem Lia wieder das Wort. »Wir könnten die Erntemaschine zerstören, ohne zu wissen, ob es im System des Roten Riesen Leben gibt – vielleicht sogar ein ganzes Volk, das von ihr abhängig ist, so unwahrscheinlich diese Möglichkeit auch sein mag. Wir können es nicht tun. Unsere moralischen Grundsätze verbieten es.«
    Reta Kasteens Stimme war sehr leise. »Wir verstehen.«
    Dem Lia fuhr fort. »Wir könnten mit konventionellem Antrieb fliegen und das System erforschen. Das bedeutet, dass Sie ein letztes Mal das Wüten des Zerstörers hinnehmen müssten. Aber wenn es im System des Roten Riesen kein Leben gibt, werden wir die Maschine zerstören, wenn wir mit dem Fusionsantrieb zurückkehren.«
    »Ein schwacher Trost für die Tausende oder Millionen, die beim letzten Besuch des Zerstörers ihr Heim verlieren werden«, meinte der Zweigmeister Keel Redt.
    »Überhaupt kein Trost«, stimmte Dem Lia zu.
    Far Rider erhob sich zu seiner vollen Größe von vier Metern. Er schwebte in der niedrigen Schwerkraft von nur einem zehntel G einen Augenblick in der Luft. »Das ist nicht Ihr Problem«, sendete er. »Es gibt keinen Grund, das Leben auch nur eines Angehörigen Ihres Volks aufs Spiel zu setzen. Wir danken Ihnen, dass Sie wenigstens in Betracht gezogen haben …«
    Dem Lia hob eine Hand und unterbrach ihn mitten im Satz. »Wir werden jetzt abstimmen. Wir stimmen ab, ob wir mit dem Hawkingantrieb zum Roten Riesen springen und zurückkehren, bevor der Zerstörer sein Zerstörungswerk beginnt. Wenn es da drüben intelligentes Leben gibt, können wir möglicherweise in den zwei Tagen, die uns bleiben, Kontakt aufnehmen. Vielleicht können sie ihre Maschine umprogrammieren. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Erntemaschine schon beim ersten Besuch kurz nach Ihrer Landung rein zufällig Ihr Saatschiff ›gefressen‹ hat, ist unendlich gering. Die Tatsache, dass die Maschine immer wieder Gegenden heimsucht, die Sie kolonisiert haben – auf einem Baumring mit der Oberfläche, die einer halben Million Welten vom Typ Hyperions entspricht –, lässt vermuten, dass die Maschine genau dafür programmiert ist, als müsse sie anormales Wachstum oder Befall von Ungeziefer beseitigen.«
    Die drei Diplomaten nickten.
    »Wenn wir abstimmen«, sagte Dem Lia, »muss die Entscheidung einstimmig fallen. Eine einzige Gegenstimme bedeutet, dass wir den Hawkingantrieb nicht benutzen werden.«
    Saigyō hatte im Schneidersitz auf dem Tisch gesessen. Jetzt gesellte er sich zu den anderen vier KIs, die in der Nähe standen. »Nur fürs Protokoll«, sagte der dicke, kleine Mönch, »die KIs sind mit fünf zu eins gegen den Versuch, den Hawkingantrieb zu benutzen.«
    Dem Lia nickte. »Ich nehme es zur Kenntnis«, sagte sie. »Ebenfalls fürs Protokoll: Bei dieser Entscheidung werden die Stimmen der KIs nicht gezählt. Nur die Menschen von der Amoiete Spectrum Helix oder ihre Vertreter können über ihr eigenes Schicksal entscheiden.« Sie wandte sich wieder an die anderen neun Menschen. »Wollen wir den Hawkingantrieb benutzen oder nicht? Ja oder nein? Wir zehn sind den Tausenden anderen für die Konsequenzen verantwortlich. Ces Ambre?«
    »Ja.« Die Frau im blauen Kleid wirkte gefasst, ihre verblüffend klaren und sanften Augen blickten ruhig.
    »Jon Mikail Dem Alem?«
    »Ja«,

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