Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hellas Channel

Hellas Channel

Titel: Hellas Channel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petros Markaris
Vom Netzwerk:
Hinter mir dringen die Männer des Stoßtrupps ein und schließen die Tür. Wir befinden uns in einem kleinen, quadratischen Flur, direkt gegenüber einer geschlossenen Schiebetür mit einer Milchglasscheibe.
    »Mit welchem Recht dringen Sie in meine Wohnung ein? Ich fordere eine Erklärung!« Der Ton ihrer Stimme hat zwar an schneidender Strenge gewonnen, doch sie hat sich weiterhin in der Gewalt.
    Wieder entgegne ich ihr nichts. Ich öffne die Schiebetür und stoße auf zwei aufeinanderfolgende Zimmer. Das erste ist zur einen Hälfte ein Wohnzimmer, zur anderen eine Kinderstube. Mir gegenüber stehen in beiden Ecken zwei bequeme Sessel mit einem Tischchen dazwischen. Der Fußboden ist mit einem kirschroten Teppichboden ausgelegt. Darauf tummeln sich vier Kleinkinder, ein Junge und drei Mädchen. Sie scheinen ungefähr gleich alt zu sein, zwischen zwei und drei Jahren, und sie sind ärmlich, aber sauber gekleidet. Es liegen Puppen, Spielzeugautos, Würfel herum, alles aus billigem Plastik. Wahrscheinlich Ausschußware oder auf einem Wochenmarkt zusammengeraffte Einzelstücke.
    Ich setze mich im Schneidersitz zu einem der kleinen Mädchen, das mit einer Puppe spielt, und frage: »Wie heißt du?« Das Mädchen zeigt mir statt einer Antwort seine Puppe. »Gefällt dir deine Puppe?« Das Mädchen nickt diesmal anstelle einer Antwort. Der Junge reißt ihr die Puppe aus der Hand. Das Mädchen beginnt zu heulen. Sie fangen an in einer Sprache zu streiten, die ich zwar nicht verstehe, aber für albanisch halte.
    »Sagen Sie mir endlich, was das alles zu bedeuten hat?« Meine wortkarge Gleichgültigkeit treibt sie auf die Palme, und sie schlägt nun einen heftigeren Tonfall an. Ich lasse mich dadurch aber nicht aus der Ruhe bringen. Ich schenke ihr nach wie vor keine Beachtung.
    In der Mitte des anderen Zimmers befindet sich ein großer Laufstall. Darin krabbeln zwei ganz kleine Kinder, während sich ein drittes an den Stäben des Geländers aufrecht hält. Ich werfe einen Blick auf die Szenerie und kehre in den Flur zurück. Die hinter mir her laufende Frau ist mittlerweile der festen Überzeugung, daß sie von mir keine Antwort erhält, und wendet sich nun an die Männer der Sondereinheit.
    »Wer ist denn der Herr? Können Sie mir das bitte schön sagen?« Der Stoßtrupp stellt sich taub.
    »Dann bleibt mir nur übrig, bei der Polizei anzurufen, um herauszufinden, wer Sie sind und wer Ihnen den Befehl erteilt hat, meine Wohnung zu stürmen!« meint sie, um mich einzuschüchtern, doch sie führt ihre Drohung nicht aus.
    Vom Flur geht rechter Hand ein Korridor ab. An der rechten Wand des Korridors befindet sich der Eingang zur Küche und daneben eine kleine Tür, die vermutlich ins Bad führt. Ich werfe einen Blick in die Küche. Eine etwa zwanzigjährige junge Frau sitzt mit aufgestützten Armen am Küchentisch. Sie blickt mich an, schlotternd vor Angst. Gegenüber liegt das dritte Zimmer der Wohnung. Als ich durch die offene Tür hineinblicke, sehe ich zwei Kindertragetaschen. Sowie ich eintrete, finde ich drei weitere, also fünf insgesamt, in denen Säuglinge im Alter zwischen sechs und neun Monaten schlafen. Kinder jeden Alters für jeden Geschmack und Geldbeutel.
    Die Frau hat keine Lust mehr, mir hinterherzulaufen, und ist wartend im Flur zurückgeblieben. Ich drehe mich um und gehe auf sie zu. »Wie heißen Sie?« frage ich sie unvermittelt mit dem Gesichtsausdruck eines bärbeißigen Polypen.
    »Eleni Dourou.«
    »Demnach betreiben Sie neben einer Vermittlungsagentur für Nierentransplantationen auch noch eine Kindertagesstätte, Frau Dourou.«
    Sie stutzt, doch sie hat Nerven wie Drahtseile. »Ich bin diplomierte Erzieherin, und mein Kindergarten ist vom zuständigen Sozialamt konzessioniert.«
    »Und was für Kinder betreuen Sie?«
    »Jedes Kind, dessen Eltern den entsprechenden Betrag entrichten können. Ich mache da keinen Unterschied.«
    »Ich möchte eine Liste der von Ihnen betreuten Kinder mitsamt ihren Eltern. Mit vollständigen Angaben. Vor- und Zuname, Adresse und Telefonnummer.«
    »Wozu brauchen Sie denn das?«
    »Das ist meine Sache. Ich stelle hier die Fragen. Schaffen Sie die Liste her.«
    Zum ersten Mal verliert sie ihre Schlagfertigkeit und gerät ins Stocken. »Ich kann Ihnen diese Liste geben, doch die Eltern befinden sich im Ausland.«
    »Alle?«
    »Alle.«
    »Wo im Ausland?«
    Sie ringt fieberhaft nach einer überzeugenden Antwort. »Ich weiß nicht genau. Sie fahren eine Zeitlang weg …

Weitere Kostenlose Bücher