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Hellas Channel

Hellas Channel

Titel: Hellas Channel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petros Markaris
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zusätzlichen Verhör vorlud, erschraken sie und beseitigten ihn, um auszuschließen, daß doch irgend etwas durchsickern würde.
    In meiner Zerstreutheit verpasse ich die Abzweigung in die Chrysostomou Smyrnis-Straße. Gezwungenermaßen nehme ich wieder die Ralli-Straße und fahre ein Stück auf der Theben-Straße zurück.
    Der diensthabende Arzt, der gestern den Albaner versorgte, hat das Krankenhaus bereits verlassen. Doch ich treffe auf eine entgegenkommende und hilfsbereite Oberschwester. Sie führt mich persönlich in den Lagerraum. Die Kleidung des Albaners steckt in einem großen Müllsack. Ich ziehe sie heraus und durchsuche jedes Kleidungsstück. Er trug dieselbe Sportjacke wie damals, als er unsere Abteilung verließ, doch seine Jeans sind nagelneu. Kein Geldschein weit und breit.
    »Hatte er denn gar kein Geld bei sich?« frage ich die Oberschwester, die aus Bereitwilligkeit in meiner Nähe geblieben war.
    »Wenn er tatsächlich etwas bei sich hatte, dann müßte es in der Buchhaltungsabteilung sein.«
    Der Leiter der Buchhaltungsabteilung will gerade aufbrechen und hält mit seinem Ärger über den verzögerten Feierabend nicht hinter dem Berg. Er öffnet den Geldschrank und überreicht mir eine Brieftasche. Sie ist aus billigem Plastik und trägt einen goldenen Stempel mit dem Motiv der Akropolis obenauf. Solche Modelle findet man allenthalben an den Zeitungskiosken rund um den Omonia-Platz. Sie ist prall gefüllt und platzt beinahe aus allen Nähten. Ich klappe sie auf und ziehe ein Bündel Fünf tausender und drei einzelne Tausend-Drachmen-Scheine heraus. Ich zähle die Fünftausender. Es sind fünfundzwanzig. Der Ganove schleppte einhundertachtundzwanzigtausend Drachmen mit sich herum. Plus die Summe, die er für seine neue Garderobe ausgegeben hatte. Er mußte um die Zweihunderttausend in seinem Besitz gehabt haben. Des weiteren trug er für mich unverständliche Schriftstücke in albanischer Sprache bei sich, die einen amtlichen Charakter aufweisen. Zuletzt öffne ich den Druckknopf des Brieftaschenfaches für das Kleingeld. Ich finde zwar keine Münzen vor, jedoch ein vielfach zusammengefaltetes Zettelchen, das ich glattstreiche. Jemand hat etwas darauf notiert, in lateinischer Schrift und in Großbuchstaben:
    KUMANUDI 34 GIZI
     
    Ich blicke gespannt auf den Notizzettel. Ich stopfe ihn in meine Jackentasche und verlasse das Krankenhaus.

35
    M ein Magen hat sich wieder eingerenkt, doch der Kaffee und das Croissant verursachen mir Übelkeit. Gestern brachte ich den ganzen Abend bis spät in die Nacht in der Küche zu. Weder Wörterbücher noch Abendnachrichten um halb neun standen auf dem Programm. Adriani kochte vor, damit ich während ihrer Abwesenheit nicht vom Fleisch falle, und ich leistete ihr Gesellschaft. Dieser Tage sind wir fraglos ein Herz und eine Seele. Geröstetes Ferkelchen, grüne Bohnen in Olivenöl, gebratene Hackfleischbällchen, alles Speisen, die auch kalt gegessen werden können, damit ich sie nicht aufwärmen muß. Ich schaute auf den Aufwand, den sie trieb, und weinte meinem Geld nach. Denn, sobald sie außer Haus ist, falle ich gierig über die nächstbeste Souflaki-Bude her. Adriani verbietet mir, die Fleischspießchen zu essen, weil sie ihrer Meinung nach aus verdorbenem Fleisch und reinem Fettgewebe bestehen, was den Cholesterinspiegel in die Höhe treibe. Scheiß drauf, genau so munden sie mir aber. Wenn’s hochkommt, esse ich insgesamt vielleicht zweimal von all den Speisen, die sie vorbereitet hat. Einen Tag vor ihrer Rückkehr werde ich alles in den Müll werfen, damit sie im Kühlschrank nichts mehr vorfindet und mir mit ihren Vorwürfen nicht in den Ohren liegt. »Was hast du bezüglich der Namenliste der Reisepassagiere erreicht, die dir Sotiris gegeben hatte?« frage ich Thanassis, der mich so ansieht wie jeden Morgen.
    Er hebt die Arme hilflos in die Höhe. »Unmöglich, irgend etwas bei der Flughafenbehörde herauszubekommen. Sie fragen mich, ob es Linien- oder Charterflüge waren, was ich ihnen nicht sagen kann. Sie fragen mich nach den Fluggesellschaften und den Flugnummern, was ich ihnen auch nicht sagen kann. Das einzige, was ich weiß, ist, daß sie über Prespes Travel gereist sind, doch das reicht nicht aus. Sie verweisen mich auf die Fluggesellschaften, die auf diesen Routen fliegen. Doch auch die können mir nicht helfen, wenn ich ihnen nicht mehr Anhaltspunkte liefern kann. Die einzige Möglichkeit besteht darin, direkt bei Prespes Travel

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